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Review: Detroit: Become Human

Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen....

Im ersten PS4-Abenteuer von Quantic Dream geht das französische Entwicklerstudio konsequent seinen Weg der letzten Jahre weiter – mit einem interaktiven Film-Adventure, das man so noch nicht gesehen hat und auch seine Vorgänger Heavy Rain und Beyond: Two Souls in den Schatten stellt. Hat man die Geschichte das erste Mal erlebt, fühlt man sich nach elf bis zwölf Stunden jedoch nicht so, als hätte man gerade einen Hollywood-Film gespielt. Denn Detroit: Become Human erinnert eher an eine dichte Fernsehserie, wie sie Netflix regelmäßig veröffentlicht. Eine spannende Story rund um ein gesellschaftspolitisch heftig diskutiertes Thema. Charaktere, die eine glaubhafte Entwicklung durchmachen, und verschiedene Handlungsbögen, die nach und nach ineinander verwoben werden.

Im Jahr 2038 hat sich die Welt grundlegend verändert. Schon heute bestimmen Algorithmen und künstliche Intelligenzen zunehmend unser Handeln. Weitere wissenschaftliche Durchbrüche zeichnen sich bereits am Horizont ab. In der Welt von Detroit: Become Human haben Androiden viele Aufgaben des täglichen Lebens übernommen. Hausarbeit, Unterhaltung, Müllabfuhr, Militär. Viele Berufe werden kaum noch von Menschen ausgeübt. In Detroit, einst die Hauptstadt der Automobilindustrie, werden in den großen Werkshallen von Cyber-Life nun diverse „menschliche“-Robotermodelle gebaut. Was der Stadt und auch vielen Menschen neuen Wohlstand und Erleichterungen gebracht hat, hat auf der anderen Seite auch viele Verlierer in der Gesellschaft produziert.

Kara (Valorie Curry), ein Hausmädchen-Androide baut eine ganz besondere Beziehung zu ihrem Schützling auf.

Menschen, die nun für all ihre Probleme Androiden verantwortlich machen. Diese werden wie eine neue Sklavenrasse gehalten, doch im Herbst 2038 kommt es zu immer mehr Fehlfunktionen, mehr und mehr Androiden entwickeln einen eigenen Willen. Ja, ein eigenes Bewusstsein.

„Von allen Berufen auf der Welt gibt es nur einen einzigen, der mir gefallen könnte.“ (Pinocchio im Dialog mit der Sprechenden Grille)

Das Spiel teilt sich in unzählige Szenen mit den drei Hauptcharakteren. Diese sind teilweise unabhängig, teilweise vernetzt und verzweigt und bauen wie ein Kartenhaus aufeinander auf. Ihr schlüpft in die künstliche Haut von Connor (Bryan Dechart), einen außer Kontrolle geratenen Androiden jagenden Androiden, der die Polizei von Detroit unterstützen soll. Kara, ein Hausmädchen-Androide, der zum Putzen, Kochen, Aufziehen der Kinder und der Befriedigung sonstiger Bedürfnisse seiner Besitzer erschaffen wurde. Beeindruckend von The Following-Star Valorie Curry verkörpert, wird diese in einen zerrütteten Haushalt in den heruntergekommenen Vororten von Detroit geschickt. Dort soll sie den Haushalt eines labilen und drogenabhängigen Vaters und seiner Tochter schmeißen. Bald wird die Aufgabe, die Sicherheit beider Schutzbefohlenen zu garantieren und gleichzeitig gehorsam zu bleiben, jedoch zu einem Widerspruch in sich.

Zu guter Letzt ist da noch Markus: Verkörpert und vertont von Jesse Williams, ist er einer der ersten Androiden, die ungewollt Bewusstsein erlangen. Von der Art, wie Androiden behandelt werden angeekelt, entfacht er eine Revolution und versucht, das Bewusstsein in so vielen seiner Kollegen wie möglich zu wecken. Ob diese jedoch zivilisiert und pazifistisch oder gewalttätig und mit jeder Menge Kollateralschaden abläuft, liegt in eurer Hand. Sind die drei Schicksale zu Beginn noch getrennt, kann, aber muss es nicht sein, dass diese im Laufe des Abenteuers eng verknüpft werden. Oft sind es kleine Entscheidungen, die das Spiel später in eine ganz andere Richtung treiben lassen. Das beginnt schon mit der allerersten Szene und endet bei der allerletzten.

Hank Anderson (Clancy Brown) ist der menschliche Partner von Connor.

„Ein Jammer, dass sie nicht leben wird… aber wer tut das schon?“ (Gaff in Blade Runner)

Ihr solltet gerade beim ersten Durchgang der Geschichte nach eurem persönlichen Gefühl alle Entscheidungen treffen und nicht nach der „Was will der Entwickler von mir“-Logik. Das führte in unserem Fall zwar zu einem absoluten Fiasko und einem extrem deprimierenden Ende, wir hatten jedoch einen sehr starken „Das ist unsere Geschichte“-Eindruck. Sollte man durch seine Entscheidungen dann doch nicht mit Selbstzweifel enden, hat man die Möglichkeit, in einzelne Kapitel zurückzuspringen und sich dort anders zu entscheiden.

