Review: Formula Legends
Entwicklungsgeschichte, Formel-1-Nostalgie und Lizenz-Kuddelmuddel
Formula Legends stammt vom italienischen Indie-Studio 3DClouds, das schon mit Titeln wie All-Star Fruit Racing oder Transformers: Galactic Trials Erfahrung sammelte. Diesmal hat man sich offenbar den Traum erfüllt, ein eigenes F1-Spiel zu machen – allerdings abseits der offiziellen Lizenz. Heraus kam ein kunterbuntes Rennspiel, das vom ersten Rennen an ein ganzes halbes Jahrhundert Formel-1-Geschichte nachzeichnet. In einem großen Story-Modus brettert man durch klassische Dekaden von den 1960ern bis heute (insgesamt 95 Rennen!), erlebt den Wandel der Boliden – von hitzigen V12-Oldtimern bis zu modernen Hybrid-Monstern – und genießt nostalgische Sepia-Filter oder PS2-Ästhetik (je nach Ära). 3DClouds bezeichnet Formula Legends selbst als “Sim-Cade”-Racer – also Arcade-Gameplay mit einigen realistischen Elementen – und das merkt man: Trotz Comic-Optik und überschaubaren Sessions steckt deutlich Formel-1-DNA unter der Haube.
Mangels offizieller FIA-Lizenz darf man natürlich weder die echten Team- und Fahrernamen noch originalgetreue Strecken verwenden. Ein lustiger Kompromiss: Alle Namen klingen „dem Original so nah, dass Fans sofort schmunzeln“. Aus „Max Verstappen“ wird Max Wubor, Hamilton heißt Luis Hammerton und Bottas wird zum beliebten Batteri Voltas. Auch Teamnamen verraten ihre Herkunft (Merkseds statt Mercedes, Ferenzo statt Ferrari) und Kurse sind nur winkelig an echte Strecken angelegt (Monaco als „Riviera Streets GP“ mit Tunnel und Hafen, Spa als „Ardennen GP“ usw.). Dieser sympathische Umgang mit den Marken ist fast punkrock: Formula Legends zeigt, wie man ohne Lizenz-Vertrag ein bunter Schatzkästchen voller Formel-1-Anspielungen abliefert.
Fahrspaß und Arcade-Strategie
Unter der farbenfrohen Oberfläche entpuppt sich Formula Legends als ein Arcade-Racer mit Tiefgang. Die Steuerung ist grundsätzlich simpel und recht flott – gerade auf Easy mit Fahrhilfen lassen sich Runden leicht durchbrettern – doch wer es anspruchsvoller mag, schaltet hoch. Schon auf Normal wird das Rennen plötzlich richtig knifflig: Streckenkenntnis und Bremspunkte sind hier gefragt. Der Schwer-Schwierigkeitsgrad setzt das noch eine Schippe höher und belohnt fehlerfreie Runden mit Podiumsplätzen. Tatsächlich sind die KI-Kollegen ziemlich aggressiv: Sie teilen sich kaum mal Fairplay, und anfangs gibt es viele Berührungen, bei denen man tendenziell den Kürzeren zieht – typisch Arcade-Flair mit eigenwilliger KI. Insgesamt ist das Handling eher „spielzeughaft“ als simulationstreu; nach einigen Runden findet man aber seinen Rhythmus und zischt mit den karikaturesken Flitzern spielerisch durch die Kurven. Ein Schadensmodell gibt es, aber eher als Balken, der langsamer wird, statt Einzelteile abzurauchen.
Für Strategen bietet das Spiel etliche echte F1-Elemente: Verbrennende Reifen, Liter sinkenden Tank, dynamischer Regen – all das beeinflusst die Rennen. Eine klassische Stadioninszenierung mit Reifenmanagement entsteht: Man muss abwägen, ob man die Gummis bis zum Schluss quält oder lieber einen Zwischenstopp einlegt. Apropos Boxenstopp: Hier versteckt sich ein kleines Minispiel, das an die frühen PlayStation-F1-Titel erinnert. Man muss in schneller Folge Tastenfolgen treffen und per Schultertaste nachtanken bzw. reparieren, schließlich per Stick-Klick wieder losrasen. Je besser man das Timing hinbekommt, desto mehr Zeit gewinnt man im Rennen – und diese Mischung aus Fingerspitzengefühl und Taktik macht richtig Laune. Wirklich strategisch wird es bei wechselnden Streckenbedingungen: Regen ist nicht nur Deko, sondern zwingt zu Reifentaktik, und wer zu spät zum neuen Slick greift, darf sein Auto mit Knallpumpe über den Kurs schieben. Andererseits kennt Formula Legends auch humorvolle Perks bei den Fahrern (bessere Bremsen, schnellere Boxenstopps, verringerter Reifenverschleiß), was dem Ganzen noch eine zusätzliche taktische Note verpasst.
Natürlich spielt sich jede Epoche unterschiedlich: Alte Boliden ohne ABS oder Traktionshilfe sind unbequem, und in den frühen Jahren geht es noch ohne DRS-ähnliches BRS-System zur Sache. Moderne Boliden mit ERS-Powerakkus dagegen haben mehr Grip und einen Boost auf Abruf. Das sorgt dafür, dass alte Autos langsamer und schwerer zu fahren sind, was dem Renngefühl eine schöne Authentizität verleiht. Andererseits sind einige dieser „Sim“-Elemente nicht perfekt ausbalanciert: Harsche Strafen für Streckenabkürzungen spürt man sofort (gerade im Karriere-Modus), während etwa das Reifenthema zuweilen erstaunlich harmlos wirkt – man kann überraschend lange auf Trockenreifen im Regen fegen, ohne gleich abzufahren. Diese teils ungleich gewichte Mischung macht Formula Legends schwer einzuordnen: Mal fühlt es sich an wie ein knackiger Arcade-Racer, mal wie ein halbherziger Simcade.
