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Review: Mulan

Nach zahlreichen Verschiebungen und Unsicherheiten verursacht durch die aktuell vorherrschende Pandemie erscheint Mulan, die neueste Realverfilmung eines Disney-Zeichentrickklassikers, nun nicht in den heimischen Kinos, sondern exklusiv auf Disney+ – und dass zu dem Premiumpreis von 21,99 Euro. Aber ist der Film sein Geld auch wert?

Tradition trifft auf Entdeckergeist

Hua Mulan ist die Tochter einer stolzen chinesischen Familie, die großen Wert auf die Einhaltung klassischer Traditionen legt. Und genau diese besagen, dass Mulan in ihrer Rolle als Tochter die Familie nur durch die Heirat eines anständigen, jungen Mannes und der Gründung einer eigenen Familie ehren kann. Das ist aber nicht der Weg, den Mulan jemals freiwillig wählen würde. Denn: Sie hat die Gabe des Qi, wodurch sie bereits in jungen Jahren stärker, schneller und raffinierter als alle anderen in ihrem Dorf zu sein scheint.

Währenddessen wird dem chinesischen Reich durch die Hexe Xian Lang und dem Krieger Bori Khan (samt seiner Mitstreiter) der Krieg erklärt. Bori Khan möchte sich für das Unrecht, das seinem Vater durch die Chinesen angetan wurde, rächen. Xian Langs Motiv ist ebenfalls die Rache, jedoch mit gänzlich anderem Ursprung. Sie möchte sich an der Gesellschaft dafür rächen, dass sie als mächtige Frau stets ausgestoßen oder bestenfalls belächelt wurde.

Als der chinesische Kaiser jeder Familie aufträgt, einen Mann für die Armee im Kampf gegen Bori Khan und Xian Lang abzustellen, trifft das große Geschehen auf das kleine. Mulans Vater ist von seinen früheren Kriegseinsätzen rekonvaleszent und würde wohl eine weitere kriegerische Auseinandersetzung nicht überleben. Aus diesem Grund bricht Mulan als Hua Jun in einer Nacht und Nebel-Aktion in den Krieg auf.

Manche kreativen Entscheidungen sind zum Schreien | © Walt Disney Pictures

Kein Drache, kein Gesang

Mulan hat im Vorfeld bereits mit einigen kontroversen Entscheidungen aufhorchen lassen. So wird in der Realverfilmung nicht gesungen und auch auf den beliebten Drachen Mushu warten Fans vergeblich. Zudem wurde erneut kein chinesischer (oder zumindest asiatischer) Filmemacher durch Disney engagiert – etwas, das im Jahr 2020 für die Verfilmung einer ursprünglich chinesischen Ballade durchaus erwartet werden darf.

Der größte Kritikpunkt liegt jedoch woanders. Denn: Die Geschichte hat leider einige Schwächen. Die grundsätzlich mutige Entscheidung, die Handlung des Zeichentrickklassikers nicht eins zu eins zu kopieren, sondern neue Elemente einfließen zu lassen, entpuppt sich als Fehler. Funktioniert doch auf diese Art und Weise weder das eine noch das andere. Ein Beispiel: Die Einführung der Hexe Xian Lang, die aufgrund ihrer Fähigkeiten nie akzeptiert wurde und demnach Rache an der chinesischen Gesellschaft nehmen möchte, funktioniert – der Theorie nach – perfekt als Gegenstück zu Mulan. In der Praxis verirrt sich der Charakter in zu vielen Selbstzweifeln und fragwürdigen Entscheidungen. Eine mutige, feministische Botschaft vermissen wir – trotz guter Ausgangslage – zudem leider völlig.

Die Figur der Hexe Xian Lang funktioniert leider nur auf dem Papier | © Walt Disney Pictures

Zwei Seelen schlagen in meiner Brust

Wie bereits angesprochen, lassen sich in Mulan zwei narrative Strömungen feststellen, die sich um die dominante Erzählstruktur des Films duellieren – ohne sich aber jemals auf einen Sieger zu einigen. Dadurch entstehen erhebliche Schwächen im Pacing. Dies resultiert ganz natürlich aus dem Umstand, dass der Film handlungstechnisch überladen, gar überfrachtet wirkt.

So ist es den Machern nicht möglich, einer Szene genügend Zeit zum Wirken und Atmen zu geben. Stattdessen hetzen wir von einer Szene in die nächste. Es sollen doch möglichst viele Storybeats des Klassikers und der Neu-Interpretation zusammengeführt werden – ohne, dass der Streifen vier Stunden Lauflänge hat.

Das Casting von Mulan ist durchaus gelungen | © Walt Disney Pictures

Ausstattung top, Preis flop

Einer der größten Stärken von Mulan sind die Kostüme und Schauplätze. Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Kein Wunder, immerhin soll Mulan mit kolportierten 300 Millionen US-Dollar Budget die bis dato teuerste Realverfilmung eines Disney-Zeichentrickklassikers sein. Und das macht sich auch bezahlt, wurden doch beispielsweise die ausgezeichnet ausgewählten Schauplätze wunderbar filmisch eingefangen. Ob das jedoch den doch hohen Preis von knapp 22 Euro (zuzüglich der Abo-Gebühren von Disney+) rechtfertigt, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Fazit

Wertung - 6.5

6.5

Mulan ist ein optisch opulentes Musical ohne Gesang mit einer Geschichte bestehend aus zwei Handlungen, die nur den Hardcore-Mulan-Fans wirklich ans Herz gelegt werden kann. Alle anderen warten auf den regulären (kostenfreien) Disney+ Release oder greifen zur Blu-Ray. 

Kurzinformationen
Filmstart: 4. September 2020
Filmlänge: 120 Minuten
Land, Jahr: USA, 2020
Preis: 21,99 Euro (zuzüglich Disney+ Abo-Gebühren)
Genre: Action, Musical
Regie: Niki Caro

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