Review: College Football 25
Auch wenn American Football, vor allem durch die NFL, aber auch die immer populärer werdende ELF (European League of Football) in unseren Gefilden immer beliebter wird, hat sich College Football bei uns noch nicht gar so viele Anhänger gefunden. Das spiegelt sich auch darin, dass es die Videospielvariante bei uns offiziell nie gab und importiert werden musste. Nach 2014 wurde diese Reihe überhaupt aufgrund rechtlicher Diskrepanzen vorerst eingestellt.
Es hat nur 10 Jahre und eine Vereinbarung mit 11.000 Athleten gebraucht, die vorsieht, dass alle Spieler in College Football 25 eine Kopie des Spiels sowie 600 Dollar erhalten, um die in Übersee sehr beliebte Reihe wieder zu starten. Wie sehr die Spielerschaft nach dem Titel gelechzt hat, wird wohl auch daran sichtbar, dass rund 2,2 Mio. mal die rund 100 Euro teure Deluxe-Version gekauft wurde, die fünf Tage Vorab-Zugang ermöglichte. Eine Praxis die vielen sauer aufstösst, aber zumindest in diesem Fall wurde sie mit Handkuss angenommen, dankbar war dabei sicher auch EA Sports.
Ist ja auch nur Football?
Ich möchte hier jetzt gar nicht im Detail auf die Unterschiede zwischen der NFL und College Football eingehen, wobei gerade College Football 25 diese wunderbar eingefangen hat. Der Sport lebt von seinen Traditionen, Emotionen, der Bindung der Fans zu den über 100 Schulen die in vielen Conferences um die National Championship und viele andere, weniger wichtige Titel und Bowls wetteifern. Der Sport mag der gleiche sein, aber gerade die Unterschiede machten die Spielereihe schon vor 10 Jahren populär und entlocken den von Madden Football gebeutelten Fans Jubelschreie. Allein der Umstand, dass schon eine einzige Niederlage den Unterschied zwischen einer guten und einer phänomenalen Saison ausmachen kann, sorgt ständig für Spannung pur.
Da weht ein frischer Wind
So wirkt vor allem das Gameplay am Feld wesentlich frischer und schneller, als es bei Madden der Fall ist oder jemals war. Nicht nur, dass die Playbooks klarerweise an die andere Spielweise am College angepasst ist, die Spieler wirken durch die Bank agiler und flinker. Das Spiel muss sich jedoch klar den Vorwurf machen lassen, dass es auf eine spektakuläre Offense abzielt und die Defense dadurch scheinbar ein wenig zurückgehalten wird. Da machen die überarbeiteten Moves wie der Spin oder der Juke zwar gleich noch mehr Spaß. Physikalisch korrekte Dackels, wie sie das neue Madden verspricht gibt es zwar noch nicht, diese wirken aber meist sehr passend.
Komplett neu, aber nur eine Randnotiz wert, ist das neue Kicking-System, bei man nun zwei Anzeigen gut getimed beachten muss. Fragt mich nicht warum, aber es fühlt sich wertiger und fordernder an, als die herkömmlichen Systeme und ist definitiv schwieriger.
Einer kleinen, aber sehr willkommenen Überarbeitung wurde das Hot-Route System unterzogen, hier gibt es nun 4 neue Hot-Routes. Auch der O-Line können nun mehr Kommandos vor dem Spielzug erteilt werden, wobei man nun zum Beispiel ganz gezielte Double-Team Blocks setzen kann oder die Line auch um Halbschritte shiften kann. Das ist auch bitter nötig, da Blitzes in College Football 25 oft und sehr gefährlich eingesetzt werden.
Emotion, Liebe, Hingabe
Was College Football 25 aber am meisten von Madden Football abhebt sind die vielen Eigenheiten der Colleges. Da hat jedes Team seinen ganz speziellen Einlauf, die richtige Musik, das richtige Maskottchen und auch das Publikum macht beliebte Gesten der jeweiligen Mannschaften. Da wird schon mal eine Kanone nach einem Touchdown abgefeuert oder ein lizenzierter Track abgespielt, ganz wie in den realen Vorbildern. Hier hat EA Sports viel Liebe ins Spiel fliessen lassen, was man so gar nicht gewohnt ist. Aufgrund der Vielfalt gab es da zu Beginn noch einige kleine Fehler, wie alte Logos und dergleichen, die aber laufend korrigiert werden und schon auch schon wurden.
Bekannte Modi mit Licht und Schattenseiten
Bei den Modi hält man sich die Treue und erfindet das Rad nicht neu, verfeinert jedoch an einigen Stellen, an anderen hätte ein wenig Feedback von Fans nicht geschadet. Im Dynasty Modus übernimmt man als Coach die Geschicke einer Mannschaft, spielt Saisonspiele, kümmert sich um seinen Roster und kümmert sich vor allem ums Recruiting neuer, vielversprechender Talente. Dieses System wurde etwas überarbeitet, funktioniert wunderbar und macht auch Spaß, kann aber Neueinsteiger etwas überfordern. Dankenswerterweise kann man das Recruiting aber auch automatisieren, wobei dann die neuen Spieler nicht so gut sind. Außerdem gilt es noch die Coaches zu verbessern, damit diese entweder besser motivieren, mehr Erfarungspunkte bei Matches rausholen oder bei der Rekrutierung neuer Talente effektiver sind.
