Review: Agatha Christie Classics: Hercule Poirots Weihnachten
3. Dezember 1937. In seinen letzten Lebensjahren hatte der reiche Simeon Lee die seltsame Idee, alle seine Kinder zu Weihnachten auf seinem Landsitz im Lake District in Nordengland zu versammeln. Das Problem dabei ist, die Kinder hassen sich alle gegenseitig. Der alte Lee hat sich jedoch in den Kopf gesetzt, sein Testament zu überarbeiten und zwei der einst verstoßenen Kinder wieder einzusetzen. Es macht ihm einen Heidenspaß mit der Familie „schmutzige Wäsche zu waschen“, da es um immense Summen geht und die Spannungen dadurch noch größer werden. Während der Schneefall einsetzt, nutzen einige der Gäste die Gelegenheit, sich auf dem riesigen Anwesen in Gorston Hall kennenzulernen. Da ist zum Beispiel Stephen Farr, der Sohn von Simeon Lees ehemaligem Geschäftspartner. Und da sind auch die Ehefrauen der drei Söhne, George, Alfred und David, die alle um die Gunst ihrer erbenden Ehemänner wetteifern. Da öffnet der Butler Tressilian überraschend die Tür für Harry, einen weiteren abenteuerlustigen Sohn, der seit 20 Jahren verschwunden war, nachdem er seinen Vater teilweise bestohlen hatte. Doch Tressilian öffnet die Tür auch für eine junge Frau spanischer Abstammung, Pilar Estravados, die Tochter der verstorbenen Schwester Jennifer. Bald ist die ganze Familie wieder vereint, um aus leichter Distanz den unerwarteten Mord am alten Simeon mitzuerleben…
Ein perfekter Fall für Hercule Poirot
Es handelt sich um ein neues, klassisches „Whodunit“ von Agatha Christie, dem sich der berühmte Detektiv Hercule Poirot wie bei jeder seiner Ermittlungen hingibt. Das Verbrechen und seine Aufklärung spielen sich erneut vollständig in einem geschlossenen Raum ab, einem Herrenhaus, dessen Abgeschlossenheit durch das schneereiche Wetter und die spärlichen Lichtverhältnisse zur Weihnachtszeit in Nordengland noch verstärkt wird. Eine Großfamilie ist versammelt und alle hassen sich. Jeder wartet ungeduldig auf den Tod des Patriarchen, eines gierigen und ansonsten unsympathischen Typen, um sein Vermögen zu erben. Jeder hat einen guten (finanziellen) Grund, das Erbe zu beschleunigen, indem er ihn tötet… bevor er sein Testament ändert, wie er gleich zu Beginn ankündigt!
In ihrer Adaption erfüllt die französische Comic-Szenaristin Isabelle Bottier die aufeinanderfolgenden logischen Phasen. Die Einführung des Kontexts und die Vorstellung der Protagonisten erstrecken sich zunächst über etwa zwanzig Seiten. Dann „hört“ man den Mord, ohne ihn zu sehen, und man entdeckt den Tatort. Den Rest des Albums verbringt Poirot dann damit, Zeugenaussagen zu sammeln, Beweise zu sammeln, Alibis zu überprüfen, Schauplätze zu analysieren und die wahren Blutsbanden zu verstehen, bevor es zur letzten, überraschenden und unerwarteten Erklärung kommt! – für alle, die den 1938 erschienenen Originalroman nicht gelesen haben oder die sehr gute TV-Adaption mit David Suchet in der Hauptrolle gesehen haben. Zeichner Callixte bemüht sich um eine Vielzahl von Blickwinkeln und Brennweiten, um das Palaver in einem wohlhabenden, reich verzierten Herrenhaus dynamischer zu gestalten. Außerdem betont er die Gesichtsausdrücke der Protagonisten stark. Diese Methode der Theatralisierung dient zweifellos dazu, die Emotionen zu verstärken und die Spuren zu verwischen, aber die Übertreibung schadet der Glaubwürdigkeit: Man hat den Eindruck, dass die Figuren alle ihre Rollen systematisch überspielen, so dass sie den Verdacht auf sich ziehen. Das ist etwas schade, auch wenn dies der Natur der kompakten Comic-Version geschuldet ist.
Meinung:
Ich habe die Roman-Version von Hercule Poirots Weihnachten gerade wieder als Hörbuch gehört und fand es wunderbar, parallel dazu diese Adaption zu lesen. Ich fand sie überraschend getreu. Alle Charaktere sind vorhanden, nur Colonel Johnson wird (aus gutem Grund) ins Abseits gedrängt. Ich nehme an, dass es sonst zu viele Charaktere wären, die man gleichzeitig in Szene setzen müsste. Aber ehrlich gesagt stört das nicht. Poirot und Superintendent Sugden führen die Ermittlungen beide perfekt durch. Was den finalen Twist und die möglichen Hinweise im Text betrifft, so fand ich Callixtes Zeichnungen subtil genug. Man findet Hinweise, wenn man weiß, wo man suchen muss. Aber die Lösung springt nicht leicht ins Auge. Und doch wäre es leicht gewesen, es zu übertreiben. Auch der vierte Band der Agatha Christie Classics im Carlsen Verlag ist eine qualitativ hochwertige Adaption für alle Krimi-Fans!
Seiten: 64 Seiten
Preis: ab 20 Euro
Zeichner: Callixte
Autor: Agatha Christie, Isabelle Bottier
Verlag: Marvel/Panini
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