HighlightNewsVideogame-ReviewVideogames

Review: Saints Row (Reboot)

Auch wenn es es mir scheint, als hätte ich Teil 1 der Saints Row Reihe erst kürzlich gespielt, hat die Franchise schon einige Jahre auf dem Buckel, seit 2006 erschienen insgesamt fünf Spiele und ein Spin-Off, vornehmlich für PS3 sowie Xbox 360. Nach einigen Jahren Pause gab man 2019 bekannt, dass Entwickler Volition nun an einem neuen Teil arbeite, 2021 wurde dann bei der Gamescom ein kompletter Reboot der Serie angekündigt. Dieser löste gemischte Reaktionen aus, viele bemängelten, dass man sich zu sehr vom ursprünglichen Spiel entferne. Ob der Neustart nun gelungen ist oder die Kritiker recht bekommen, haben wir uns für Euch gründlich angesehen.

Nicht ganz ohne Zweifel

Um eines gleich mal zu klären, als großer Fan der alten Serie, ich habe Teil 1-3 sehr ausgiebig gespielt, Teil 4 dann weniger, gehörte ich zu jenen Skeptikern nach Ankündigung des Reboots. Zu hipp, zu schrill erschien mir der neue Look, wobei ich diesen für mich oftmals sehr übertriebenen Style gerne Tik-Tok-Game nenne, ich bin scheinbar einfach zu alt. Insofern ging ich nicht ganz wertfrei an dieses Review ran, was sich einerseits in einigen Punkten relativieren sollte, andererseits lag ich nicht ganz falsch.

Ob das was wird mit dem Hauptquartier?

Aller Anfang ist holprig

Das Spiel startet erstmal damit, dass Ihr als Sicherheitsfachkraft der Firma Marshall, der eigentlichen Polizei, auf einen Einsatz in Santa Ileso geschickt werdet, einer Stadt die ziemlich eindeutig an Las Vegas angelehnt ist. Dieser endet klarerweise in einer irren Schießerei mit dutzenden Gegnern, wagemutigen Actioneinlagen und einem komplett übertriebenen Ritt auf einem Düsenjet, Saints Row pur.

Da fiel leider recht schnell auf, dass die Steuerung etwas schwammig, die Kamera viel zu nah an unserem Charakter und das Waffenfeedback eher mangelhaft ist. Ebenso sind die Gegner*innen wahre Bulletsponges, vertragen also je nach Panzerung schon mal einige Magazine. Feuergefechte wie in GTA V oder selbst in den alten Saints Row Teilen fühlten sich da wesentlich spaßiger an, vor allem weil diese im Reboot teilweise ganz schön lang dauern. Erste Bugs und Glitches bei Nahkämpfen trübten das Bild ebenso, was aber scheinbar an der frühen Version lag und später nicht mehr oder weniger vorkommen sollte. Der erste Eindruck war somit nicht der Beste.

Wer hoch hinaus will, muss viel kämpfen.

Nach diesem ersten Einsatz lernten wir unsere drei WG-Mitbewohner kennen, die bereits in diversen Trailern vorgestellt wurden. Neenah, hart aber herzlich mit Kontakten zu den Los Panteros, Eli der liebevolle Nerd der Trupp und Kevin, der viel und gerne über’s Kochen und Backen redet, dabei aber gut gebaut ist und stets oben ohne unterwegs ist. Nette Charaktere, eine richtige Bindung wollte aber nie aufkommen. Man merkt in ersten Dialogen recht schnell, dass irgendwie alle nicht so recht mit der aktuelle Situation zufrieden sind, kein Geld, schäbige Wohnung, alles kacke. Deshalb wirft man sich ohne große Umschweife in den ersten gemeinsamen Ãœberfall, besorgt ein Fluchtauto, zieht das Ding durch, flüchtet, das Ãœbliche eben. Aber irgendwie hat das so alles keine Zukunft, zu oft kracht man mit Gangs wie den besagten Los Panteros oder den Idols zusammen, weshalb man nach einiger Zeit beschließt eine eigene Verbrecherorganisation zu gründen.

