HighlightNewsVideogame-ReviewVideogames

Review: Bravely Default: Flying Fairy HD Remaster

Das Remaster eines Klassikers, der einen Klassiker als Vorbild nahm

Die elementaren Kristalle der Welt Luxendarc werden von der Dunkelheit verschlungen – und das Chaos regiert: Der Wind weht nicht mehr, die Meere sind verdorben, die Erde bebt und die Vulkane brechen aus. Doch zum Glück gibt es noch Helden: Die Vestalin des Windkristalls, Agnès Oblige, tut sich mit Tiz Arrior, dem einzigen Überlebenden einer Katastrophe, die sein Dorf vernichtet hat, zusammen, um den Kristallen neues Leben zu geben. Bald schließen sich noch weitere Gefährten der Gruppe an, um die Vestalin zu unterstützen. Das ist auch gut, denn es gibt Mächte in der Welt, die andere Pläne haben …

Fast Final Fantasy

Element-Kristalle? Eine Party von vier? Eine Bedrohung für die Welt? Ja, die Storyline klingt wie ein frühes Final Fantasy – und das verwundert auch nicht, wenn man die Entstehungsgeschichte von Bravely Default kennt: Das Spiel wurde als Sequel zu Final Fantasy: The 4 Heroes of Light entwickelt, bevor man sich entschloss, doch ein eigenständiges Spiel zu erschaffen. Das Resultat erschien 2012 (mit dem Untertitel Flying Fairy) auf dem 3DS in Japan und kam 2013 in einer erweiterten Version (in Japan als For the Sequel, bei uns nur als Bravely Default) auch in den Westen. Später folgten ein Sequel (Bravely Second: End Layer) und eine nicht mit dem Vorgänger zusammenhängende Fortsetzung (Bravely Default II). Und jetzt? Jetzt kehren wir wieder zum Anfang zurück und können mit dem HD-Remaster des ersten Spiels (jetzt auch hierzulande mit dem Untertitel Flying Fairy) noch einmal die Abenteuer von Agnès, Tiz, Edea und Ringabel erleben.

Alt …

In einer Zeit, in der Final Fantasy danach strebt, das JRPG-Genre zu modernisieren und in den Mainstream zu bringen, spielt sich Bravely Default erfrischend altbacken: Die Story ist episch, aber dann doch relativ geradlinig; die Spielwelt wird klassischerweise per Überweltkarte erkundet, bevor man sich in Dungeons oder Ansiedlungen hineinwagt, die ebenfalls aus einer fixen Perspektive erkundet werden wollen. Das mag vor allem Spielern, die mit den frühen Final Fantasy-Spielen (bis inklusive VI) oder ähnlichen Titeln aufgewachsen sind, bekannt und fast nostalgisch vorkommen. Auch das rundenbasierte Kampfsystem, in das euch Zufallsbegegnungen hineinstoßen (man kann die Rate, in der man in den Kampf gezogen wird, praktischerweise per Menü regeln, falls ihr euch nur umsehen oder im Gegenteil lieber Erfahrung und/oder Joblevel grinden wollt), ist vertraut: Eure Helden sind rechts zu sehen, eure Gegner links, pro Runde wählt ihr ohne Zeitdruck eure Aktionen aus (welche das sind, entscheidet euer gewählter „Job“ und jenes sekundäre Skillset, das ihr aus einer andere Klasse, die ihr bereits erlernt habt, hinzufügt), die dann nacheinander ausgeführt werden.

So weit, so klassisch – allerdings kommt hier dann noch der titelgebende Twist mit „Brave“ und „Default“ ins Spiel. Die klassische Vertedigungshaltung heißt hier „Default“ und hat den Zusatzeffekt, dass ihr so einen BravePoint (BP) verdienen könnt. Diese könnt ihr mit „Brave“ wieder ausgeben, um mehrere (bis zu vier) Aktionen in einer Runde durchzuführen. Das erlaubt euch zum Beispiel, euren Heiler geschützt aussetzen zu lassen, bis seine Dienste benötigt werden, oder auf einen schwachen Moment des Gegners zu warten, um dann einen wahren Angriffssturm heraufzubeschwören. Praktischerweise könnt ihr aber bei den BP auch ins Minus gehen und schon in der ersten Runde auf eure Gegner einkloppen, als gäbe es kein Morgen. Wenn das aufgeht – gut. Dann seid ihr die Feinde in nur einem Zug losgeworden und habt optimalerweise keinen Schaden genommen – das gibt Boni. Wenn nicht, habt ihr allerdings ein Problem: Ihr erhaltet nur einen BP pro Runde zurück, und bis ihr nicht auf 0 angekommen seid, müsst ihr aussetzen. Der ideale Zeitpunkt für den Gegner, seinen Angriff durchzuziehen. Es ist dieses Abwägen von Risiko und Belohnung, die Suche nach der richtigen Taktik und der optimalen Partyzusammensetzung für die aktuelle Aufgabe, die den Titel spannend hält.

