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Review: Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney

Man nehme beliebte Franchises, werfe sie in einen Topf, rühre gut um und das Ergebnis sollte hoffentlich vielen Käufern das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen – hoffen zumindest die Marketingexperten. Crossovers kennen wir (wohl nicht nur deshalb) mittlerweile schon aus allen Medien: ein Gastauftritt in einer Serie oder einem Film hier, Besuche diverser Superhelden in Reihen, die eigentlich anderen Figuren gehören, oder nicht zuletzt der in den 90ern unmöglich gewesene, aber vor wenigen Jahren Realität gewordene gemeinsame Auftritt von Segas Igel Sonic und Mario. „Das können wir auch“, dachte man sich wohl bei Capcom und Level-5 und schickt nun zwei bekannte Charaktere auf ein gemeinsames Abenteuer: den berühmten Rätselknacker Professor Layton und den Strafverteidiger Phoenix Wright aus der Ace Attorney-Serie. Ob der Mix wohl aufgegangen ist?

Zu einem nicht weiter definierten Zeitpunkt in London: Professor Hershel Layton und sein junger Assistent Luke Triton bekommen unerwarteten Besuch von der verängstigten Sophie de Narrateur, die von einem ehemaligen Studenten des Professors geschickt wurde. Schon auf den ersten Blick wirkt das Mädchen seltsam: Sie hat keine Ahnung, was London ist, spricht davon, dass sie aus einer Stadt namens Labyrinthia kommt,  und berichtet, von Hexen verfolgt zu werden. Bald darauf können sich der Gentleman und sein Assistent davon überzeugen, dass das nicht nur Hirngespinste sind: Dunkle Gestalten verfolgen das Mädchen und nur ihr Buch bleibt zurück – ein Wälzer namens Historia Labyrinthia, der angeblich die Geschichte und die Zukunft der mysteriösen Heimat Sophies enthält. Doch Gelegenheit zum Lesen bleibt nur wenig: Kaum beginnen die Seiten zu leuchten, werden Professor Layton und Luke in das Buch hineingesogen …

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… während ein ganz anderes Duo seinen ersten Besuch in der Hauptstadt Großbritanniens absolviert: Strafverteidiger Phoenix Wright und seine Assistentin, das Medium Maya Fey, landen im Rahmen eines Austauschprogramms in London. Was eigentlich eher eine Art Urlaub sein soll, endet schon bald vor Gericht (als Verteidiger, nicht als Angeklagter), als die junge Sophie de Narrateur angeklagt wird, auf einem Frachter nicht nur einen Diebstahl begangen zu haben, sondern auch ein Besatzungsmitglied geschlagen zu haben. Auch wenn Phoenix das auf „schuldig“ plädierende Mädchen einfach ins Gefängnis wandern lassen soll, glaubt er an die Unschuld seiner Mandantin und kämpft mit allem, was ihm zur Verfügung steht, um ihren Freispruch. Doch kaum endet dieser Prozess, wirft er einen Blick in jenes Buch, das sie die ganze Zeit mit sich trug, und sieht die Schrift aufleuchten …

Ihr ahnt es schon, worauf dieser zweigleisige Prolog hinausläuft: Bald schon finden sich sowohl Layton und Luke als auch Maya und Phoenix in der geheimnisvollen, mittelalterlichen Stadt Labyrinthia, in der ein geheimnisvoller Mann das Sagen hat, der Geschichten niederschreibt, die bald darauf wahr werden. Doch das kümmert die Helden weniger als die Tatsache, dass die ebenfalls in die Stadt zurückgekehrte Sophie angeklagt wird eine Hexe zu sein und auf dem Scheiterhaufen enden soll. Das kann das Quartett natürlich nicht zulassen und macht sich daran, dem abergläubischen Volk zu beweisen, dass das Mädchen nicht mit dunklen Mächten im Bunde steht.

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Viele Crossovers sind in Wahrheit nur Gastauftritte, bei denen den „Gästen“ mal einfach das Gameplay des Gastgebers aufgezwungen wird. Bei Professor Layton vs. Phoenix Wright hat man sich allerdings für eine deutlich fairere Behandlung entschieden, was wohl auch daran liegt, dass hier die Masterminds beider Serien zusammenarbeiteten. Die Story stammt zum Beispiel von Shu Takumi, dem Erfinder der Ace Attorney-Reihe, und Teams beider Studios leisteten ihren Beitrag für das Gemeinschaftsprojekt. Deshalb bekommen beide Serien einen etwa gleich großen Platz und Fans brauchen nicht befürchten, dass „ihr“ Spiel maßgeblich verändert wurde. Wie eh und je laufen Luke und der Professor per Karte von Ort zu Ort, suchen mit der Lupe nach Hinweismünzen und lösen die typischen Logikrätsel – nur dass sie dabei nun auch Hinweise sammeln, die Phoenix später im Gerichtssaal nutzen, wenn er Zeugen (und diesmal gibt es tatsächlich solche, bei denen mehrere gleichzeitig einvernommen werden) ins Kreuzverhör nimmt, Widersprüche in ihren Aussagen aufdeckt und mit einem lauten „Einspruch“ der Gerechtigkeit Gehör verschafft.

