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Kolumne: Sequels – Die verflixte Vier

Mass Effect: Andromeda ist erschienen. Mit den Meisterwerken Horizon: Zero Dawn und Zelda: Breath of the Wild kann es nicht mithalten und das lässt das Internet den Publisher und die Entwickler spüren. Eine geballte Flut an Internethäme dominiert jede Diskussion um das Spiel, das in erster Linie einfach nur enttäuscht. Auch die größten Mass Effect-Fans. Die vielen (vielen) technischen Probleme des Titels mal außen vorgelassen, offenbart Andromeda eine immer wiederkehrende Diskussion um Sequels in der Videospielbranche und wirft die Frage auf, warum sich Entwickler so schwer tun mit dem vierten Teil einer Serie.

Trilogien waren ein wichtiger Trend der alten Konsolengeneration. Teilweise entstanden komplett neue Serien auf PS3 und Xbox 360. Teilweise endeten sie dort. Einige dieser Trilogien haben Videospiele nachträglich beeinflusst und sind dabei jeweils einen ganz eigenen Weg gegangen.

Am besten dabei weggekommen ist Uncharted. Das Abenteuer um Nathan Drake wollte ein spielbarer Indiana Jones-Film sein und hat das auf der PS3 auch fulminant hinbekommen. Für den vierten Teil auf der PS4 wollte das verantwortliche Studio Naughty Dog aber mehr. Offenbar inspiriert vom erzählerischen Meilenstein The Last of Us fügten die Entwickler den Charakteren ganz neue Facetten hinzu und entkamen so dem eigenen festgezurrten Rahmen. Uncharted 4 ist mehr als “nur” ein spielbarer Indiana Jones-Film. Die Serie ist über sich hinaus gewachsen und der vierte Teil kann sich selbstbewusst als eine Neuinterpretation der Trilogie verstehen, auch wenn das Gameplay sich nicht allzu sehr verändert hat. Der neue Anspruch an die Charaktere und Handlung machen Uncharted 4 zu einer lohnenswerten Fortsetzung.

Gears of War 4 kann das nicht ganz von sich behaupten. Ehemals eine Schlüsselserie für die Identität der Shooterkonsole Xbox 360, kann der vierte Teil nicht mit den Verkaufserfolgen der originalen Trilogie mithalten. Aber auch abgesehen von den Verkäufen scheint die Serie nicht an Erfolge der Vergangenheit knüpfen zu können. Während Uncharted 4 sich modernen Fortschritten des Mediums anpasst, wählten die Entwickler für Gears of War 4 einen anderen Weg; den Star Wars: The Force Awakens-Weg. Ein durchweg kompetenter Nachfolger ohne allzu große Experimente, der die Fans zufriedenstellt. Für den ersten Teil auf neuer Hardware ist das sicherlich in Ordnung, allerdings kann man sich auch die Frage stellen, ob das wirklich alles ist, was die Entwickler mit der Serie vorhaben. Mit Gears of War 5 muss mehr her, auch für die Verkaufszahlen.

Halo-Fans haben auch eine komplizierte Beziehung mit der Zahl 4. Die Ankündigung eines Nachfolgers zu Microsofts größter Serie ist keine Überraschung. Trotzdem ist es nicht einfach, einen Nachfolger nach der fantastischen Werbebotschaft “Finish the Fight” aus Halo 3 auf die Beine zu stellen. Noch komplizierter wurde es dank Bungie, die Halo hinter sich ließen und einem neuen Mammutprojekt widmeten, das wir heutzutage als Destiny kennen. Halo 4 spaltet die Gemüter unter den Halo-Fans. 343 Industries hat einen kompetenten Nachfolger abgeliefert, das Rad wurde aber auch hier nicht neu erfunden. Ryan Payton, einer der Creative Directors von Halo 4, verließ sogar 343 Industries, weil seine Vision eines neuen Halo auf zu viel interne Gegenwehr stieß. Welche Ideen Paytons waren zu riskant, zu neu für Halo? Wir werden es wohl nie erfahren.

Definitiv neu und riskant war hingegen der vierte Teil von Fable. Nach der beliebten Trilogie des Xbox-exklusiven Rollenspiels entschied sich Microsoft für eine Neuausrichtung. Fable: Legends wollte ein Service werden. Man mag es mutig, vor seiner Zeit oder naiv nennen, aber es war anders. Letztendlich ist das Spiel nach einer langen Betaphase nie erschienen.

Irgendwo dazwischen liegt Mass Effect: Andromeda. Mit einer gänzlich neuen Galaxie gelang der perfekte erzählerische Kniff für eine Fortsetzung nach dem enttäuschenden Ende der Trilogie, und doch kann Andromeda auf einigen Ebenen nicht überzeugen. Die technischen Makel lassen sich einfach nicht wegreden und stören an jeder Ecke. Aber auch der Rest kann dem eigenen Standard der Serie nicht gerecht werden. Mass Effect ist ohne Frage eine der wichtigsten Trilogien des Videospielmediums. Es ist eine undankbare Aufgabe, einen Nachfolger für eine Serie zu entwickeln, die in den Erinnerungen der Spieler womöglich einen unerreichbaren Status genießt.

Das ist wohl auch die Krux der Geschichte. Das Problem an einer Trilogie ist, dass sie mit dem dritten Teil endet. Mit einer Trilogie lässt sich zwar ein erzählerischer Bogen aufbauen, doch kümmern sich Publisher wenig um diesen. Was sich verkauft, kann sich auch weiter verkaufen. So die Logik. Was, wenn nicht ein Nachfolger einer beliebten Serie, kann sich heutzutage im hart umkämpften Business mit immer steigenden Budgets noch verkaufen? Jahrelange Planung wird über den Haufen geworfen und irgendeine Begründung für weitere Nachfolger gesucht. Auf der anderen Seite lassen sich Spieler mit ihrer teilweise vernebelten Nostalgie nur schwer zufriedenstellen. So enttäuschend Mass Effect: Andromeda ist, so wichtig und gut ist die erneute Diskussion um Sequels. Auch ohne die ganzen technischen Macken kann Andromeda nicht liefern, was Fans der Serie fordern. Vielleicht sind wir an dem Punkt angekommen, an dem wir mehr von Nachfolgern fordern. So nett Star Wars: The Force Awakens auch ist, “nett” reicht nicht immer. (kf)

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