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Review: Ni no Kuni: Der Fluch der weißen Königin – Remastered

Zaubermärchen mit leichten Verbesserungen

Es ist ein paar Jahre her, seit uns Level-5 mit einem magischen Spiel verzauberte und dabei nicht nur JRPG-Fans, sondern auch Anhänger von japanischem Anime verzauberte: Ni no Kuni: Der Fluch der weißen Königin bot ein märchenhaftes Abenteuer mit Designs und Zwischensequenzen der japanischen Edelfilmschmiede Studio Ghibli. Nun können alle, die den Titel damals verpasst haben, aufatmen: Das Spiel erscheint in einer Remastered-Version auf PS4 und PC und in einer Fassung ohne „Remastered“ auf der Switch.

Du bist ein Zauberer, Oliver

Bei all seiner magischen Buntheit und kindlichen Verspieltheit beginnt Ni no Kuni mit einer Tragödie: Oliver, ein Junge aus dem nostalgischen, aber dennoch eher modern anmutenden Motorville, verliert seine Mutter. Seine Tränen erwecken eine alte Stoffpuppe zum Leben, die sich als Tröpfchen, Großfürst der Feen vorstellt und in Oliver den Auserwählten mit dem reinen Herzen erkennt, der Tröpfchens Welt vor dem dunklen Shaddar retten kann. Als wäre das noch nicht Motivation genug für Oliver, gibt es eine geheimnisvolle Verbindung zwischen den beiden Welten: Was einer Person in der einen passiert, hat auch Auswirkungen auf ihren Seelenverwandten in der anderen Realität, und zufällig hat Olivers Mutter eine Verbindung mit der Weisen Alicia. Kann Oliver also seine Mutter doch noch retten? Ausgestattet mit einem (leider noch lückenhaften) Zauberbuch und einem alten Zauberstab reisen die beiden in die andere Welt und damit in ein großes Abenteuer.

Wie hältst du’s mit dem Sequel, Freund?

Olivers Reise ist ganz und gar nicht frei von Klischees und typischen JRPG-Tropes (und ist auch in Sachen Gameplay eher ein klassischer Genrevertreter), aber die Verpackung hält auch heute noch alles wunderbar zusammen. Zu liebevoll und verspielt sind die Designs, zu wunderschön auch heute noch die Optik, zu emotional die Story. Wer sich beim Sequel Ni no Kuni 2 über eine zu dünne Geschichte beschwert hat, findet hier ein Spiel vor, das einen ganz anderen Schwerpunkt gesetzt hat und mit Story und Charakteren punktet. Und da wir gerade beim Vergleichen sind und davon ausgehen, dass einige von euch sich für Teil eins interessieren, weil sie das Sequel gespielt haben: Generell unterscheiden sich die beiden Spiele in vielen Details. Der spielentscheidende Aufbau eines Königreichs aus Teil zwei hat kein Äquivalent im Original und auch die großen Schlachten fehlen völlig. Sidequests gibt es in beiden Spielen, hier müssen wir vor allem Olivers Gutherzigkeit beweisen bzw. Personen mit gebrochenem Herzen heilen und so Stempel sammeln, die wir für nützliche Fähigkeiten eintauschen können; allerdings fehlen die zusätzlichen generischen Nebenaufgaben des Nachfolgers, die wir gar nicht vermissen.

Völlig anders auch das Kampfsystem: Setzte Teil zwei auf direkt zu steuernde Action, bekommen wir es hier mit einem etwas seltsamen Mix zu tun. Wir wählen unsere Aktionen aus einem Menü aus, die danach in Echtzeit ablaufen – Spezialangriffe oder Zauber werden einfach durchgeführt, normale Angriffe oder die Verteidigungshaltung werden eine Zeit lang ausgeführt, bevor man ein neues Kommando geben muss (man kann aber auch abbrechen, wenn man auf eine neue Kampfsituation reagieren muss). Gleichzeitig darf man sich aber in dieser Zeit frei bewegen, um zum Beispiel auszuweichen oder Bonus-Kugeln einzusammeln, die unter anderem HP oder MP auffüllen. Und damit noch immer nicht genug, bekommt Oliver im Laufe der Zeit Kampfgefährten (wir steuern immer nur eine Figur gleichzeitig, die anderen werden von der KI übernommen) und wir können anstatt der Mitglieder der Hauptparty auch kleine Wesen, die uns begleiten, Pokémon-Style in den Kampf schicken – allerdings immer nur begrenzte Zeit, bevor sie eine kurze Regenerationspause brauchen. Das alles ist zu Beginn ein wenig überladen, auf lange Sicht dann aber fast ein wenig zu langatmig für die doch recht zahlreich stattfindenden Kämpfe (auch wenn wir die Gegner auf der Karte sehen und ausweichen können) – hier hat das Kampfsystem aus Teil II für uns die Nase vorn.