Alles bereits bekannt

Die folgenden Missionen drehen sich dann wie auch schon in den Vorgängern um das Beschaffen eines Hauptquartiers, einer Crew und deren Verbesserung sowie eigener Geschäfte, die klarerweise als Tarnung für unsere kriminellen Geschäfte dienen, wobei im nebenbei auch die eigentliche Story erzählt wird. Die Missionen laufen dabei üblicherweise so ab, dass man irgendwo hinfährt, eventuell ein spezielles Fahrzeug stiehlt, alle Gegner besiegt und wieder flieht. Bei den eigenen Geschäften starten wir mit einer Versicherungsagentur, Food Trucks, einer Mülldeponie, unserer eigenen LARP-Burg und vielem mehr, wobei die Erledigung der dort angebotenen Aufträge nicht nur Geld und Erfahrungspunkte, sondern vor allem einen Anstieg unseres laufenden Einkommens bringt. Spätestens zu dem Zeitpunkt stand fest, dass es sich bei Saints Row zwar um ein Reboot handelt, was die Charaktere sowie die Location betrifft, beim Gameplay und den Mechaniken das meiste relativ gleich geblieben ist, wobei einiges wie oben beschrieben noch nicht ganz rund läuft.

Kämpfen mit Einschränkungen

Bräuchten die Gegner teilweise nicht gar so viel Schaden um besiegt zu werden, wäre das Kampf-Gameplay gar nicht so unlustig. Das wird im Laufe des Spiels mit verbesserten Waffen zwar etwas besser, aber das dauert ein wenig. Obwohl es keine Deckungsmechaniken gibt, ist unser Charakter recht beweglich, verfügt über eine Ausweichrolle und erhält im Laufe des Spiels dank Erfahrungssystem neue Fertigkeiten sowie Vorteile. Bei den Fähigkeiten könnt Ihr entweder Granaten werfen, mehr Lebensenergie erhalten, Rauchbomben werfen und noch vieles mehr. Die Vorteile lassen euch etwa besser aus der Hüfte schießen oder schneller in der Hocke bewegen, wobei diese Vorteile für mich kaum bis gar nicht spürbar waren. Mal am Rande, in der Anfangskonfiguration kann man durch Druck auf „Steuerkreuz unten“ in die Hocke gehen, was einerseits ungewohnt, andererseits nicht so wild ist, da man die Steuerung frei konfigurieren kann. Waffentechnisch wird alles geboten, was man sich erwartet, von der Pistole, über die Schrotflinte bis zum Sturmgewehr ist alles in verschiedenen Varianten vorhanden und kann auch bearbeitet und verbessert werden. Saints Row typisch sind auch abgedrehte Waffen wie Energiegewehre oder kuriose Nahkampfwaffen wie Langschwerter am Start. Einen Dildo zum kämpfen hab ich bisher nicht entdeckt.

Bei den Storymissionen werden neben der Entwicklung unserer Gang auch noch kleine Nebengeschichten unserer Freunde erzählt, so gilt es etwa den Verlust von Neenahs geliebtem Auto zu rächen, Eli das Schießen beizubringen oder Kevin zu seinem eigenen Lokal zu verhelfen, nette kleine Questreihen, die sich aber alle genre-üblich sehr ähnlich spielen.

Fad wird einem da nicht.

Keine Zeit sich zurückzulehnen

Und hat man einmal keine Lust diesen oft recht witzigen und schrägen Missionen nachzugehen, ist die Karte randvoll mit Dingen die man entdecken und machen kann. So kann in Müllcontainern nach Geld gesucht und Drogenpakete gefunden werden, es gilt Sehenswürdigkeiten zu fotografieren, per Wetterstation kann man sich in die Luft befördern lassen und so die Gegend per Wingsuit erkunden. An manchen Orten kann man sogar Interessantes zur Geschichte von Santa Ileso erfahren, in dem man den Bereich nach Hinweisen absucht.

Auch Versicherungsbetrug will gelernt sein.

Wie schon erwähnt, kann auch das laufende Einkommen der Saints gesteigert werden, in dem man Aufgaben seiner Geschäfte erfüllt. Dabei kann wieder die Versicherung betrogen werden, indem man Unfälle provoziert, Food Trucks anderer Unternehmer wollen gestohlen werden, Giftmüll wird auf der eigenen Deponie entsorgt und vieles mehr. Das bringt nicht nur Geld und Erfahrung, sondern schaltet auch diverse Belohnungen wie seltene Autos frei, wobei die kurzweiligen Aufgaben durchaus Spaß machen.

