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Kolumne: Alarmstufe Red (Dead Redemption 2)

Wie ein einziges Spiel die Industrie vor sich hertreibt

Man stelle sich das mal vor: Jahrelang arbeitet man an einem neuen Videospiel. Zuerst die Ideenfindung, dann die Planung, dann die Entwicklung. Nach Jahren der harten Arbeit, des endlosen Grübelns und der Planung ist es endlich so weit: Es gibt ein festes Releasefenster. Der Herbst soll es werden. Eine umkämpfte Zeit mit vielen Releases, klar.

Aber immerhin geben Kunden zu dieser Zeit das meiste Geld aus und ein starker Launch vor den Feiertagen kann mit guten Reviews und positivem “Word-Of-Mouth” zu einem sensationellen Weihnachtsgeschäft führen. Das Spiel wird an dem Tag fertig sein und nach einer hoffentlich geglückten Marketingkampagne mit Trailern, Interviews und sonstigen Social Media-Aktivitäten die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der potenzielle Kunden genießen. It’s your day to shine, sozusagen.

Und dann wird Red Dead Redemption 2 verschoben.

26. Oktober 2018

Was die einen freut, ist für andere der wahr gewordene Albtraum. Red Dead Redemption 2, das nächste Spiel der GTA-Entwickler, erscheint am 26. Oktober. Der perfekte Tag. Im Herbst, aber noch nicht Winter. Genug Zeit für eine umfangreiche Marketing-Kampagne mit allem drum und dran. Genug Zeit für einen starken Release mit Verkaufsrekorden. Genug Zeit, damit Weihnachtsgeschenksuchende die positiven Reaktionen des Launches miterleben.

Ursprünglich sollte Red Dead Redemption 2 im Frühling 2018 erscheinen, aber das spielt bei diesem Spiel keine Rolle. Wann auch immer es erscheint, es wird die komplette Aufmerksamkeit der Medienwelt wie ein schwarzes Loch einsaugen und für sich beanspruchen. Das ist natürlich ein Problem. Nicht für Rockstar. Der Publisher Take2 wird sich sicherlich über die erneute Verschiebung ärgern, da sich dadurch die Vorhersagen fürs Geschäftsjahr verändern werden. Die wahren Verlierer hier sind aber all die anderen Spiele, die zur selben Zeit erscheinen wollen. Oder wollten.

Hoffen oder verschieben?

Tja, was macht man jetzt? Der schöne Marketingplan ist dahin, der geplante Release im Herbst wirkt plötzlich ziemlich unschlau. Viel steht auf dem Spiel, besonders für AAA-Entwickler, die den Herbst gewöhnlich für sich beanspruchen. Nach Jahren der Entwicklung und einem riesigen Budget muss der Launch sitzen. Wenn man den vergeigt und die Welt das Produkt schnell wieder vergisst, könnte es sehr schnell sehr eng für das Entwicklerstudio werden. Mit Red Dead Redemption 2 kann man nicht konkurrieren. Man kann immer noch ein gutes Ergebnis einfahren, das volle Potenzial wird man im Schatten des Cowboyabenteuers wohl nie entfalten können. Also bleiben zwei Optionen. Option A: Weiter am Release festhalten und auf das Beste hoffen oder Option B: Verschieben.

Manche Spiele lassen sich nicht verschieben. Ein FIFA oder Call of Duty muss im Herbst erscheinen. Da gibt es gar keine zweite Option. Die Geschäftszahlen der Publisher sind zu stark auf diese großen Titel ausgerichtet. Der Release von Red Dead Redemption 2 freut diese Publisher auch nicht, aber FIFA ist immer noch FIFA, dürfte erwartungsgemäß im September erscheinen und sich wieder gut verkaufen. Fußball und Open-World-Cowboys sind so unterschiedlich, dass sich die Wenigsten Red Dead Redemption 2 statt FIFA kaufen werden. Spider-Man ist auch Open World, aber mit einer solch starken Marke dürfte es hier auch nicht zu sehr hadern. Aber was ist mit Days Gone, zum Beispiel? Und was ist mit den Spielen, die auf der E3 ihren Release zum Herbst ankündigen wollten?

Ein Spiel mit Folgen

Red Dead Redemption 2 erscheint also nicht wie geplant im Frühjahr, sondern erst im Herbst 2018. Was für uns Spieler enttäuschend aber sicherlich verkraftbar ist, sorgt bei Publishern und Entwicklern für blankes Entsetzen. Augen zu und durch mit dem geplanten Herbst-Release oder doch lieber verschieben? Keine einfache Entscheidung mit großen Konsequenzen für das Budget, den Erfolg und das Entwicklerstudio. Wir werden im Laufe des Jahres sehen, wer sich in den Boxring mit Red Dead Redemption 2 traut. Und wie viele Spiele auf ein potenziell sehr volles Frühjahr 2019 ausweichen werden.

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