Auch wenn man sich auf einen ungefähren gemeinsamen grafischen Stil geeinigt hat (der dennoch vor allem in jenen Momenten, wo alle Protagonisten zusammen kommen, nicht hundertprozentig zusammenpasst), spielt jede dieser Gameplay-Hälften nach den Regeln, die man aus den jeweiligen Serien kennt – inklusive den typischen Soundeffekten, Kamerafahrten und den passenden Animationen. Und damit sind wir auch schon bei den beiden großen Problemen, die Professor Layton vs. Ace Attorney hat: Erstens: Seid ihr Fans beider Serien, wird euch das Spiel ein breites Lächeln ins Gesicht zaubern, keine Frage. Konntet ihr hingegen wahlweise mit den textlastigen Gerichtsprozessen von Phoenix Wright oder den ständigen Rätselnüssen eines Layton-Spieles nie etwas anfangen (aber mit der jeweils anderen Serie schon), stellt euch dieses Cross-Over vor eine echte Geduldsprobe. Mit knapp 30 Stunden Umfang und einer halbwegs fairen Aufteilung enthält das Spiel dann nämlich etwa 15 Stunden mit dem „falschen“ Charakter, sodass ihr euch immer wieder durch einen Abschnitt quälen müsst, ehe ihr euch wieder dem Teil zuwenden könnt, der euch Spaß macht. Und zweitens: Anstatt das Beste beider Welten in einer gemeinsamen Spielweise zusammenzuführen, leben hier quasi zwei Gameplay-Systeme nebeneinander her – je nach Kapitel wird gepuzzelt oder verhandelt, einmal löst man ein paar schnelle Rätsel, einmal knabbert man eine Stunde an einem einzelnen Fall. Dadurch wirkt das Spiel nicht ganz so homogen, wie es vielleicht sein könnte, denn die beiden Einzelserien und ihr Gameplay bleiben klar getrennt und vermengen sich kaum.

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Andererseits ermöglicht dies aber auch jenen, die eine der beiden Serien noch nicht kennen, in das Gameplay hineinzuschnuppern – wer weiß, vielleicht entdeckt ihr ja Ace Attorney oder Professor Layton für euch? Genau an diese „Schnupper“-Zielgruppe scheint man auch bei Capcom und Level-5 gedacht zu haben, denn blickt man ein wenig ins Detail, zeigt sich rasch, dass man bei beiden Gameplayteilen versucht, Einsteigern entgegenzukommen. Das beginnt schon mal damit, dass man mit einer Menge an Hinweismünzen startet, die man in einem „normalen“ Layton wohl nicht so schnell zusammenbekommt, und endet damit, dass man diese nun auch in einem Gerichtsprozess verwenden kann, um so eine Antwort auf die Frage „bei welchem Statement muss ich nachbohren/einen Beweis verwenden“ zu bekommen. Glaubt dennoch nicht, dass es sich hier um Layton Easy oder Ace Attorney Light handelt: Die Puzzles sind zwar weniger, aber zum Teil knackig wie eh und je und die Gerichtsprozesse erfordern (wohl auch aufgrund der Tatsache, dass Phoenix hier in einem fremden Rechtssystem und einer Welt mit eigenen Gesetzmäßigkeiten verhandelt) einiges Nachdenken.

Review Overview

Wertung - 8

8

... und kein EINSPRUCH!

Professor Layton vs. Phoenix Wright ist ein Crossover, das vor allem jenen Spaß machen wird, die (wie ich) beide Serien ins Herz geschlossen haben, aber auch jenen einen Blick wert sein sollte, die eine Franchise kennen und die andere ausprobieren wollen. Problematisch wird es hingegen für jene, die mit dem Gameplay von Layton oder Ace Attorney nicht klar kommen: Wenn ihr nicht gerade zu jenen gehört, die die Tatorterkundungen in AA langweilig fanden (diese wurden nämlich durch die Abenteuer Laytons ersetzt), werdet ihr euch die Hälfte der Zeit wünschen, dass endlich wieder die andere Gruppe an der Reihe ist. Wer allerdings kleine Rätselnüsse und große Gerichtsprozesse, spannende Mysterien und gute Geschichten liebt, findet hier ein Spiel, das euch eine ganze Weile beschäftigen wird und dabei auch noch Lust auf mehr macht.

Info:
Genre: Adventure
System: 3DS
Entwickler: Level-5/Capcom
Spieler: 1
Preis: ca. 45 Euro

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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