Kolumne: Watch Dogs 2: Sequel und Reboot in einem
Watch Dogs ist kein schlechtes Spiel. Dieser Anfang lässt schon vermuten, dass das Abenteuer um Hacker Aiden Pierce die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte. Und doch ist es Ubisoft gelungen, einen komplett neuen Namen zu etablieren. Eine neue Marke konnte sich neben Call of Duty, Mario und GTA in der allgemeinen Wahrnehmung des Mediums positionieren. Das ist viel wert. Viel mehr als der Name ist dann aber doch nicht hängen geblieben. Was also tun mit einem Spiel, dessen Protagonist schon längst vergessen wurde, der Name aber immer noch greift? Die Lösung: Reboot.
Es lässt sich kaum in Worte fassen, wie wichtig Marken in der Unterhaltungsindustrie sind. Manche Unternehmen sind ihre eigene Marken. So reicht oft schon der Name Disney im Titel um ins Kino zu gehen, oder der Name Blizzard um ein Spiel zu kaufen. Dieser Vorteil ist selten. Das Vertrauen in ein Unternehmen muss über Jahrzehnte aufgebaut werden. Bei anderen Unternehmen zieht der eigene Name nicht, hier müssen immer wieder neue Erfolgsmarken her. Leichter gesagt als getan. Nicht jedes gute Spiel hat das Zeug zu einer erfolgreichen Marke und im Endeffekt könnte auch einfach Glück eine Rolle spielen. Als 2007 Assassin’s Creed erschien, hatte sicherlich niemand damit gerechnet, dass sich dieses Videospiel mit viel Potenzial aber noch einigen rauen Kanten zu einer der größten Videospielmarke entwickeln würde. Aber es passte einfach vieles. Eine interessante Prämisse, eine sinnvolle Rechtfertigung für immer mehr Sequels und ein ganz eigener Look, der auch heute noch Tausende von Fans und Cosplayer halten kann. Irgendwann erreicht aber auch die beliebteste Marke den Punkt, an der sie zu berechenbar wird oder Fehler macht. Die technischen Fehler von Assassin’s Creed Unity schadeten das über die Jahre aufgebaute Vertrauen in die Marke und der Nachfolger Assassin’s Creed Syndicate musste dafür mit schlechteren Verkaufszahlen bezahlen, auch wenn es als das bessere Spiel gilt. Aber auch abseits des Technischen tritt die Serie auf der Stelle. Marken sind wie Popstars, die im Endeffekt auch nur Marken sind. Wer langweilig oder berechenbar wird, verliert. Marken müssen sich ständig neu erfinden und überraschen. Man kann also davon ausgehen, dass das nächste Assassin’s Creed überraschen wird. Es dürfte kein einfaches Sequel werden, sondern vielmehr ein Reboot der Serie.
Der Reboot ist das “All In” des Markenmanagements. Wenn erfolgreich, ist man wieder mitten im Spiel. Wenn nicht erfolgreich, wars das fürs Erste für die Marke und sie verschwindet ein paar Jahre. Reboots werden immer beliebter und sind ein interessantes Tool neben Sequel und Prequel, doch müssen sie mit Vorsicht eingesetzt werden. Zu viele Reboots schaden einer Marke, bis sie irgendwann für nicht mehr zu stehen scheint und keinen eigenen Charakter mehr hat. Watch Dogs 2 ist ein besonderer Reboot, da er auch gleichzeitig ein Sequel ist und auch als ein solcher verkauft wird. Man könnte auch argumentieren, dass es überhaupt kein Reboot ist, sondern die natürliche Weiterentwicklung des ersten Teils. Der Vergleich der beiden Launch Trailer macht aber schnell deutlich, das ist kein einfaches Sequel.
Neuer Charakter, neue Stadt, neue Bildsprache. Die Marke wird neu aufgeladen. Vergesst Aiden Pierce. Wir gegen das System, Millennials und Memes. Das soll hängen bleiben, wenn es nach Ubisoft geht. Und die Chancen dafür stehen ganz gut, da die populäre Dramaserie Mr. Robot ähnliche Bilder verwendet.
Es ist ein eigensinniger Weg, den Ubisoft mit Watch Dogs 2 eingeht. Fans des ruhigeren ersten Teils könnten vor den Kopf gestoßen werden doch könnte dieser Reboot die Marke in ganz neue Sphären hieven. Die Augen sind auf den Fassbender-Film Assassin’s Creed gerichtet. Sollte der zünden, stünde schon eine neue Marke bereit. Wir gegen das System, Millennials und Memes dürfte auch auf der großen Leinwand seine Fans finden. (kf)
Autor: Konstantinos Fotopoulos war früher früher consol.MEDIA-Redakteur, ist jetzt BWLer, beliebter Gast im SHOCK2 Podcast und und schreibt eine wöchentliche Kolumne: http://mag.shock2.info/konfot-kolumne/