Grafik, Sound und Technik
Technisch erinnert Formula Legends an PS2-Ära: Die 3D-Modelle sind klein und kantig, die Piloten tragen überdimensionale Helme – insgesamt entsteht ein knuffiger Cartoon-Look. Die Farben sind knallig, die Streckenstimmung altersgerecht inszeniert (Vintage-Rennen mit Sepia-Filtern, späterer Zeitgeist mit sauberen, klaren Texturen). Die liebevolle Optik transportiert Nostalgie, doch die Texturqualität erinnert oft an „Gearbox von vor zwei Konsolengenerationen“: Es gibt gelegentlich starkes Pop-in von Streckenelementen und das Nachladen von Asphalttexturen, das beim Fahren ins Auge fällt. So erlebt man manchmal kurzzeitig unscharfe Böden oder grobkörnige Umgebung, bevor alles wieder nachlädt. Die Framerate auf PC (und PS5/Xbox) ist ansonsten überwiegend stabil – wir selbst hatten beim Test auf PC keine nennenswerten Einbrüche. Aber auf der Switch zeigt sich das Spiel richtig gehend vor Legacy-Truck: Viel Pop-in, stark reduzierte Auflösung und fehlende analoge Trigger erschweren dort das Spielerlebnis massiv. Vorzug also den leistungsstarken Plattformen!
Der Sound liefert erwartungsgemäß viel Retro-Charme: Sportliche Motorengeheul-Samples aus verschiedenen Epochen lassen nostalgische V10-Walzen erklingen, und die kleinen Soundeffekte wirken bewusst simpel. Ein paar Reviews bemängeln Tonfehler (Motorensound verschwindet ab und an komplett), doch allgemein passt die akustische Untermalung zum Comic-Stil. Unterstützt wird das Ganze von einer peppigen Menü-Musik und gelegentlichem Funkgequatsche – nichts Revolutionäres, aber zweckmäßig.
Versionen für PC, PS5, Xbox und Switch
Wir haben Formula Legends auf dem PC gespielt, doch es ist ab Release auch auf PlayStation 5, Xbox Series X|S und Nintendo Switch verfügbar. Die Konsolenversionen sind bis auf die Switch technisch vergleichbar mit dem PC. Auf PS5 und Xbox liefen die Rennen in unserem Test ruckelfrei, die Ladezeiten waren kurz und die Steuerung über Gamepad präzise genug. Hinsichtlich Grafikqualität konnte die PS5 sogar noch etwas brillieren, wie ein Tester zusammenfasst: „Sehr gute Leistung auf PS5, klare Optik, kaum wahrnehmbares Pop-In“.
Anders die Switch: Hier leidet die Darstellung deutlich. Das Gerät pumpt die Auflösung massiv herunter und Texturen laden träge nach, wenn man um Ecken fischt. Auch das Steuergefühl wird auf der Handheld-Dock-Version gedämpft, weil es keine analogen Trigger für Gas/Bremse gibt. Unser Tipp: Für den vollen Spaß lieber zu PC, PS5 oder Xbox Series X|S greifen – und für Switch-Fans auf einen möglichen Switch 2-Patch hoffen.
Multiplayer oder anderweitige Abwandlungen fehlen auf allen Plattformen: Formula Legends bietet nur Einzelspieler-Rennen und Challenges gegen die KI. Keine Splitscreen-Duelle, keine Online-Mehrspieler-Partien – das muss man einfach akzeptieren. Als Mini-Arcade-Game mag das verkraftbar sein, trotzdem wäre insbesondere im lokalen Mehrspieler ein unterhaltsamer Bonus gewesen.
Fazit:
Wertung: - 7.5
7.5
Ein spaßiges Renn-Floss mit viel Nostalgie, das aber noch etwas Feinschliff braucht.
Formula Legends ist eine charmante Liebe-erklärung an den Grand-Prix-Sport für Nostalgiker und Rennspielfans. Die kunterbunte Grafik und die Parodien auf all die berühmten Fahrer und Strecken sorgen für einige Lacher und untermalen das Retro-Feeling. Unter dieser Schale findet sich überraschend viel echte Rennspiellogik: Reifenmanagement, Kraftstoff, Wettereffekte und ein spaßiges Boxenstopp-Minispiel machen die Rennen abwechslungsreich. Wer einfach nur bretthartes Arcade-Rasen erwartet, bekommt hier sogar taktische Tiefe und vielen Content geboten – Formula Legends entpuppt sich als „Arcade-Rennspiel mit Tiefgang“. Allerdings leidet das Spiel unter einigen Kinderkrankheiten: KI-Verhalten und Fahrphysik sind inkonsistent, Steuerung wirkt mitunter schwammig, und ohne Multiplayer sitzt man oft allein auf weiter Strecke. Technisch gibt es Stellenhiebe (Textur-Pop‑In auf schwächeren Systemen, gelegentliche Sound-Aussetzer), und einige Balancing-Stolpersteine (zu schneller Reifenverschleiß, zu starke Strafen) dämpfen den Spielspaß. Wir selbst hatten unsere Runden trotzdem gern: Wenn mal alles passt – wir gegen ein paar KI-Gegner bei einsetzendem Regen, strategisch im richtigen Moment reingeholt – dann macht Formula Legends tatsächlich Freude.
Entwickler: 3DClouds
Erscheint: erhältlich
System: PC, PlayStation 5, Xbox Series X|S, Nintendo Switch
Preis: ca. 20 Euro