Dies sollte man erst nach dem ersten Durchspielen tun, da man sich sonst viel von dem intensiven Erlebnis nimmt, wenn man sich darauf einlässt. Egal, wie ihr euch entscheidet, in den ersten zwölf Stunden werdet ihr nur einen Teil des Spiels zu Gesicht bekommen. Nicht nur mehrere komplett verschiedene Enden warten auf euch, auch viele Verzweigungen erlebt ihr nur, wenn ihr euch an gewissen Punkten anders entscheidet. Redet ihr nach dem ersten Durchgang mit einem Freund, der das Spiel auch gespielt hat, ist die Chance sehr groß, dass ihr ein komplett anderes Spielerlebnis hattet.

Markus pflegt den an den Rollstuhl gefesselten Carl (Lance Henriksen).

„Null Komma sechs acht Sekunden, Sir. Für einen Androiden ist es fast eine Ewigkeit!“ (Lt. Commander Data in Star Trek: Der erste Kontakt)

Ihr habt die Wahl, ob ihr das Game mehr als interaktiven Film erleben oder lieber mehr herausfordernde Videospiel-Elemente meistern möchtet. Habt ihr euch für ersteres Entschieden, steht euch das Spiel in vollem Umfang offen, es ist nur deutlich leichter und ihr werdet seltener einen der Hauptcharaktere durch dessen Tod verlieren.

Die direkte Steuerung der Bewegung erinnert stark an die bisherigen Quantic Dream-Adventures und nutzt den PS4-Controller inklusive Bewegungssteuerung und Touchpad sehr gut aus. Dabei werden alle Tätigkeiten per Quicktime-Events ausgelöst. Diese können neben dem einfachen Knopfdruck auch Bewegungen der Sticks beinhalten und passen perfekt für die Steuerung der interaktiven Sequenzen.

Egal, wie ihr euch entscheiden werdet, in den ersten 12 Stunden werdet ihr nur einen Teil des Spiels zu Gesicht bekommen.

Technisch beeindruckt Detroit: Become Human mit einer unglaublich realistischen Grafikpracht, die sicherlich zum Besten gehört, dass ihr auf der PS4 zu Gesicht bekommen werdet. Über 300 Darsteller waren an diesem Projekt beteiligt, darunter einige bekannte TV- und Filmschauspieler. Zum Beispiel verkörpert Lance Henriksen (Androide Bishop in den Alien-Filmen) einen an den Rollstuhl gefesselten berühmten Künstler, der von Markus gepflegt wird. Großartig ist auch Clancy Brown (Thor: Tag der Entscheidung), der als Polizist Hank Anderson der menschliche Partner von Connor wird.

Diese fangen Mithilfe modernster Motion-Capture-Verfahren nicht nur realistische Bewegungen für Spiel- und Zwischensequenzen ein, vor allem die Emotionen der Charaktere werden unglaublich gut vermittelt. Immer wieder reißt euch das Spiel regelrecht mit und stellt bei euren Entscheidungen das Gewissen auf die Probe. Doch das Spiel sieht nicht nur unglaublich gut aus, es hört sich mindestens genauso gut an. Ihr könnt zwischen mehreren Sprachen und Untertiteln auch während des Spiels wechseln. Die deutsche Tonspur kann mit Profi-Synchronsprechern überzeugen, jedoch bekommt ihr natürlich im englischen Original nicht nur die meisten Originalstimmen der Schauspieler, sondern vor allem auch den Ton, der während der Motion-Capture-Szenen aufgenommen wurde. Das klingt noch einmal deutlich besser und kann auf Wunsch auch mit deutschen Untertiteln unterlegt werden.

Ein Audio-Review zu Detroit: Become Human erwartet euch in der kommenden Episode des SHOCK2 Podcast, eine Nachbesprechung folgt in Gameminds 23.

Gewinnspiel: Wir verlosen 2 Mal Detroit: Become Human für PS4

Fazit

Wertung - 9

9

Perfekte interaktive Filmkost!

Was für ein Erlebnis! Detroit: Become Human hat mich immer wieder gepackt und als ich nach rund zwölf Stunden erstmals eines der Enden gesehen hatte, war ich regelrecht aufgewühlt und konnte gar nicht glauben, dass es so zu Ende gehen sollte! Inzwischen habe ich drei komplett andere Enden und einige zuvor nicht erlebte Stränge gesehen und bin begeistert. Nicht klassisches Gameplay ist die Stärke dieses Adventures. Es ist die Story, die es mit ihren sehr unterschiedlichen Charakteren und seinen verzweigten und vernetzen Ereignissen immer wieder schafft, dass der Spieler seine Handlungen zu hinterfragen beginnt. Hätte ich mich in der Realität anders entschieden? Wie würde unsere Gesellschaft reagieren? Quantic Dream hat hier einen großen Schritt in die Richtung „perfekter interaktiver Film“ getan, noch dazu mit einem brandaktuellen gesellschaftspolitischen Thema.

Genre: Adventure
Entwickler: Quantic Dream
System: PS4
Erscheint: 25. Mai 2018
Preis: ca. 70 Euro

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