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Comic-Review: Blake und Mortimer 26: Acht Stunden in Berlin

Ein Thriller in bester Hitchcock-Manier!

Im vergangenen Jahr ist der 29. reguläre Band (Band 26 nach aktueller deutscher Zählweise) der bereits 1946 erstmals erschienene frankobelgische Comicserie Blake und Mortimer erschienen. Die Geschichten um den Hauptmann Francis Percy Blake vom britischen Secret Service und seinen Freund, dem Atomwissenschaftler Professor Philip Edgar Angus Mortimer gehören zu den unbestrittenen Meisterwerken europäischer Comic-Kultur. Die Alben umfassen klassische Abenteuergeschichten genauso wie packende Spionage-Thriller oder auch ins fantastisch gehende Episoden.

Es ist eine Traumpartnerschaft, die dem momentan letzten auf Deutsch erschienen Blake und Mortimer zugrunde liegt: Einer der talentiertesten und respektvollsten Nachfolger von Serienschöpfer E. P. Jacobs als Zeichner, Antoine Aubin, der ganze sieben Jahre (7 Jahre!) für die Fertigstellung des Albums benötigte, und das Duo Jean-Luc Fromental und José-Louis Bocquet als Autoren. Es könnte keine bessere Garantie für den Respekt des Originalwerks geben. Und tatsächlich ist der Strich absolut makellos und das Szenario entspricht dem Kanon der jacobsianischen Ligne claire. Doch ergeben hervorragende Zutaten immer ein exzellentes Gericht?

© 2022 Éditions Blake & Mortimer, Studio Jacobs/Dargaud-Lombard S.A.

Skrupellose Experimente im Kalten Krieg 

Am 26. Juni 1963 reiste Präsident Kennedy nach Berlin, um dort seine berühmte Rede „Ich bin ein Berliner!“ zu halten. In diesen Kontext stellt das Autorenduo Bocquet und Fromental die Geschichte des neuesten Blake-und-Mortimer-Abenteuers. Vor diesem Hintergrund beginnt die Geschichte mit einem Mann, der die Berliner Mauer überquert. Schwer verletzt spricht er vor seinem Tod ein Wort: „Doppelgänger“. Zur gleichen Zeit muss Mortimer, der sich auf Einladung einer Freundin auf einer Reise in den Ural befindet, frisch entdeckte Leichen untersuchen, denen die Gesichtshaut abgezogen wurde. Er verdächtigt sofort einen deutschen Chirurgen, der auf Gehirnmanipulation spezialisiert ist, hinter den Gräueltaten zu stecken. Doch zu welchem Zweck? Captain Blake, der den britischen Teil des Berliner Sicherheitsdienstes für Kennedys Besuch beaufsichtigt, wird Opfer eines Attentats, das ihn auf die Spur des Mannes bringt, der beim Überqueren der Mauer getötet wurde.

© 2022 Éditions Blake & Mortimer, Studio Jacobs/Dargaud-Lombard S.A.

Ein Agententhriller in Ost-Berlin

Da es sich um ein Blake und Mortimer-Abenteuer handelt, wird es niemanden überraschen, den unvermeidlichen Bösewicht Oberst Olrik zu treffen, der immer noch wütend ist, weil er nicht mit Bassam Damdu triumphieren konnte, und der einen aberwitzigen Plan schmiedet, der das Gesicht der Welt endgültig verändern könnte. Es ist bekannt, dass Jacobs den Abenteuern seiner Helden nie chronologische Details gegeben hat, auch wenn einige kleine Punkte sie verorten konnten, wie etwa der Begriff der UNO zu Beginn von „Das Geheimnis des Schwertfischs“.  Beim vorliegenden „Acht Stunden in Berlin“ ist die chronologische Lage allerdings eindeutig: zwischen Juni und November 1963. Das macht ihn insgesamt zu einem der modernsten Abenteuer der beiden Helden. Der Schwertfisch stammt zwar aus der Zeit nach 1945, aber 20 Jahre später sind die beiden Bewohner der 99 bis Park Lane immer noch gut zu Fuß. Die Geschichte selbst ist reich an Wendungen. Das neue Autorenduo Bocquet und Fromental hat sich gut eingefügt und schafft es, das Tempo in einer gewohnt recht komplexen Geschichte aufrechtzuerhalten. In der Handlung merkt man, dass wir es mit zwei Experten des Jacobs-Universums zu tun haben. Wir befinden uns in einer Atmosphäre, die den Spionageromanen von John le Carré und Graham Greene eigen ist und auch einem Alfred Hitchcock nicht fremd war.

© 2022 Éditions Blake & Mortimer, Studio Jacobs/Dargaud-Lombard S.A.

Die Zeichnungen stammen von Antoine Aubin, der sich nach Band 2 von „Der Fluch der dreißig Silberlinge“ (2011) und „Die Septimus-Welle“ (2014) aus der Welt von Blake und Mortimer etwas zurückgezogen hat. Doch er kann bei seiner Rückkehr wahrlich brillieren. Wie bei der Figur von Williams Gibbons in Das Tal der Unsterblichen gibt es auch hier wieder eine kleine Anspielung auf das Tim und Struppi-Universum mit dem Hotel Cornavin, in dem Blake wohnt, sowie dem Sturz in den See, der an den von Tim und Haddock erinnert.

Meinung:

Blake und Mortimer 26: Acht Stunden in Berlin ist eine perfekt getaktete, wenn auch an einigen Stellen etwas bemühte Hitchcock-Thriller-Handlung, die in der langlebigen Reihe sicher nicht fehl am Platze ist. Es fehlt ihr ein wenig die Naivität, die Jacobs auszeichnete und die Jean Van Hamme perfekt nachahmt, indem er den Zeitgeist trifft. Mit Fromental und Bocquet, und sie sind nicht die Einzigen, haben wir eine deterministische Version der Geschichte, die Hypothesen wie ein Spiel betrachtet, ohne die mit Terror durchtränkte Antizipation, die das Markenzeichen von Edgar P. Jacobs war. Aber wie bereits Nicolas Boileau gesagt hat „Das Geheimnis besteht zunächst darin, zu gefallen und zu berühren“. In diesem Punkt liefert Acht Stunden in Berlin über die gesamte Distanz ab!

Infos:

Autor: José-Louis Bocquet, Jean-Luc Fromental
Zeichner: Antoine Aubin
Verlag: Carlsen Comics
Seiten: 64
Preis: ca. 13  Euro

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