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Kolumne: Werd’ endlich erwachsen …

Die harschen Worte, die auch gleichzeitig die Überschrift dieser Kolumne bilden, dröhnten durch meinen Kopf. Sie kamen als Entgegnung auf meine Ausführungen über Rayman Legends aus dem Mund meiner Quasi-Mitbewohnerin (eine lange Geschichte) und bohrten sich tief in meine Gehirnwindungen. Ich war erbost. Nicht nur, dass die junge Dame mit dem Hello-Kitty-Faible selbst nicht unbedingt genau das ist, was man allgemein als „erwachsen“ bezeichnen würde, sie hatte auch ein wenig an theoretisch vorhandenen Wunden gekratzt; sofort drängten sich mir einige Fragen auf.

Sind Spiele nur etwas für junge Leute? Kann man irgendwann zu alt dafür sein? Die logische Antwort – überhaupt von jemandem aus meiner Branche – kann da nur „nein“ lauten. Gefühlsmäßig schaut es aber immer ein wenig anders aus. Schwingt doch die jahrelang von der Gesellschaft und durch die Medien indoktrinierte „Massenmeinung“ mit, dass der Mensch irgendwann im Laufe seiner persönlichen Entwicklung das Spielen an sich zurückschraubt und sich auf die „wichtigen“ Dinge des Lebens konzentriert – sprich: Geld verdienen, Haus bauen, Baum pflanzen und ein Kind zeugen.

HALT! 
Wenn es darum geht, bin ich virtuell schon fertig mit der Lebensplanung. Haus, Baum und Geld habe ich in Animal Crossing erledigt und das Kind in  F.E.A.R. 2: Project Origin oder der Fable-Reihe. Aber Spaß beiseite: Ich denke, dass es völliger Humbug ist, wenn man sich von konservativen Normen geißeln lässt und deshalb eventuell keine Videospiele mehr anrührt. Sind diese doch längst von vielen akzeptierte Mittel zur Unterhaltung geworden.

werderwachsen

Heute genieĂźen auch Pärchen jenseits der 30 statt eines Liebesfilms am Abend vor dem Fernseher einfach eine Session The Last of Us und am Wochenende wird schon mal eine Runde Wii Sports gespielt, während Brettspiele (bei denen kein Mensch sagen wĂĽrde, dass man diese als Erwachsener nicht spielen darf!) im Schrank auf bessere Zeiten warten. Wobei ich damit nicht behaupten möchte, dass Videospiele Brettspielen vorzuziehen wären. Beide amĂĽsieren – und das ist gut so.

Ignoranz durch Unwissenheit
Was bringt aber Leute dazu, vorschnell zu urteilen und unser Controller-gestütztes Hobby als Kinderkram abzutun oder ob der Zuschauerhorden bei Messen à la gamescom ignorant den Kopf zu schütteln? Meine Vermutung: Unwissenheit. Kleines Beispiel: Meine Schwester – abgesehen von einem kurzen Faible für das NES-Game Kung Fu – lange Zeit völlige Verachtung für Videospiele versprühend – fiel mit der Wii dem digitalen Spielen anheim und zockte sich später via Kororinpa in Adventure-Gefilde à la Agatha-Christie-Games.

Vielleicht sollte ich auch meiner Quasi-Mitbewohnerin eine zweite Gaming-Chance geben. Das nächste Mal, wenn sie bei mir nächtigt, nötige ich sie einfach zu einer Runde Bomberman oder Ähnlichem. Mal schauen, was dabei rauskommt. Falls sie dann immer noch böswillig über meine Leidenschaft herzieht und meinen Charakter darüber infrage stellt, dann wird es vielleicht Zeit, unsere Freundschaft zu überdenken. Wenn sie sich nicht für Games erwärmen kann, ist das schließlich ihre Sache, aber deshalb lasse ich mir noch lange nicht die Freude an einem Unterhaltungsmedium vermiesen, das mich schon seit gefühlter ewiger Zeit gleichermaßen bespaßt wie Filme, Bücher oder Theater. Ich bleibe Gamer, bis ich sterbe – naja, zumindest so lange, bis ich aussehe wie Snake am Ende von Metal Gear Solid 4.

Wie schaut es bei euch aus?

Hanns Peter Glock

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