Und hat man noch immer nicht genug, kann man sich noch ein wenig Geld in Nebeneinkünften verdienen. Ob als Beifahrer der wild um sich ballert, als Pilot der per Helikopter Geldtransporter klaut oder als Kurier zwielichtiger Postsendungen, es gibt immer genug zu tun.

Ein bisschen durch die Stadt wingsuiten.

Nicht nur die inneren Werte zählen

Eines der Kernelemente der Reihe war immer das Bearbeiten und Einkleiden des eigenen Charakters sowie der Gefährten und Crewmitglieder. Hier sind die Möglichkeiten auch jetzt wieder mehr als umfangreich. Ob nun die unendlichen Einstellungsmöglichkeiten im Charaktereditor oder die zig Shops, in denen man sich von Kopf bis Fuss einkleiden kann, man hat wirklich die Qual der Wahl. Ebenso ist es natürlich möglich, sich komplett tätowieren zu lassen.

Da findet jeder was schönes anzuziehen.

Ebenso können die gestohlenen bzw. geliehenen Autos komplett neu gestaltet werden, von den Reifen, über die Karosserie, bis zu den Farben, es gibt nichts, was nicht verändert werden kann. Das kostet zwar einiges an Geld, wobei die Ergebnisse für sich sprechen. Neben der Optik können die Autos aber auch leistungstechnisch verbessert werden, Offroad-Kits sorgen für eine bessere Steuerung abseits der Straßen, Nitros geben zusätzlichen Speed, um andere Gangs sowie die Polizei abzuhängen.

Bei der Fahrzeugsteuerung gibt es auch einige Neuerungen. Eine Taste erleichtert das Rammen anderer Fahrzeuge neben einem, eine Drift-Taste erleichtert das schnelle Fahren um Kurven, was wirklich sehr gut funktioniert, jedoch etwas komisch klingt. Schwer zu beschreiben, Ihr wisst, was ich meine, wenn Ihr es selbst hört . Außerdem kann nun auch auf Autos am Dach gesurft werden, wobei dann auch der Einsatz von schwereren Waffen im Fahrzeugkampf möglich ist. Leider steuern sich die Fahrzeuge auch etwas schwammig, gegnerische Autos explodieren sehr schnell, was einerseits viel Action bietet, aber auch wieder schwer übertrieben wirkt. Außerdem darf man bei den Fahrzeugen mit keinerlei akkurater Physik rechnen, nicht nur einmal haben mich verfolgende Motorräder Autos im Gegenverkehr zur Seite gerammt, als ob diese aus Pappe wären.

Auch das Fahrzeug soll passen.

Das Städtchen Santa Ileso kommt seinem geistigen Vorbild, Las Vegas, recht nah und entspricht in etwa einer jeden US-amerikanischen Großstadt, Vororte mit niedrigeren Gebäuden, einer Downtown mit Hochhäusern und allem dazwischen was man aus ähnlichen Spielen bereits gut kennt. Bei Tags sieht das aufgrund des Wüstensettings teilweise etwas eintönig und trist aus, bei Nacht wirkt die Stadt dank der netten Beleuchtung etwas interessanter. Wiederum sehen Autos teilweise recht schick aus, bei den Menschen sieht das anders aus. Es sind zwar immer Passanten und Autos unterwegs, recht lebendig wirkt die Stadt dennoch nicht. Ab und an wird ein Auto von der Polizei kontrolliert oder Leute streiten sich bei einem Unfall, mehr passiert aber nicht. Der übertrieben Tik-Tok-Look aus den Trailern kommt beim spielen jedoch weniger zu tragen, als ich befürchtete.

Luftkämpfe dürfen natürlich auch nicht fehlen.

Das Spiel erlaubt dabei die Grafik an seine Bedürfnisse anzupassen, die Einstellungsmöglichkeiten umfassen dabei 1080p mit maximaler Bildwiederholungsrate (120 fps) oder Ultra-Qualität, 1440p mit hoher Qualität oder hoher Bildwiederholungsrate (60 fps, meine bevorzugte Einstellung) sowie 2160p, also uHD/4K (30 fps oder weniger), wobei es hier in Gefechten auf der Series X schon merklich ruckelt.

