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Review: Marvel vs Capcom: Infinite

Während die DC-Helden auf der großen Leinwand nach wie vor hinter ihren Kollegen von Marvel herhinken, konnten sie sich in der Welt der Videospiele dank Umsetzungen wie NetherRealms Injustice-Reihe deutlich prominenter positionieren. Hier hinkt wieder Konkurrent Marvel hinterher, dessen Helden sich ihren Platz in der Marvel vs Capcom-Reihe teilen müssen und dessen neuer Ableger nun schon seit 2011 auf sich warten lässt. Nun ist es aber so weit und Marvel vs Capcom: Infinite will dieses Ungleichgewicht endlich ausgleichen… scheitert dabei jedoch merklich.

Marvel vs Capcom Infinite Review Test

To infinity and beyond!

Derweil waren viele von Capcoms Ansätzen für den Teil erstmals gar nicht so schlecht. So wurde entschieden die Reihe zugänglicher zu machen und die sonst meist eher chaotischen 3-vs-3-Kämpfe durch 2-vs-2-Kämpfe zu ersetzen. Dafür wurden bei den dynamischen Charakterwechseln während des Kampfes sämtliche Grenzen aufgehoben, was wiederum neue Möglichkeiten für Kombo-Attacken mitten in der Luft eröffnete. Anstatt eines dritten Kämpfers wählt nun jeder Spieler einen der sechs aus dem Marvel-Universum bekannten Infinity-Steine, welche jeweils eine schwache und eine starke Fähigkeit mit sich bringen. Besagte Fähigkeiten gestalten sich hierbei angenehm ausgewogen, lassen sich je nach Charakter-Kombination unterschiedlich gut einsetzen und bringen allgemein eine nette Prise Taktik in die sonst sehr konfusen Handgemenge.

Marvel vs Capcom Infinite Review Test

SpongeBob Hitbox

Auch wurde allgemein die Einstieghürde des Titels im Vergleich zu den Vorgängern deutlich gesenkt und so lassen sich nun bereits nach kurzer Zeit mächtige 20-Hit-Kombos im Dauerlauf aneinanderreihen und die effektüberladenen, in kurzen Video-Sequenzen auftretenden Hyper-Combos passieren schon fast aus Versehen. Zwar nehmen diese Änderungen ein wenig Tiefgang aus dem Gameplay, dennoch ist das Trade-off gegen ein umgekehrt schneller mit Erfolgs-Erlebnissen belohnendes Kampfsystem durchaus gelungen. Vor allem da ein professioneller Spieler dank der nach wie vor schwierig zu timenden Charakter-Switch-Kombos trotz allem mit jedem Anfänger den Boden wischen wird. Auch wenn die Hitboxen bewegter Charaktere – anscheinend als Nebeneffekt des Engine-Wechsels zu Unreal – deutlich schwammiger wirken, als es noch im Vorgänger der Fall war.

Marvel vs Capcom Infinite Review Test

Quiz: Woher stammt dieser Charakter?

Ab hier beginnt es jedoch leider steil bergab zu gehen mit Capcoms abgedrehtem Crossover-Prügler. So wurde die einst 50 Charakter starke Kämpfer-Riege auf 30 reduziert. Wirkte sich eine derartige Entschlackungskur bei anderen Genre-Kollegen zwar schon oft auch positiv aus, grenzt Capcoms Radikal-Diät jedoch leider eher an Bulimie. So machen Neuzugänge wie Gamora, Thanos und Ultron zwar vor allem im Kontext der Story durchaus Sinn, dass Fanlieblinge wie Deadpool, Magneto, Jill Valentine und Wolverine sowie auflockernd lustige Kämpfer wie Viewtiful Joe, Amaterasu und Phoenix Wright in die Wüste geschickt werden, während für Charaktere wie Spencer, Mike Haggar, Firebrand, Nova und Neuankömmling Jedah anscheinend Platz ist, scheint wiederum wenig sinnvoll.

Marvel vs Capcom Infinite Review Test

„Captain America! Chris! Dante! Rocket!“ *Cut* Im Kasten!

