Hands-on: Yield! Fall of Rome (Early Access)
Civilization auf Speed

4X-Titel müssen immer sperrig sein, lange Einarbeitungszeit verlangen und pro Kampagnendurchlauf mehrere Tage dauern? Nein, müssen sie nicht: Yield! Fall of Rome wagt den Spagat, Civilization-ähnliches Flair zu bieten, dabei aber so kompakt zu sein, dass man eine Partie in einer (vielleicht etwas verlängerten) Mittagspause wegsnacken kann. Geht das auf? Wir haben die PC-Early Access-Version angespielt.
Die Jagd auf Rom ist eröffnet
Ganz ohne Opfer geht das Abspecken des Civilization-Prinzips dann aber auch wieder nicht: Historisch konzentriert sich Yield! Fall of Rome – wie schon der Name sagt – auf den Zeitpunkt des Falls von Rom, als diverse Völker sich aufmachen, die bisherige Hauptstadt des weströmischen Reichs einzunehmen. Ihr übernehmt einen der Herrscher und versucht, euch gegen die Konkurrenz durchzusetzen und Rom zu erbeuten. Was auf den ersten Blick nach Geschichtsstunde klingt, entpuppt sich aber eher als Rahmenhandlung für die (bisher nur eingeschränkt verfügbaren) Kampagnen und Anstrich für ein reduziertes, auf das wesentliche heruntergebrochenes Gameplay (und tatsächlich würde schon rein von der Epoche her vieles keinen Sinn machen, wenn man es historisch einordnen würde).
Blitz-Civ
Wer 4X – und insbesondere Civilization – kennt, wird sich in Yield! Fall of Rome grundsätzlich schnell zurechtfinden. Da wie dort erlebt ihr eine (wenn auch nicht besonders große) Hex-Weltkarte, die aus diversen Landschaftstypen (hier reichlich bunt gestaltet) und dazugehörigen Ressourcen besteht und auf der ihr eure (recht comichaften) Einheiten herumkommandiert. Zu Beginn habt ihr lediglich einen Siedler und euren König (hoch zu Ross). Ihr ahnt, was ihr zu tun habt: Gründet eure erste Siedlung an einem möglichst günstigen Ort, macht eure Umgebung nutzbar, erforscht die besten Technologien, baut eure Armee auf und eure Siedlungen aus … und erfüllt die Siegbedingungen, um am Ende der Partie als Sieger hervorzugehen. Auffallend ist, dass Entwickler Billionworlds dabei die Wartezeiten radikal gekürzt hat: Sofern die nötigen Ressourcen vorhanden sind, könnt mit einem Mausklick Schafe in Gatter sperren, Felder bewirtschaften, Bergwerke errichten und eure Siedlungen mit neuen Gebäuden ausstatten, die teilweise unmittelbare Boni bringen (neue Ressourcen), teilweise permanente Verbesserungen für euren Wirtschaftskreislauf oder neue Einheiten geben. Sieben Runden auf einen Siedler warten war gestern – mit einer Einschränkung: Ist in einer Stadt bereits eine Einheit vorhanden, könnt ihr keine neue erschaffen, da pro Feld nur ein Krieger, Siedler oder Händler aufgestellt werden kann. Eine Armee könnt ihr also nicht in einer Runde aus dem Boden stampfen, sondern braucht ein wenig Geduld und Gold – und natürlich die richtige Anzahl an Siedlungen. Deshalb heißt es: Rechtzeitig beginnen, denn die Uhr tickt gnadenlos und die Siegbedingungen erfüllen sich nicht von selbst!
Die Jagd auf die Krone(n)
Apropos Sieg: Eigentlich mag es hier ja um die Jagd auf Rom gehen und der Kampf gegen die Konkurrenz gnadenlos sein – aber vor allem zählen hier Kronen! Eine gewisse Anzahl davon einzuheimsen stellt die Siegbedingung der jeweiligen Karte dar. Das kann auf verschiedene Arten geschehen: Nehmt ihr religiöse Monumente ein, ist das schon eine Krone wert, aber auch die Tötung eines feindlichen Königs oder das Erobern einer Siedlung bringt die begehrte Trophäe (teilweise sogar mehrfach). Gerade im offenen Spiel habt ihr so meist mehrere Möglichkeiten, den Sieg zu erringen, in den Kampagnen ist man hier (wohl sehr bewusst) auf wenige Gelegenheiten eingeschränkt. Aber Vorsicht: Eure Gegner sammeln ebenfalls, und wer nicht schnell genug handelt – oder im Zweifelsfall die Feinde mit einer gut zusammengestellten Streitmacht niederwalzt –, hat schnell das Nachsehen.