… und neu

Habt ihr das Original Bravely Default gespielt, wird euch vieles am Remaster bekannt vorkommen – und das ist auch gut so. Das, was den 3DS-Titel zu einem Klassiker gemacht hat, ist auch in der Switch 2-Version vorhanden. Dennoch hat man nicht nur ein wenig an der Grafik geschraubt (auch wenn man gerade bei den simplen, ausdrucksschwachen Gesichtern bisweilen die Handheld-Vergangenheit noch deutlich merkt), sondern musste auch manche Gameplay-Elemente überarbeiten. So gab es im Original mit dem Wiederaufbau von Tizs Heimatdorf ein Minigame mit StreetPass-Elementen – das konnte natürlich nicht 1:1 auf die Switch 2 portiert werden; ähnliches gilt für Freunde, die uns im Kampf unterstützen. Hier musste eine alternative Lösung gefunden werden. Diese Lösung der zu Besuch kommenden Seelen macht nicht ganz so viel Spaß, wie dereinst virtuelle Freunde unterwegs zu treffen, funktioniert aber gut genug, um diese Minispiele zu erhalten.

Im Ausgleich gibt es aber auch zwei neue Minispiele, die wohl auch der Grund sind, warum Bravely Default Switch 2-exklusiv ist: In diesen – einem Rhythmus-Spiel und einem Minigame, in dem ihr ein Luftschiff steuert – kommt nämlich der Maus-Modus der Joy-cons zum Einsatz. Beide sind okay, aber auch keine herausragenden Spielerfahrungen (leider sind die minimale und maximale Encounter-Rate (0% und 400%) an das Spielen dieser Games geknüpft). Und das zeigt vielleicht auch das Problem des HD-Remasters: Bravely Default gilt als echter Klassiker, den man als RPG-Fan gespielt haben sollte. Habt ihr das Abenteuer allerdings schon auf dem 3DS erlebt, gibt es relativ wenig Grund – außer einen weiteren Durchlauf – sich nun auch die Switch 2-Version zu holen. Die Veränderungen sind gering – abgesehen von einer verbesserten Grafik- und Soundkulisse, einigen Quality of Live-Verbesserungen und natürlich einem überarbeiteten Interface; doch im Ausgleich fehlt der Charme von Street Pass in jenen Gameplay-Elementen, die ursprünglich darauf aufbauten, und der 3D-Effekt, der vor allem den Städten den Look eines Pop-Up-Buchs verlieh, nimmt der Grafik ein wenig den Wow-Faktor.

Fazit:

Wertung: - 8.5

8.5

ein Klassiker, aber nicht die definitive Version

Erst vor kurzem fragte mich ein Freund: „Warum hat Square Enix aufgehört, Final Fantasy so zu machen, wie es gut war (seiner Meinung nach bis X), und danach nur noch modernisiert, um sich dem Mainstream anzubiedern, wo doch eigentlich die klassische Formel so viel besser war?“ Meine Antwort darauf führte – unter anderem – zu Bravely Default, das außer im Namen eigentlich ein ganz klassisches Final Fantasy ist – mit allen dazugehörigen Stärken und Schwächen. Wir haben das ein bisschen seicht/klischeehafte, aber stets auf kurzweiligem Zug gehaltene Storytelling (auch wenn das Spiel am Ende einen leichten Durchhänger hat) mit liebenswerten Charakteren; wir haben die klassische Struktur mit Oberwelt, Ansiedlungen und Dungeons. Sogar Items und Zaubernamen sind teilweise ident; es gibt ein Job-System, das uns die Party an ihre Aufgaben anpassen lässt. All das – und noch mehr – macht Bravely Default aus und macht den Titel zu einem Pflichtspiel für all jene, die diese klassische JRPG-Formel vermissen. Dasselbe gilt auch für das Remaster – mit leichten Abstrichen: Die Switch 2-Version beinhaltet all das, was das Original zum Klassiker machte, kann aber auch in der Überarbeitung ihre Herkunft nicht völlig verleugnen (was auf dem kleinen 3DS-Screen in Sachen Gesichtern noch charmant minimalistisch aussah, ist auf dem großen Fernseher nicht mehr genug) und muss als Port vom 3DS damit klarkommen, dass zwei zentrale Features der damaligen Hardware – die 3D-Optik und Street Pass – auf einem modernen System nicht mehr replizierbar sind. Ein Dealbreaker? Nein. Bravely Default ist gut, wie es ist. Dennoch muss man festhalten: Wer das Spiel schon im Original durchgespielt hat, sollte sich den Kauf überlegen. Alle anderen … worauf wartet ihr eigentlich noch?

Genre: Rollenspiel
Entwickler: Square Enix
Erscheint: erhältlich
System: Switch 2
Preis: ca. 40 €

Jetzt bestellen und SHOCK2 direkt unterstützen!

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

Ähnliche Artikel

Überprüfen Sie auch
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"

Aufgrund Deines Blockers zeigen wir SHOCK2 nicht an!

Deaktivieren bitte deinen Blocker

  1. Klicke bitte auf das Symbol Deines Werbe- oder Cookiebanner-Blockers in der oberen rechten Ecke Deines Browsers.
  2. Klicke auf den Regler, der Dir anzeigt, dass Werbung auf SHOCK2 geblockt wird.
  3. Aktualisieren Sie SHOCK2 und genießen sie unsere kostenlose News.
Vielen Dank, dass du mithilfst, dass es SHOCK2 auch in Zukunft geben kann!