Unsinnig ist leider auch die gesamte Kampagne von Marvel vs Capcom: Infinite. Selbst Menschen, die dämlichen Onelinern und seichtem Humor etwas abgewinnen können, dürfte es bei den gänzlich willkürlich zusammengeworfenen Dialogzeilen vor lauter Fremdscham die Haare aufstellen. Spätestens nach der ersten halben Stunde beginnt dann auch der Faktor unerträglich zu werden, dass diese nicht selten nur noch aus den gegenseitig zugerufenen Namen der jeweiligen Charaktere zu bestehen scheinen. Jede noch so klein aufblühende Atmosphäre wird anschließend durch die geradezu lächerlichen Gesichtsanimationen, die immer gleichen Schauplätze und die sonst eigentlich nur in letztklassigen Filmen auftretenden Anschlussfehler mit geradezu akribischer Präzision im Keim erstickt.

Marvel vs Capcom Infinite Review Test

Dafür hast du diesen Typen mit dem Metallarm oder? Wie hieß der noch?

Den einzigen Sinn den dieses Trauerspiel einer Story erfüllt, ist es auf die dritte und fast größte Frechheit der Entwickler hinzuweisen, welche die ersten beiden kombiniert. So tragen einige Charaktere im Verlauf der Handlung durchaus zentrale Rollen und treten hier mit fix und fertigen Charaktermodellen, Dutzenden gesprochenen Textzeilen und handlungsentscheidenden Tätigkeiten auf, ohne jedoch in einem der Modi des Titels spielbar zu sein. Um das zu erreichen, lässt einen die Kampagne sogar situationsbedingt plötzlich zusammenhangslos 1-vs-1-Kämpfe bestreiten – eine Kampfvariante, die sich nicht einmal im Multiplayer einstellen lässt – während „unwichtige Kämpfer“ wie Black Widow, der Winter Soldier, Black Panther, Venom und der seit Jahren von Fans geforderte Monster Hunter anscheinend tatenlos daneben stehen. Zu finden sind diese „verlorenen Charaktere“ dann in Capcoms DLC-Season-Pass. Das betrifft sogar Mega Man-Erzfeind Sigma, der als mit Ultron fusionierter Ultron Sigma eigentlich den Hauptschurken des Spiels mimt.

Marvel vs Capcom Infinite Review Test

Schambereich Hintergründe: Da sollst du eh nicht hinschauen!

Optisch präsentiert sich Marvel vs Capcom: Infinite zumindest mit ansprechenden Lichteffekten und – da Gesichtsanimationen während der Kämpfe glücklicherweise keine Rolle spielen – relativ soliden Charaktermodellen und Animationen. Auch bleiben die bombastischen, aber zum Glück kurz gehaltenen Hyper-Kombos besser in das Kampfgeschehen inkludiert, als die Super-Moves des direkten Konkurrenten Injustice 2, wodurch diese trotz mehrmaligem Verwenden ihren Reiz nicht verlieren. Leblose und absolut uninspirierte Arenen weisen dafür überdeutlich darauf hin, dass hier der Fokus klar auf die vordergründige Action gelegt wurde.

Review Overview

Wertung: - 7

7

Capcom vs Verschenktes Potenzial: Infinite

Marvel vs Capcom: Infinite ist im Grunde ein solides Beat’em Up. In einem starken Beat’em Up-Jahr wie diesem den Genrekollegen aber mit schwammigen Hitboxen, einer absolut peinlich geschriebenen Kampagne, lieblosen Arenen und einer nach Geldgier stinkenden DLC-Politik entgegenzutreten, wirkt geradezu wie ein ritueller Selbstmord. Dieser wird vorwiegend durch die nach wie vor mächtigen Lizenzen des Titels verhindert, deren enormes Potenzial hier aber trotzdem mit Füßen getreten wird. Wer im Charakter-Menü all seine Lieblinge entdeckt, darf dank der kurzweiligen Kämpfe dennoch zugreifen. Der Rest geht zur Konkurrenz.

Genre: Beat’em Up
Entwickler: Capcom
Erscheint: Erhältlich
Preis: ca. 60 Euro
System: PS4, Xbox One, PC

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