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Review: Rise of the Tomb Raider: 20-jähriges Jubiläum

Rund ein Jahr nach ihrem zeitexklusiven Auftritt auf der der Xbox One kehrt Lara Croft nun auch auf die PlayStation-Plattform zurück. Doch die Wartezeit wurde gut genutzt. Neben dem Hauptspiel erwarten euch in der Edition zum 20 Jubiläum der Serie alle DLCs, ein VR-Modus, Zombies und noch mehr Extras.

Mit dem Tomb Raider-Reboot im Jahr 2013 wollte Crystal Dynamics Lara Croft in die Gegenwart holen. Die Geschichte einer jungen Überlebenden sollte erzählt werden, die nach und nach zu der Heldin wird, als die wir sie kennen. Die Story um die psychischen (und physischen) Konsequenzen, die sich für Lara durch den Kampf ums nackte Überleben und die Notwendigkeit zu töten ergaben, biss sich allerdings mit der Dezimierung unzähliger Gegnerhorden im nächsten Atemzug. Die Fortsetzung Rise of the Tomb Raider schien sich im Ankündigungstrailer auf der E3 2014 ebenfalls mit den Folgen der traumatischen Erlebnisse zu befassen, im Spiel selbst ist davon allerdings nichts mehr zu erkennen.

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Das Bestreben, das Spiel abgesehen von den übernatürlichen Elementen einigermaßen realistisch zu halten, wurde über Bord geworfen. Der kaltblütige Massenmord an Dutzenden von Gegnern wird ganz einfach nicht mehr thematisiert, Lara sogar in einer Szene als beinahe blutdürstig dargestellt. Der brutalen Geschichte des Vorgängers mit einer traumatisierten jungen Frau, die nach einem Schiffbruch einfach nur überleben muss, folgt ein stereotyper Schatzjäger-Plot. Auf der Suche nach einem vage definierten mystischen Artefakt, das in einer verschollenen antiken Stadt vermutet wird, liefert sich Lara ein Wettrennen mit einer fanatischen Sekte namens Trinity. Um die Angelegenheit noch persönlicher zu gestalten hängt das Schicksal ihres verstorbenen Vaters mit der Organisation zusammen, deren Mitglieder als Kanonenfutter für eine Art weiblichen Rambo dienen.

Frau Croft vermag es nämlich trotz ihrer zierlichen Statur, schwer bewaffnete Männer mit militärischem Training sowohl aus dem Hinterhalt als auch bei direkter Konfrontation zu überwältigen. Dabei sind nach und nach verbesserbare Waffen wie Pfeil und Bogen, Shotgun, Pistole und Maschinengewehr genauso effektiv wie lautlose Angriffe aus dem Hinterhalt. Tatsächlich steht es dem Spieler in vielen Situationen frei, laut und direkt oder leise und schleichend vorzugehen. Es fühlt sich zwar großartig an, arglose Gegner durch Löcher in der Eisdecke ins Wasser zu ziehen und zu überwältigen, ist aber von Realismus weit entfernt. Noch dazu nimmt sich Rise of the Tomb Raider sehr ernst. Keine Spur von der Leichtigkeit und Selbstironie eines Uncharted, dafür bietet das Spiel weit mehr Freiheiten als die Konkurrenz aus dem Hause Sony.

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Nach einem stark linearen Intro wird man in eine semi-offene Welt entlassen, die wie im Vorgänger in mehrere Bereiche unterteilt ist, welche mit dem voranschreitenden Plot freigeschaltet werden. Ebenfalls in der Tradition des ersten Teils entfaltet sich die Handlung im Wesentlichen an einem Ort, in diesem Fall einer abgelegenen Region Sibiriens. Trotz der auf den ersten Blick eintönigen Landschaft gibt es zahlreiche optisch unterschiedliche Gebiete zu entdecken. Ein verlassenes russisches Gulag, eine verschollene Stadt voller Schätze, ein geheimes Tal und verwinkelte Höhlensysteme sorgen für einen wachen Entdeckergeist.