Schade ist dabei, dass Saints Row im Jahre 2022 nicht wesentlich besser aussieht, als GTA V anno 2013 auf der PS3/Xbox 360, wobei Saints Row 1 aus dem Jahr 2006 auch nicht wirklich gut gealtert ist. Klar, die Grafik ist heute wesentlich schärfer und höher aufgelöst, auch die Beleuchtung ist schöner, aber mit den GTA-Versionen auf PS4/XB1 oder der neuesten Konsolengeneration möchte ich das Spiel fairerweise erst gar nicht vergleichen. Pop-Ups sind mir keine bzw. keine massiven aufgefallen, Gebäude in der Ferne, die nicht besonders schön texturiert sind jedoch schon.

Schaut gar nicht mal so schlecht aus bei Nacht.

Musikalisch bietet Saints Row dank vieler Radiosender vieles was das Herz begehrt, Hip Hop, Klassik, Country und mehr, wobei es sich um bekannte Musikstücke handelt. Waffensounds klingen ok, Dialoge ebenso, die eigene Stimme kann hier natürlich auch verändert werden. Ganz Lippensynchron sind diese zwar nicht, aber das fällt nicht groß ins Gewicht.

Warum nicht mal auf ein LARP gehen?

Pros and Cons

+ Hält was es verspricht, ein Reboot, jedoch ohne große neuen Ideen
+ Non-Stop Action
+ viel zu tun

– traurig, wenn das Reboot 2022 nicht wesentlich besser aussieht als das 9 Jahre alte GTA V
– Gegner vertragen etwas zu viel Munition
– Steuerung teilweise schwammig
– kleinere Bugs und Glitches
– etwas repetitiv

Fazit

Wertung - 6.5

6.5

Saints Row wurde genau das, was angekündigt wurde, ein Reboot. Die Spielideen, Mechaniken, das Missionsdesign und die Nebenaufträge, das alles ließ man großteils unberührt. Neuerungen gibt es vor allem bei der Location sowie der Crew, die man mag oder eben nicht, ich fand sie ganz ok aber irrelevant, auch die Intensität der Action wurde nach oben gedreht. Aufgrund eines holprigen Einstiegs, einer teils schwammigen Steuerung, nicht gutem Waffenfeedback, einigen Glitches und den Bulletsponge-Gegnern, war ich mir zu Beginn nicht ganz sicher, was ich vom Saints Row Reboot halten sollte. Als sich dann das Gameplay endlich um die Gang drehte, kam doch noch Laune auf, die vielfältigen und teils abgedrehten Aufgaben, die Unmenge an Möglichkeiten seine Gang stärker zu machen, das hat alles Potential. Nett sind auch die Fertigkeiten, wenn sie auch nicht besonders schlagkräftig sind. Der Gameplayloop mag zwar relativ repetitiv sein, da man häufig nur eine Gegnerwelle nach der anderen niedermäht, das kann in Häppchen aber durchaus Spaß machen. Bekäme man die oben beschrieben Probleme in den Griff, hätte man mit dem 2022er Saints Row ein optisch nicht ganz zeitgemäßes, wenn auch sicher ganz schickes, aber durchaus witziges Open-World-Actionspiel ohne großem Anspruch aber mit vielen witzigen Ideen, dass trotzdem etwas in der Zeit stehen geblieben ist.

Genre: Open World
Entwickler: Volition, Deep Silver
System: PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, PC, Google Stadia
getestet auf: Xbox Series X
Erscheint: 23.08.2022
Preis: ab 70 Euro

Jetzt bestellen und SHOCK2 direkt unterstützen!

[amazonjs asin=“B09DMTNCZV“ locale=“DE“ title=“Saints Row Day One Edition (PlayStation 5)“] [amazonjs asin=“B09DMY5M9H“ locale=“DE“ title=“Saints Row Day One Edition (Xbox Series X)“] [amazonjs asin=“B09DMP7WG4″ locale=“DE“ title=“Saints Row Notorious Edition (PC) (64-Bit)“]

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"