Der zweite große Modus ist Road to Glory, bei dem man einen Quarterback, Runningback, Receiver, Cornerback oder Linebacker übernimmt und durch seine Collegekarriere begleitet. Dazu gilt es vorher zu entscheiden, ob man gleich mit einem Superstar oder einem weniger talentierten Spieler beginnt, was einem Schwierigkeitsgrad gleich kommt und natürlich beeinflusst, ob man zu einem besseren oder schlechteren College kommt. Nach der Wahl der Schule gilt es dann zu trainieren, zu spielen und Woche für Woche Energiepunkte in Aktivitäten zu stecken, die einen voran bringen und helfen besser zu werden. Dabei gilt es zu entscheiden, ob man sich um seinen Trainingsfortschritt kümmert, seine Rolle als Teamleader vorantreibt, auf den Erhalt von Skillpunkten achtet oder auf seinen akademischen Fortschritte setzt. Lässt man sein Studium schleifen, kann es sein, dass man nicht spielen darf, ganz wie in der Realität.
Besonders wichtig ist aber das Vertrauen des Coaches. Umso mehr man davon genieß, umso mehr Spielzeit bekommt man und hat auch dementsprechend Mitspracherecht bei den Spielzügen. Muss man zu Beginn die Spielzugauswahl noch stillschweigend hinnehmen, darf man mit dem Zuwachs an Vertrauen auch einige Spielzüge selbst auswählen. Leider ist die Auswahl hier sehr beschränkt, wobei man dann manchmal zwischen Pest und Cholera entscheiden muss, was mitunter sehr frustrierend sein kann. Das führt mitunter so weit, dass man nicht mal die Richtung aussuchen kann, in die ein Spielzug gespielt wird. Audibles gibt es nur, wenn man nach einem Spielzug direkt eine No-Huddle Offense spielt, nicht gerade logisch. Nichts desto trotz ist der Modus sehr spaßig, fordernd und motivierend, vor allem wenn man sich mit seinem schwächeren Team über die Jahre nach oben arbeitet oder wichtige Spiele gewinnt und am Ende sogar den Sprung in die NFL schafft.
Irgendwer muss das halt auch alles bezahlen
Neben einem spaßigen Online-Modus, in dem man sich in einer Liga nach oben arbeitet und am Ende Playoffs bestreitet, gibt es natürlich auch den bei EA üblichen Ultimate Modus. Wie seit Jahren bekannt, erledigt man kleine Aufgaben, sammelt Punkte und Packs und baut sich so sein Team aus. Da die Packs jedoch mit der zu verdienenden Währung extrem teuer sind und das ganze nur mit extremen Grinden zu stämmen wäre, ist der Modus einmal mehr extremes pay-to-win, möchte man online mithalten. Ist einem das nicht so wichtig, kann man auch offline viel Spaß mit Ultimate Team und den zig Challenges haben.
Auch wenn vieles in College Football 25 verbessert und angenehmer gestaltet wurde, haben es einige Funktionen der 14er Version nicht ins Spiel geschafft. So konnte man damals zum Beispiel auf Knopfdruck die zweite oder gar dritte Garde gesammelt aufs Feld stellen, war man weit in Führung. Das half dabei einfach und schnell schlechtere Spieler aufzuleveln. Was mir auch massiv fehlt, ist die Möglichkeit die Zeit aktiv und flexibel zu beeinflussen, also vor allem zu beschleunigen, möchte man auf Zeit spielen.
Optisch gibt sich College Football 25 nichts, die Spieler sehen noch mal besser aus als bei Madden, vor allem die großen Stadien, es sind ja auch einige aus der NFL dabei, sind sehr beeindruckend. Die Animationen sind alle wunderbar gestaltet, das Spiel läuft auch stets flüssig. Die Zuschauer gingen zwar noch besser, siehe NBA 2K, verbreiten aber dennoch eine tolle Stimmung.
Die Präsentation der Spiele läuft zwar immer noch auf Sparflamme, eine Partnerschaft mit ESPN oder einem anderen potenten Partner ist wieder nicht an Bord. Die Kommentatoren machen aber durch die Bank einen guten Job, wobei auch nur noch Luft nach oben ist.
Pros and Cons
+ Flair von College Football (fast) perfekt eingefangen
+ Dynasty Mode bietet für Liebhaber viel Spieltiefe
+ Road to Glory macht Spaß, ist aber nicht perfekt
+ Gameplay am Feld wirkt flott und frisch
– Dynasty Mode für Quereinsteiger schnell überfordernd
– Möglichkeiten für eigene Entscheidungen in RTG sehr eingeschränkt
– Ultimate Team bleibt online Pay-to-win
Fazit
Wertung - 8.5
8.5
College Football 25 ist für mich auf jeden Fall das Comeback des Jahres. Es vereint den Flair und die Emotion von College Football, mit der Wichtigkeit eines jeden einzelnen Spiels, mit einem tollen Gameplay, an dem sich das kommende Madden messen wird müssen. Die Modi sind zwar sicher nicht perfekt und vor allem für neue Spieler*innen oftmals herausfordernd, bieten aber in so ziemlich allen Belangen eines der besten und grafisch schönsten American Football Spiele aller Zeiten, auch wenn es sich nicht gerade an Neueinsteiger richtet.
Entwickler: EA Sports
System: PS5, Xbox Series X/S
getestet auf: Xbox Series X
Erscheint: bereits erschienen
Preis: ab 70 Euro