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Kolumne: E3 2017 – Ist das noch Pressekonferenz?

Die E3 ist der jährliche Treffpunkt der Videospielindustrie. Hinter verschlossenen Türen werden Deals abgeschlossen, auf der großen Bühne neue Spiele angekündigt. Wie sich das Medium über die Jahre verändert hat, so sind auch die Geschehnisse auf der Bühne kaum noch vergleichbar mit den Pressekonferenzen der Vergangenheit. Kein Unternehmen verdeutlicht das besser als Sony. Sonys Pressekonferenzen hatten den schlechtesten Ruf der Industrie. Sie waren zu lange, niemals starteten sie pünktlich und vor allem waren sie langweilig. Manager brüsteten sich mit Verkaufszahlen, Erlösen, Marktanteilen in Grafiken und Balkendiagrammen. Die Stille unterbrach nur das leise Tippgeräusch der Journalisten, die diese Langeweile in interessante Inhalte für ihre TV-Sendungen, Zeitungen oder Zeitschriften umwandeln mussten.

Heutzutage ist das alles anders.
Bühnenshows haben die Pressekonferenzen ersetzt. Die Journalisten, ob sie nun mit im Saal sitzen oder nicht, mussten einer neuen Zielgruppe weichen: den Konsumenten. An sie direkt richten sich die Hersteller, wenn sie in die Kamera blicken oder die Aufmerksamkeit auf riesige Bildschirme in abgedunkelten Sälen lenken. Statt auf Laptop tippenden Journalisten liegt der Fokus nun Selfie-machenden Fans. Diese Fans interessieren sich nicht für trockene Informationen. Sie wollen Unterhaltung. Bombastische Trailer, cineastisches Gameplay, witzige Einlagen. Alles, nur nicht langweilig.

Aber es sind nicht nur die Fans, die Unterhaltung wollen. Auch die Presse ist mitverantwortlich für diesen Wandel der E3. Mit den Livestreams hat sich der Charakter der Messe unwiderruflich verändert. Auch die Presse möchte Show, um die Leser zu locken. Überraschungen sorgen für Gesprächsbedarf in Foren und auf Social Media. “The 10 Best Trailers of E3” bringen Klicks und damit Geld. Egal, was eigentlich auf der Bühne gezeigt wird, die Presse will und braucht das #Engagement der gesamten Spielerschaft, das es in dieser geballten Form nur zur E3 gibt. Auch ist es die Presse, die sich Tage nach der Konferenz fragt, wer denn nun die E3 “gewonnen” hat. Eine sinnlose Diskussion, die einfach nur noch mehr Unterhaltung bieten soll.

So verwundert es nicht, dass Sony den ursprünglichen Gedanken einer E3-Pressekonferenz begraben hat. Entwickler auf der Bühne? Wer braucht die schon. Interviews auf der Bühne? Kann man auch auf dem PlayStation Blog lesen. Große Worte des CEOs zur Lage der Industrie? Ok, aber bitte kurz halten. Das Ergebnis ist eine Show, die den Begriff Pressekonferenz nicht verdient hat, wir sie aber immer noch so nennen. Vergessen sind die alten Pressekonferenzen. Unvergesslich hingegen sind die Highlights der letzten Jahre. Shenmue 3, Final Fantasy 7 Remake, The Last Guardian, Kojimas Auftritt. Sie alle wurden begleitet von überraschten Fans im Publikum, euphorisch twitternden Fans vor den Fernsehern und wild um sich schreienden YouTubern in ihren Reaction-Videos. Nach diesen Momenten sehnt man sich, diese Momente bleiben Jahre in Erinnerung. Doch, was geschieht, wenn es keinen solchen Moment gibt? Eine Show ist dazu verdammt, immer besser werden zu müssen. Aus der guten E3 2017-Pressekonferenz wird so eine solide Pressekonferenz. Sony wird das wenig stören, solange sich die vorgestellten Produkte gut verkaufen.

Also geht PlayStation CEO Shawn Layden zweimal kurz auf die Bühne, um eine Playlist mit Trailern anzukündigen. Aber warum ein Theater mieten, wenn ohnehin kaum einer die Bühne verwendet? Warum all die Leute einladen, wenn sie eh nur auf einen Bildschirm starren? Warum die Trailer Offline präsentieren, wenn man sie eh auch Online streamen kann?

Die Frage nach dem Sinn und Zweck des ganzen Brimboriums Drumherum bleibt unbeantwortet. Vielleicht benötigt sie aber auch keine Antwort. Wir wollen einfach gemeinsam etwas erleben, auch wenn es nur das Abspielen einer Trailer-Playlist ist. (kf)

Community-Umfrage: Welche Pressekonferenz hat die E3 2017 gerockt?

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Notable Replies

  1. Gute Kolumne, wie da schon erwähnt: faktisch sind es ja keine Pressekonferenzen mehr. Die Shows richten sich eigentlich direkt an den Endkunden. Insofern braucht es keine Journalisten mehr, die sehen ja dasselbe wie wir.

    Zukünftig kann man also den Nintendo-Weg gehen. Oder man lässt Fans rein und das Geklatsche wirkt durch “Vorklatscher” nicht mehr so gestellt (wobei ich es auch bei Journalisten auch immer seltsam fand, dass man sich den Hype hergibt, schließlich ist man ja Journalist, aber das ist ein anderes Thema und ich kann ja verstehen dass man noch Fan ist).

    Was ich mal interessant finden würde (Evt. Nach so ner show und mit ausgewählten medien) wären so frage Antwort Panels (wie halt Fußball pks). Weil hier könnten sich die Anwesenden Berichterstatter profilieren. Wobei sich die Gaming Branche ja eh leider sehr zugeknöpft gibt.

  2. Avatar for Gatar Gatar says:

    Ich sehe das ähnlich. So wie es jetzt gemacht wird ohne viel Gequatsche sondern einfach nur Games, Games, Games präsentieren ist am idealsten und unterhaltsamsten für uns Spieler.

    So ein Treehouse ala Nintendo ist aber für mich hingegen gar nichts. Gameplay zeigen ist toll und aussagekräftig aber so wie es da zelebriert wird ist mir eindeutig zu viel. Da reichen mir die PKs und nachträglich die News. Aber mir 30+ Minuten Gameplay anzusehen und mich dabei spoilern lassen will ich nicht. :stuck_out_tongue_closed_eyes:

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