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Review: Kingdom Under Fire 2

Etwas Altes, etwas Neues, etwas Geliehenes und etwas Nerviges

Mit Kingdom Under Fire: A War of Heroes brachte Entwickler Phantagram bereits 2001 das bisher vorwiegend aus Dynasty Warriors bekannte Tactical Hack’n’Slay-Genre in ein westliches Setting. In der goldenen Xbox 360-Ära wurde dann zusammen mit Q Entertainment in Ninety-Nine Nights ein Großteil der taktischen Komponenten durch einen dicken Satz übertriebene Japano-Action ersetzt. Mit Kingdom Under Fire II sollte dann das beste aus beiden Welten zusammengeführt werden und so wurde 2008 ein Singeplayer-Titel mit leichten Online-Aspekten angekündigt. Eine Dekade an Entwicklungs-Hürden, politischen Komplikationen (zwischen China und Südkorea), Richtungsänderungen und Plattformwechseln später erscheint jetzt endlich das nun als MMORPG ausgelegte Kingdom Under Fire 2 auch im Westen und präsentiert sich entsprechend zerrissen und zu gleichen Teilen zwar erfrischend aber auch einfach nicht zeitgemäß.

Machen wir doch auch eines von diesen MMORPGs….

Denn gut und gerne ein Drittel dieses abgedrehten Titels macht sein unglaublich auslaugender MMORPG-Part aus, der so ziemlich all die negativen Klischees in sich vereint, die sonst in einem in die Jahre gekommenen Korea-MMO zu erwarten wären. Hunderte Male muss so derselbe NPC angesprochen werden, damit dieser einem im Anschluss an eine uninspirierte und unvertont ausgekotzte Textwand, eine gänzlich bedeutungslose Quest im Stile von “Sammle hier 5 Kristalle” aufladen kann. Sind dann die langwierigen Aufklaube-Animationen endlich abgeschlossen, darf einem im Anschluss ein anderer vergessenswerter NPC eine neue sinnlose Textfront mitsamt einer vollkommen irrelevanten Belohnung entgegenwerfen, bis ihr anschließend wieder zu eurem ursprünglichen Auftraggeber zurückkehrt und das ganze von vorne los geht.

Alles okay bei dir?

Dazwischen dürfen dann natürlich auch ein paar generische Mobs wie Kobolde, böse Zauberer und Wilde vermöbelt werden. Diese stehen allerdings so derartig seelenlos und verloren in der Gegend herum, dass fast eher der Drang aufkommt, ihnen eine heiße Schokolade und eine Schulter zum Ausweinen anzubieten. Das Kampf-System erinnert dabei stark an Tera und so dürfen in den fünf Geschlechts- und Rasse-gebundenen Klassen (Gunslinger, Jäger, Berserker, Spellsword und Elementarist) flotte Kombos mit zunehmendem Wumms aneinander gereiht und Blocks und Ausweich-Schritte gesetzt werden. Diese sehen zwar teils durchaus ansprechend aus, leiden aber zu sehr an fehlender Präzision und indirektem Input um dem angestrebte Gefühl eines guten Action-RPGs gerecht zu werden.

Wo ist das verdammte Schlachtfeld?

Die Story wird in vertonten, teils durchaus epischen Zwischensequenzen sehr linear vorangetrieben, weiß aber durch teils nette Sequenzen wie das Steuern eines Luftschiffs etwas Abwechslung in die Sache zu bringen. Dennoch fühlen sich die ersten Stunden mit KUF2 wie eine reine, an den letzten Geduldsfäden nagende Tortur an, die sicher niemand über sich ergehen lassen wollen würde, wäre da nicht die große dritte Säule des Titels gewesen: Die bombastischen RTS/Action RPG-Schlachten.

Ist es ein Vogel, ist es ein Wyvern…Nein, es ist Point of View-Man!

In immer größer werdenden Instanzen und Raids dürft ihr so mit bis zu drei in einem tiefgehenden Upgrade-System immer stärker und vielfältiger werdenden Truppen-Typen in die Schlacht ziehen. Hier könnt und müsst ihr fließend zwischen der bekannten Third-Person-Perspektive und einer taktischen Vogel-Pespektive hin und her wechseln. Denn es ist absolut essentiell, zu jedem Zeitpunkt auf eure Bataillons Acht zu geben, gut getimt die Stärken und Fähigkeiten eurer Mitstreiter zu nützen und euch dann hautnahe als Über-Soldat, an deren Seite durch die Horizont-füllenden Gegnerscharren zu metzeln.

FREEDOM!

Diese Momente sind es, die einem über all die anderen fürchterlich nervigen Kritik-Punkte von KUF2 hinwegsehen lassen. Wenn ich mit meinen Bogenschützen den Himmel verdunkle und dann Seite an Seite mit meinen Elite-Soldaten hinter den Pfeilen hinterher eine Schneise durch hunderte abscheuliche Kreaturen schlage, während feuerspeiende Wyvern uns von der Seite einheizen, fühle ich mich wie mitten drin in meinen liebsten Fantasy-Schlachten von Herr der Ringe bis Game of Thrones.

Mittendrin statt nur obendrauf

Dank sich dynamisch anpassenden Rendering ist das Geschehen zu jederzeit erstaunlich ansehnlich und gleichzeitig nicht zu Hardware-hungrig um nicht auch auf etwas älteren Geräten spielbar zu bleiben. Die drögen, teils matschigen Texturen der anderen Spielparts treten hier in den Hintergrund der bombastischen Effekten und Manöver des epischen Fantasy-Getümmels. Vor allem wenn sich dann bis zu fünf Mitspielern in einen epische PVP-Krieg um Gebiete und Rohstoffe stürzen und am eigenen Leib erfahren wird, wie es sich anfühlt wenn mitten in der eigenen Infanterie stehend plötzlich von feindlichen Luftschiffen einen Bombenteppich ausgestreut wird, weiß einfach das Gesamtbild zu überzeugen.

Fazit

Wertung: - 7

7

Leider auch ein MMO

Selten hatte ich zu einem Videospiel eine so ambivalente Meinung wie zu Kingdom Under Fire 2. Der widerwärtig draufgepappte MMO-Teil präsentiert sich im besten Fall wie ein Low-Budet Tera und im schlechtesten wie ein “Worst of ausgemusterte MMO-Klischees die ich hoffte endlich los zu sein”. Die Story-Sequenzen sind gerade mal so ok, dass man zumindest nicht den Drang hat sie alle zu überspringen und die NPCs größtenteils absolut vergessenswert. Aber der eigentlich viel wichtigere Action RTS-Teil, welcher zum Glück im späteren Spielverlauf immer mehr Bedeutung gewinnt, ist mitreißend, taktisch, absolut bombastisch und sucht vor allem in der ausgetrockneten Wüsten-Landschaft dieses Genres seines gleichen. Wer sich durch den Anfang quält, bekommt hier für den akzeptablen Einstiegspreis von ca. 30€ ohne monatliche Kosten oder Pay2Win eine einzigartige Multiplayer RTS-Experience geboten, die zum Glück immer seltener durch eine unnötig in die Länge gezogene MMO-Experience unterbrochen wird. Von den höher preisigen Paketen ist allerdings absolut abzuraten.

Genre: RTS/Hack’n’Slay
Entwickler: Phantagram
System: PC
Erschienen: 14. November 2019
Preis: ca. 30 Euro

 

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