Review: Kraven The Hunter
Das SSU (Sony’s Spider-Man Universe) ist nichts anderes als ein Cash Grab von Seiten Sonys, um die Spider-Man-Lizenz auszubeuten. Andererseits könnte man dasselbe über aktuell jedes Cinematic Universe sagen, das da draußen herumschwirrt. Von Godzilla über das MCU bis zu Star Wars – keines dieser Universen produziert aktuell Geschichten, die unbedingt in diesem Rahmen erzählt werden müssen. Die besten Geschichten in diesen Franchises werden aktuell mit nur wenig Berührungspunkten zum restlichen Universum produziert – Agatha All Along zum Beispiel. Der Charme von einem Cameo à la Nick Fury ist längst verflogen, und 2025 wird das Jahr, in dem das MCU beweisen muss, dass es überhaupt eine Daseinsberechtigung hat. Ansonsten sind Cinematic Universes endgültig ein Trend aus dem letzten Jahrzehnt, der langsam begraben gehört.
Aber das SSU ist noch einmal ein eigenes Kaliber, das keinen Regeln zu folgen scheint. Beginnend mit VENOM aus 2018 (ja, das SSU begleitet uns schon fast 7 Jahre! Im Vergleich: Nach 7 Jahren MCU kam der zweite Avengers-Film heraus!) gibt es mittlerweile gerade mal 6 Filme – von denen außer VENOM kein einziger ein kommerzieller oder kritischer Erfolg war. Sony besitzt noch immer die Spider-Man-Lizenz, die Marvel ihnen in den 90ern verkauft hat, um sich selbst über Wasser zu halten. Um an den Erfolg des MCU anzuknüpfen, produziert Sony jetzt also Film nach Film OHNE Spidey – immerhin krabbelt dieser noch immer im Marvel Cinematic Universe herum, und um Zuschauer:innen nicht zu verwirren, weigert sich Sony, einen eigenen Spider-Man einzuführen. Keiner der SSU-Filme ist miteinander in irgendeiner Weise verbunden, jeder erzählt die Geschichte von einem Spider-Man-Nebencharakter oder -Feind, und bei den meisten von ihnen fragt man sich im Nachhinein, was das jetzt sollte.
Ist das MCU McDonald’s, so ist das SSU eine Ghost Kitchen, die ständig ihren Namen ändert. Anders gesagt: Jeder einzelne SSU-Film wirkt, als wäre er in einem Labor konzipiert worden, um auf ProSieben nach Mitternacht zu laufen.
Das bringt uns schlussendlich zu Kraven The Hunter, welcher eine turbulente Entstehungsgeschichte hatte und nach 4 Verschiebungen es endlich ins Kino schaffte. Der Spidey-Widersacher soll hier neu erfunden werden als sexy und jung, statt als müder Jäger, der nach Ehre giert – so wie wir ihn zuletzt im Spider-Man 2-Spiel für die PS5 erleben konnten. Nach einem misslungenen Film nach dem anderen, die hauptsächlich dafür bekannt sind, bereits in ihrer Konzeption als schlechte Ideen zu gelten (Madame Web????), könnte uns hier der letzte SSU-Film erwarten – an den Kassen ist er bereits der absolute Tiefpunkt von einem Universum, das fast nur aus Tiefpunkten bestand. Wer in seinem Leben ausschließlich Filme des SSU gesehen hat, würde meinen, das Problem liegt am Medium selbst.
Gleich vorweg: Wir sind mit extrem niedrigen Erwartungen hineingegangen. Unsere Herzen waren verschlossen. Wir haben die ersten 8 Minuten vom Film im Burger King am Handy angesehen und sind genau in den Saal reingegangen, als diese 8 Minuten auch in der Vorführung vorbei waren. Eigentlich haben wir uns gefreut, Kraven The Hunter in Grund und Boden zu zerreißen. Aber seht euch unsere Gesichter an während des Abspanns:
Worum geht es in Kraven? Egal – sexy Kraven kriegt sein Blut mit dem eines Löwen vermischt und kann daraufhin super klettern und riechen und wird der „ultimative Jäger“, der den restlichen Film Mafiosi – und ein paar überraschende Comic-Buch-Cameos – auseinandernimmt. In einer Szene wirft er jemandem eine aktive Bärenfalle ins Gesicht. Sowas sieht man nicht alle Tage. Generell fallen die Action-Sequenzen in Kraven The Hunter überraschend stabil aus – immer kompetent gedreht mit einigen unterhaltsamen Twists. Kein John Wick, aber auch nicht die ewige gewichtslose CGI-Suppe, die man von anderen Comic-Buch-Filmen gewohnt ist – Kravens rücksichtsloser Kampfstil bringt tatsächlich etwas Frisches auf die Leinwand, das Spaß macht und bei dem man im Kino schon ein paar Mal sowohl Lachen als auch Jubel vernehmen konnte. Es wird viel getötet in diesem Film – aber man merkt, dass die Kreativen hinter der Kamera viel Freude dabei hatten, diesen Killing Spree zu inszenieren und einige eigene Ideen einbringen konnten.
Eigentlich würde ich jetzt vorschlagen, sich die Action-Szenen einfach isoliert in ein paar Monaten auf YouTube reinzuziehen, aber es zahlt sich aus, auch die Momente zwischen dem Massaker zu sehen.
Denn was das Blutbad ankert, ist die Beziehung Kravens zu seinem Vater (gespielt von Russell Crowe, der sich weigert, auf das Niveau des SSU zu rutschen und wieder mal schauspielerisches Gold abliefert). Diese ist spannend zu beobachten, und Crowes Nikolai Kravinoff ist einer der besseren Super-Hero-Gegenspieler seit Thanos – auch außerhalb des SSU. Kraven hat auch einen Bruder, und auch hier stimmt die Umsetzung – die Beziehung der beiden ist schön anzusehen.
Das klingt jetzt wie ein glühendes Review, und ja, wir hatten unseren Spaß im Kino. Wir hatten seit Venom 2 nicht mehr so viel Spaß bei einem SSU-Film. Und trotzdem ist es kein guter Film. Die Charaktere reden in Klischees, das Character Development ist fragwürdig, der Schnitt ist teilweise bizarr, der erste Akt ist etwas langsam und generell dauert der Film eine solide halbe Stunde zu lange.
Ich mag keine Reviews, die mir sagen, ich soll mein Hirn abschalten und einfach den Film genießen – sollte ich jemals mein Hirn abschalten, würde ich nämlich sterben. Deswegen ganz ehrlich: Kraven entstammt zwar einem zynischen Cash-Grab-Konzept, aber ist (meistens) weder langweilig noch fühlt man sich seiner Zeit beraubt.
Fazit:
Wertung: - 5
5
Wenn ihr aktuell in der Laune seid, einen Film im "Babayaga"-Genre zu sehen – prominente Vertreter sind natürlich "John Wick" und "Nobody" – und ihr im Kinosaal jubeln und laut lachen wollt, weil außer euch eh niemand da ist, dann zahlt sich der Kinobesuch selbst bei dem aktuellen Dezemberwetter absolut aus. Schickt eure Kinder zu Sonic 3 und sieht dem "ultimativen Jäger" dabei zu, wie er mit Berglöwen, türkischen Klöstern und Daddy Issues kämpft.
Entwickler: Sony
Erscheint: 13. Dezember 2024