Wer nicht forscht, verliert
Einer der großen Reize an einer Partie Civilization ist die Forschung. Wenn nach und nach euer Volk aus der Steinzeit in die Moderne aufsteigt und die mächtigsten Einheiten der Antike irgendwann der modernen Kriegsführung unterlegen sind, wenn neue Techniken alte obsolet machen, dann ändert sich das Reich radikal. In Yield! Fall of Rome würde eine so starke Entwicklung keinen Sinn machen, weshalb zwar ein Forschungssystem vorhanden, dieses aber auf wenige Technologien und eine gewisse Epoche eingeschränkt ist. Dennoch: Von der Viehzucht zum Rittertum, von der Jagd zur Physik schalten neue Technologien Verbesserungen der Infrastruktur und/oder neue Einheiten frei. Infrastruktur wird vor allem auf den Feldern rund um eure Siedlung aufgebaut und macht Ressourcen für eure Stadt nutzbar (zum Beispiel durch Errichtung einer Schafweide auf einem Feld mit Schafen) oder nutzt Synergieeffekte mit umgebenden Feldern aus (um beim Beispiel zu bleiben: Die Wollspinnerei gibt mehr Ressourcen, je mehr Schafweiden auf angrenzenden Feldern errichtet wurden). Das gibt dem Spiel manchmal ein wenig das Flair eines Puzzles, da der Platz für die Infrastruktur begrenzt ist. Gleichzeitig zeigt sich aber auch hier die Philosophie des Spiels: Es geht nicht um Zeit, nichts dauert vier oder sieben oder mehr Runden. Nur das Geld zählt, sogar Technologien sind kaufbar. Das erhöht den Spielfluss gewaltig. Einen Kritikpunkt wollen wir bei den Technologien aber noch loswerden: Warum wir zu diesem historischen Zeitpunkt noch primitive Techniken wie die Viehzucht oder die Jagd erforschen müssen, macht vielleicht gameplaytechnisch Sinn, historisch sollte man in dieser Epoche nicht darüber nachdenken müssen, wie man Schafe in ein Gatter zwingt oder Wildschweine jagt; mehr noch: selbst in den aus mehreren Missionen bestehenden Kampagnen wird der Forschungsfortschritt von Mal zu Mal zurückgesetzt – auch nicht ganz logisch.
Ein Meilenstein!
Innerhalb einer Kampagne nicht zurückgesetzt werden hingegen die Meilensteine. Dabei handelt es sich um gewisse Miniziele á la „Errichte drei Wunder“ oder „Erobere zwei Siedlungen“. Habt ihr dieses Ziel erreicht, könnt ihr sofort die zu dem Ziel gehörige Richtlinie erlassen, bei der ihr euch zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden müsst, die jeweils unterschiedliche Boni bringen. Der Kniff: In der Kampagne sind diese Richtlinienentscheidungen permanent – wenn ihr euch auf der ersten Map für A statt B entscheidet, bleibt euch diese Wahl bis zum bitteren Ende erhalten. Ein interessantes Konzept, das wir uns so ein wenig auch für die Forschung gewünscht hätten. Neben den Kampagnen gibt es noch ein Solo-Spiel, bei dem ihr auf nach gewissen Parametern zufallsgenerierten Karten eure eigenen Herausforderungen (mit euren eigenen Limits und möglichen Siegbedingungen) spielen könnt. Und auch Multiplayer kommen in einem ähnlichen Modus auf ihre Kosten. Bei beiden spielt das Meilensteinsystem natürlich ebenfalls eine Rolle, allerdings nur innerhalb der jeweiligen Partie.
Ersteindruck
Abgesehen von ein paar Ecken und Kanten (und leider auch ein paar Bugs, wodurch sich beispielsweise eine bereits begonnene Kampagne nicht mehr fortsetzen ließ) ist der Zustand von Yield! Fall of Rome für ein Early Access-Spiel solide – was nicht heißt, dass es nicht Raum für Verbesserungen gäbe. Die Steuerung könnte noch ein paar Komfort-Hints von Civilization vertragen, regelmäßig hätten wir uns ein Speichersystem gewünscht, um auch während der Partie zwischenspeichern zu können; auch vielfältigere Siegbedingungen, etwas mehr Abwechslung auf den Maps und eine echte Progression in der Technologie täten dem Spiel auf Dauer sicher gut – genauso wie unterschiedlichere Anführer. Die gute Nachricht: Darauf wollen sich die Entwickler mit dem Feedback aus der Early Access-Phase nun konzentrieren. Das Groundwork, 4X auf die Dauer einer kurzen halben bis Stunde runterzubrechen, hat man erreicht – und das Resultat macht durchaus Spaß. Nun muss sich nur noch erweisen, ob man im Laufe der kommenden zwölf bis achtzehn Monate genug Feinschliff findet, um auch langfristig den „großen“ Vorbildern Konkurrenz machen zu können …