Remaster oder nicht?

Dass wir in Sachen Kampfsystem keine Veränderung erwarten können, liegt daran, dass man hier ein sehr behutsames Remaster abgeliefert hat. Keine Gameplay-Veränderungen, dieselbe Story, identischer Soundtrack, dieselbe sowohl auf Englisch als auch Japanisch gelungene Sprachausgabe (auf Deutsch gibt es nur die In-Game-Texte bzw. Untertitel, die allerdings ein wenig darunter leiden, dass Eigennamen und Begriffe zum Teil völlig anders übersetzt wurden, als wir sie via Sprachausgabe hören). Allerdings gibt es behutsame Verbesserungen an der Grafik, die nun auf 1080p und 60 Frames pro Sekunde getrimmt wurde (allerdings laufen die Ghibli-Zeichentricksequenzen mit klar niedrigerer Rate ab, was deutlich auffällt, aber den Original-Filmen geschuldet ist). Auf der PS4 Pro bzw. passender PC-Hardware ist auch 4k bei allerdings niedrigerer Framerate möglich. Die Switch-Version verzichtet wie schon erwähnt gleich ganz auf „Remaster“ im Titel, was daran liegt, dass man hier einen direkten Port der PS3-Version ohne grafische Verbesserungen abliefert. So ist Ni no Kuni je nach Plattform ein kaum bis gar nicht überarbeitetes JRPG der vorigen Generation, das nicht ohne Fehler ist, aber immer noch wunderschön anzusehen ist, sich gut spielt und emotional berührt. Schön, dass alle, die es verpasst haben, nun auch auf aktuellen Plattformen spielen können.

Fazit

Wertung - 8.5

8.5

Klassiker ohne Neuerungen

Ni no Kuni ist mein persönliches Lieblings-JRPG der vorigen Konsolengeneration. Diesen Sieg hat es sich vor allem mit seinem Humor, seinen liebevoll gestalteten Charakteren, seiner bunten Welt und seinen Emotionen verdient. Ni no Kuni bringt bei mir in der Remastered-Version die Trauer mit Oliver über seine Mutter genauso zurück wie das Staunen, das seine Reise durch „die andere Welt“ begleitet. Auch das Gameplay mit allen Höhen und Tiefen hat den Schritt auf die aktuelle Konsolengeneration unbeschadet, aber auch ohne Verbesserungen überstanden. Das ist einerseits kein großer Kritikpunkt, denn das Spiel ist hervorragend gealtert, auch wenn seine Eigenheiten vor allem beim Kampfsystem nicht jedem zusagen werden. Andererseits wäre es natürlich nett gewesen, auch alte Fans mit einigen neuen Inhalten zu locken – zum Beispiel damit, die Japan-exklusive DS Version mit anderem Gameplay, eigener Grafik und abgewandelter Story beizulegen. So kann man trotz aller Freude über den gelungenen Port nur begrenzt eine Empfehlung für Veteranen aussprechen. Wer Ni no Kuni allerdings bislang noch nicht erlebt hat, Ghibli- und/oder JRPG-Fan ist und bunten, märchenhaften Abenteuern nicht abgeneigt ist, sollte zugreifen.

Genre: Rollenspiel
Entwickler: Level-5
System: PS4, Switch, PC
Erscheint: erhältlich
Preis: ca.  50 Euro

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Mehr lesen: Spiele, die ich vermisse #137: Ni No Kuni

Spiele, die ich vermisse #137: Ni no Kuni

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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