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Die Gebiete sind nicht nur schön anzusehen, sondern bergen auch eine Menge Gefahren in Form von Soldaten oder wilden Tieren und versteckte Geheimnisse. Uralte Artefakte wollen genauso entdeckt werden wie optionale Tempel, die knifflige Rätsel bieten und zusätzliche Fähigkeiten freischalten. Einige können nur mithilfe bestimmter Werkzeuge betreten werden, die man erst im späteren Verlauf erhält und laden zum Erkunden auch nach dem Ende der Handlung ein. Belohnt wird die zusätzliche Mühe mit großartig gestalteten Orten wie einer Grabkammer, die am Rande eines gewaltigen Wasserfalls in den Stein geschlagen wurde.

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Trotz der Freiheiten mangelt es auch nicht an der einen oder anderen linearen Fluchtsequenz, in der ganz in der Tradition von Uncharted oder Hollywood-Action-Krachern die Umgebung in zahllosen Feuerbällen aufgeht. Mehr Zeit wird allerdings mit Klettern und der Frage verbracht, wieso jahrhundertealte Steinmauern plötzlich beginnen einzustürzen, wenn sich eine zierliche Frau an ihnen entlanghangelt. Positiv fällt aber auf, dass einem vermasselten Sprung weitaus seltener Horror-Todesszenen folgen als im ersten Teil.

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Gehört Rise of the Tomb Raider bis heute zu den bestaussehendsten Titel für die Xbox One, so kann das Spiel nun auch auf der PlayStation 4 mit seinen beeindruckenden Szenarien und tollen Effekten punkten. Mehr noch das Spiel wird auch die PlayStation Pro, mit mehreren Grafik-Modi, unterstützen, wenn sie am 11. November erscheint. Gleiches gilt auch für den dynamischen filmreifen Soundtrack.

Bonusinhalte der PS4-Version
Die „20-jähriges Jubiläum Edition“ ist nicht nur eine Art Game of the Year Edition, in der ihr alle zusätzlich für PC und Xbox One als DLC veröffentlichten Waffen, Outfits und Expeditionskarten bekommt. Natürlich ist auch der Story-DLC Baba Yaga: Tempel der Hexe enthalten, in dem Lara sich der bekannten Sage rund um die Hexe mit der Neigung zum Kannibalismus stellen muss, enthalten. Daneben wartet auch noch die exklusive VR-Erweiterung (siehe nächster Kasten) und auch die Expeditionserweiterung Kalte Finsternis auf euch, bei der es in einer sowjetischen Forschungsanlage einen Unfall gibt und deswegen eine Zombie-Epidemie ausbricht. Ein tolles Zuckerl dürfte für viele auch der neue Koop-Modus sein. Hier könnt ihr gemeinsam mit einem Freund den Ausdauermodus bestreiten. Für Veteranen der Serie gibt es mit den Outfits aus den verschiedenen Tomb Raider-Episoden der letzten 20 Jahre ein Wiedersehen mit der Lara längst vergangener Tage.

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Bludbande in VR
Wer sich Rise of the Tomb Raider für die PlayStation 4 kauft, erhält als besonderes Bonusfeature die Zusatzmission Blutsbande, die man aus dem Hauptmenü starten und optional mit PlayStation VR spielen kann. Im VR-Modus steuert ihr Lara Croft nicht wie üblich aus der Third-Person-Perspektive, sondern seht die Welt aus ihrer Sicht in der Ego-Perspektive. Ihr findet euch in Croft Manor, Laras Elternhaus, wieder, und könnt dieses ausgiebig erforschen. Blutsbande ist während der Haupthandlung des Spiels angesiedelt. Lara ist nachhause zurückgekehrt, nachdem sie einen Brief von ihrem Onkel erhalten hat, in dem er ihr mitteilt, dass ihr Anspruch auf Croft Manor angefochten wurde. Nun muss sie das Anwesen nach dem verschwundenen Testament ihres Vaters durchsuchen, um zu beweisen, dass sie die Erbin von Croft Manor ist.

