Review: Disney Epic Mickey: Rebrushed
Große Erwartungen sind tückisch, darüber wurden schon Lieder und Romane – unter anderem von Charles Dickens – geschrieben. Das traf auch auf Epic Mickey (bei uns als Micky Epic erschienen) zu, als es im November 2010 exklusiv auf der Nintendo Wii erschien. Da traf künstlerische Ernüchterung ein digitales Spiel, das von Deus Ex-Mastermind Warren Spector kreiert wurde. Vor allem durch dessen Abkehr von einer anfangs angedachten, erwachsenen und düsteren Steam-Punk-Atmosphäre. Herausgekommen war dennoch ein tolles Spiel, das mit Micky Epic: Die Macht der 2 auf Wii, PlayStation 3, Xbox 360, Microsoft Windows, PlayStation Vita und Wii U sowie Epic Mickey: Power of Illusion am 3DS sogar zwei sehr schöne Nachfolger erhalten hat. Mit Disney Epic Mickey: Rebrushed erscheint nun ein Remake des Original Spiels für alle aktuellen Systeme, das alles ist, nur sicher kein Grund, die Hände von Micky Maus’ Pinsel zu lassen!
Obgleich erste Konzeptzeichnungen ein dunkles, gruseliges Micky-Spiel, mit einem durchaus stellenweise fies charakterisierten Nagetier-Hauptdarsteller versprachen, war das Endergebnis damals auf Massentauglichkeit und auf die Bedürfnisse des typischen Disney-Publikums zugeschnitten. Genau hier setzt auch das Remake an, das von der Wiener Entwicklerschmiede Purble Lamp maßgeblich entwickelt wurde.
Willkommen im Wasteland der Disney Animations Sudios
Das Wasteland, also die Welt, in die aussortierte Figuren aus der famosen Zeichentrickschmiede abgeschoben werden, wird von einem dunklen Phantom und einem verrückten Wissenschaftler bedroht. Oswald, der einen Groll gegen Micky hegt, weil der ihn vor Jahren vom Thron als Disney-Maskottchen gestoßen hat, ist aber seinem Namenszusatz entsprechend ein „glücklicher Hase“ und hilft seinem „Rivalen“ nach anfänglichen Differenzen schon bald auf seiner Reise. Die führt das rote Hosen tragende Mäuschen durch drei verschiedene Welten mit jeweils unterschiedlichem Gameplay (siehe Kästen), die allesamt an Orte aus den Disneyland-Vergnügungsparks angelehnt sind – auch wenn sie von Oswald in Ermangelung geeigneter Baustoffe aus Müll zusammengezimmert und von einer Flut Farbverdünner ramponiert wurden. Außerdem warten einige Level auf euch, die stark von einigen klassischen Micky Maus Cartoons inspiriert wurden. Da darf „Oh, What a Knight“ genauso wenig fehlen wie „Alpine Climbers“ oder natürlich Mickys erster Auftritt „Steamboat Willie“.
Je nachdem, ob ihr euch in einer Hub-, Action- oder Reise-Welt befindet, gilt es deshalb, die Fähigkeiten von Micky einzusetzen – wobei abseits vom Springen, Laufen und einer Wirbelattacke auch einiges an künstlerischem Talent (nun ja, eigentlich eher Zielgenauigkeit) von euch verlangt wird.
Es gilt Gegner sowie Objekte mit Lösungsmittel oder Farbe zu bespritzen. Das macht die vorwitzige Maus nun indem ihr zielt und dann den richtigen Button für für den Verdünner oder die kolorierende Flüssigkeit drückt. So füllt ihr dann transparente, kaum mehr zu erkennende Dinge in der Spielwelt oder löscht farbige einfach wieder aus ihr heraus. Hin und wieder ist es zwar schwer, den Unterschied zwischen färb- und unveränderbarer Umgebung auf den ersten Blick zu erkennen, euer Vorrat an Farbe und Lösung geht aber nicht so schnell zur Neige, sodass ihr dem fröhlichen Kleckern und Löschen auf die experimentelle Weise frönen dürft. Hindert euch eine versperrte Tür am Durchschreiten? Dann radiert sie einfach aus der Geschichte; und fehlt euch eine Brücke zum Überqueren eines Flusses, ist dies nach etwas Pinselarbeit ebenfalls kein Problem mehr! Ähnliches gilt für böse Kerle, die in Form von monströsen Robotern und teuflischen Tintentypen durch die Lande ziehen. Mauseschlaue Gamer schicken den schwarzen Kleckswidersachern, die sich in puncto Kleidung witzigerweise an den jeweiligen Levels orientieren, jedoch solange einen Schwall Farbe entgegen, bis auch diese Couleur zeigen und fortan für Micky kämpfen. Ihr habt die Wahl: Auch ein gelöschter Gegner macht keine Zores mehr, allerdings führt der exzessive Einsatz einer der beiden Flüssigkeiten – vor allem in Bosskämpfen – dazu, dass sich die Story ändert und nur jeweils euer Farb- oder Lösungsmittelvorrat aufgestockt wird. Auch sonst werden zuhauf solche unterschiedlichen Wege zum Erreichen eurer Ziele – wenn auch leicht plakativ – ins Game gepinselt.
Micky kann auch anders …
Abseits des durch eure Entscheidungen veränderten Schlussvideos, profitiert ihr auch während des Spiels, wenn ihr nicht voreilig mit Farbe und Verdünner hantiert. Befreit ihr z.B. eingesperrte Bewohner des Wastelands, eilen diese im späteren Verlauf des Games, etwa in Bosskämpfen, als eure Kavallerie herbei. An anderer Stelle wiederum bleibt es euch überlassen, ob ihr Oswalds Versteck lieber durch die Vordertür betretet, euch mit seinen Schergen auseinandersetzt oder stattdessen eine nicht minder anspruchsvolle Kletterpartie an Fallen vorbei zur Hintertür startet. In den HubWelt-Quests kommt dieses aus Rollenspielen bekannte „Was wäre wenn?“ ebenfalls stark zum Tragen. So helft ihr in einem versumpften Dorf entweder Geistern dabei, die Bewohner zu verschrecken oder ihr macht den Goofyähnlichen Leutchen Mut, indem ihr Laternen illuminiert oder die Courage anheizende Talismane verteilt. Diese Entscheidungsfreiheit regt nach den rund zwölf Stunden Spielzeit zum erneuten Zocken an.
Disney Epic Mickey: Rebrushed bietet viele Verbesserungen in Grafik und Gameplay
Das Purble Lamp es versteht die Magie von klassischen 3d Jump’n Runs einzufangen, konnten sie bereits in SpongeBob SquarePants Battle for Bikini Bottom – Rehydrated und dessen Nachfolger SpongeBob SquarePants the Cosmic Shake eindrucksvoll unter Beweis stellen. Und so bekommen wir auch hier eine tolle moderne Version von Epic Mickey inklusive vieler grafischer Verbesserungen und kleiner wohltuender Gameplay-Ergänzungen. Die Grafik dieser Version sieht großartig aus und verbessert die Optik des Spiels drastisch. Das Team hat den ursprünglichen Stil wunderbar respektiert und die Verbesserungen verstärken ihn nur noch. Bessere Texturen, lebendigere Farben, stilvolle Effekte und Feinschliff fallen sofort auf, und auch die Benutzeroberfläche wurde leicht überarbeitet, um moderner zu sein. Wir haben das Spiel sowohl am Windows PC als auch am Steam Deck getestet und in beiden Fällen habt ihr es hier mit einer echten Jump´n Run-Perle zu tun.
Wer übrigens das ursprünglich auf der Wii erschienene, Spiel wieder mit Bewegungssteuerung erleben möchte, sollte zur Version für die Nintendo Switch greifen. Da habt ihr nämlich die Möglichkeit, eine daran angelehnte Steuerung optional zu aktivieren. (Hanns Peter Glock/Michael Furtenbach)
Fazit
Wertung - 8
8
Wie schon das Original von 2010 ist auch Disney Epic Mickey: Rebrushed eine Liebeserklärung an Mickey Mouse und die klassischen Walt Disney Cartoons. Jeder ist mit Mickey aufgewachsen, und während einige zu alt sind, um sich an die frühen Tage des Hauses der Maus zu erinnern oder sie überhaupt zu kennen, ist dies eine wunderschöne Hommage, die den Spielern die Augen für eine vergessene Zeit öffnet. So haben es mir vor allem auch die Cartoon-Levels angetan. Basierend auf alten Zeichentrickfilmen wie "Mickey and the Beanstalk" und "Steamboat Willie" spielt man diese in feinsten 2,5D-Sidescrolling-Segmenten, die wunderschön sind und die Animationen so verändern, dass sie wie die älteren Filme mit einem frischen Anstrich aussehen. Disney ist im Jahr 2024 mit Franchises wie Marvel, Star Wars, Frozen & Co unter seinem Dach ein übergroßer Entertainmentkonzern. Aber damals war alles noch viel einfacher, und es ist herzerwärmend, die Fundamente der Firma auf eine ganz neue Art zu sehen und erleben zu können.
Entwickler: Purple Lamp
System: PlayStation 5, Nintendo Switch, PlayStation 4, Xbox One, Xbox Series, GeForce Now, Microsoft Windows
Erscheint: erhältlich
Preis: ca. 60 Euro
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