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Ihr habt die Wahl zwischen zwei Steuerungsmöglichkeiten, wobei in beiden Fällen der DualShock 4-Controller zum Einsatz kommt. Im freien Modus steuert ihr Lara mehr oder weniger wie im Hauptspiel, nur eben aus der First Person, und könnt euch völlig frei bewegen. Der Komfortmodus hingegen wurde eigens für PlayStation VR entwickelt. Wenn ihr L2 gedrückt haltet, könnt ihr mit dem Analogstick eine virtuelle, durchsichtige Lara überall im Raum positionieren. Mit R2 teleportiert ihr euch an die gewünschte Position. So könnt ihr mit kleinen Schritten eine 360-Grad-Drehung durchführen, was sich sehr intuitiv anfühlt.

Neben diesen Fortbewegungsmöglichkeiten könnt ihr euch wie bei Virtual Reality üblich mit dem Headset frei in der Umgebung umsehen. Findet ihr etwas Interessantes, könnt ihr es hochheben und dank den Bewegungssensoren des DualShock 4 von allen Seiten betrachten: ganz so, als würdet ihr das Objekt wirklich in euren Händen halten. Auf dem ganzen Anwesen sind eine Menge solcher Objekte versteckt, die man sich auf diese Weise genauer ansehen kann.

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Die Räume der halb verfallenen Croft Manor sind in Zwielicht gehüllt, manchmal strahlt das Tageslicht durch die eingestürzte Decke, teils nur durch kleine Fenster. An besonders dunklen Orten wird der Controller zur Taschenlampe. Ganz unterschiedliche Räumlichkeiten dürfen erforscht werden: beklemmend enge, muffige Weinkeller unter der Croft-Residenz, in die wenig Licht kommt und voller Spinnweben sind, stehen im starken Kontrast zu den riesigen Haupthallen des Anwesens, die so weit nach oben ragen, dass ihr die oberen Bereiche durch den Mangel an Licht nur schwer erkennen könnt. Die Immersion ist dermaßen effektiv, dass es sich wirklich so anfühlt, als stündet ihr in einem großen Raum anstatt im vergleichsweise kleinen Wohnzimmer zuhause, in dem ihr euch tatsächlich befindet.

Action gibt es in Blutsbande keine, das Gameplay besteht darin, die Räumlichkeiten von Croft Manor zu erforschen, alles genau zu untersuchen und am Ende hoffentlich das Testament von Laras Vater aufzutreiben. Wer das Anwesen doch einmal hektischer erleben will, kann das im alternativen Modus Lara’s Nightmare machen, in dem man (nicht in VR) gegen drei aggressive Totenschädel antritt, die genau wie die Waffen und Schlüssel für die verschiedenen Türen bei jedem Durchgang die Position in Croft Manor wechseln.

Blutsbande ist ein schöner Bonus für alle, die auf die PS4-Version von Rise of the Tomb Raider gewartet haben und bietet eine sehr immersive Virtual-Reality-Erfahrung.

Review Overview

Wertung - 8.5

8.5

Nicht nur wegen der nun auf über 50 Stunden angestiegenen Spielzeit ist Rise of the Tomb Raider auch auf der PlayStation 4 eine gelungene Fortsetzung des Reboots aus dem Jahr 2013. In vielen Aspekten wirkt es runder als der Vorgänger und führt an interessantere Schauplätze, die technisch mithilfe spektakulärer atmosphärischer Effekte äußerst ansprechend umgesetzt wurden. Lediglich die simple Handlung und die komplette Abwesenheit von Reflexion was das Töten angeht können als Rückschritt betrachtet werden. Es wirkt, als würden die Entwickler vor dem eigenen Anspruch, mit einem Spiel zu unterhalten aber auch eine tiefgehende Handlung zu präsentieren, kapitulieren. Das ist schade, denn nicht umsonst war der Reboot gerade wegen einigen Darstellungen nicht unumstritten. Was bleibt ist ein sensationelles Tomb Raider, das feine Action-Kost bietet, und obwohl es einige Chancen verpasst, weiterhin um die Genrekrone mitkämpft.

Genre: Action-Adventure
Entwickler: Crystal Dinamics
Erscheint: Erhältlich
Preis: ca. 50 Euro
System: PS4

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