44 Jahre nach dem Release des ersten Films ist Star Wars noch immer nicht wegzudenken. Es hat sich in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt und die Pop-Kultur steckt voller Anspielungen an die Sternen-Saga. Mit „Das Mysterium der Macht“ geht Christopher Ryan nun auf die Suche nach den real existierenden Wurzeln der Macht. Klingt abgedreht? Kann aber wissenschaftlich untermauert werden – von einem gewissen Standpunkt aus, zumindest.
Wissenschaft statt Fangelaber
Allerdings sollte man dazu sagen, dass das Werk den Leser mit dem etwas sperrigen Untertitel „Die naturwissenschaftliche Existenz der Star-Wars-Macht und die verborgene Geschichte der Lucas-Sequel-Trilogie“ nicht ganz darauf vorbereitet, was ihn tatsächlich im Buch erwartet – der Text auf der Rückseite des Bandes beschreibt das schon wesentlich akkurater: Der Autor gibt den auf dem Cover angekündigten Themen zwar ausreichend Raum, um seine Thesen zu untermauern (das erfolgt übrigens auf wissenschaftliche Art mit einer Menge Zitaten und Querverweisen – erwartet euch hier mehr als Fan-Geschwurbel, Ryan hat seine Hausaufgaben gemacht und sich wirklich ausgiebig mit allerhand Quellmaterial beschäftigt), aber einen ebenso großen Teil des Umfangs nimmt eine gründliche Analyse der Star Wars-Saga ein. Insbesondere der Entstehungsgeschichte von Episode IV wird sehr viel Platz gegeben – und das aus gutem Grund, denn in ihrer Genesis stecken die Wurzeln für viele spätere Entwicklungen und Plots im Star Wars-Universum. Auch die weiteren Lucas-Serienteile werden (wenn auch weniger umfangreich) analysiert, genauso wie die Struktur der gesamten Saga. Hier muss man aber auch festhalten: Jene, die sich schon zuvor umfassend mit Lucas‘ Werk beschäftigt haben, werden vieles schon gehört haben, dennoch ist es eine trotz ihres Umfangs kompakt zu lesende, gründliche Analyse, die vielleicht auch so manchen frischen Blick auf die diversen Episoden (inklusive der Prequels) erlaubt und auch Experten zumindest in manchen Punkten vielleicht etwas Neues erzählt.
Natürlich würde es für in der Star Wars-Entstehungsgeschichte versierte Leser auch ausreichen, die Aufarbeitung der Saga knapper zu gestalten, doch all das ist notwendige Vorarbeit für das laut Titel eigentliche Thema des Buches: Durch die Analyse wird die Betrachtung der Macht vorbereitet (dass diese These mitten in der Entstehungsgeschichte zu Episode IV vorgestellt wird, mag zuerst irritieren, macht aber Sinn, weil die dortigen Ideen für spätere Betrachtungen noch relevant werden). Auch das zweite spannende Experiment des Buches, eine Rekonstruktion der Sequel-Trilogie, wie sie unter Lucas ausgesehen hätte (bekanntermaßen hat er ja einen Entwurf dafür abgeliefert, den Disney aber nicht nutzen wollte), baut auf dem vorhergegangenen Material auf und führt Analyse, die Theorie über die Macht und diverse Aussagen über den Inhalt der Lucas-Fassung von VII bis IX zusammen. Auch der kritische Vergleich mit den Disney-Episoden und welche Richtung diese einschlugen, darf hier nicht fehlen.
Das gehört in eine Uni-Bibliothek!
Zu guter Letzt noch ein paar Worte zum Buch selbst: Das Werk erscheint via Amazon Publishing, ist also eine Eigenveröffentlichung des Autors. Dass man es hier nicht unbedingt mit einem Buch zu tun hat, das den Weg über einen Verlag gegangen ist, merkt man an allerhand Kleinigkeiten, vom etwas billigen Einband samt unspektakulärem und überhaupt nicht „Star Wars“-schreiendem Cover-Artwork bis hin zur Tatsache, dass beim Lektorat, der Druckqualität von Tabellen und Grafiken und auch Layout noch kleinere Verbesserungen möglich gewesen wären. Diese Kritik am Äußeren soll den Inhalt nicht schmälern (hier hat man es wirklich mit „Man soll ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen“ zu tun), wer allerdings zu dem doch höheren Preis (ca. 25 Euro) ein höherwertigeres Buch erwartet hat, wird vielleicht doch enttäuscht sein.
Meinung
Das Mysterium der Macht ist ein interessantes Buch, das sich entgegen dem Titel allerdings vor allem in Sachen Umfang weniger mit den Hintergründen des mystischen Energiefelds, sondern viel mehr mit der Genesis und den Ideen hinter der Welt, den Geschichten und Protagonisten der Star Wars-Saga beschäftigt (auch wenn man all das natürlich nicht so einfach auseinanderdividieren kann, weil alles ineinandergreift). Weitab von vielen anderen Fan-Büchern geht der Autor dabei wissenschaftlich vor und liefert ein fundiertes Werk ab, das seine Quellen auch gut belegen kann und spannende Theorien aufstellt. Allerdings muss man auch festhalten, dass sich die Wissenschaftlichkeit durchaus auch im Schreibstil wiederfindet – so manchem Leser könnte dieses Buch zu trocken sein. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, findet allerdings eine interessante Auseinandersetzung mit der weit, weit entfernten Galaxis, die zeigt, wie sehr Fiktion reale Wurzeln haben kann und vielleicht gerade deshalb kulturell so relevant ist.
Autor: Christopher Ryan
Sprache :Â Deutsch
Taschenbuch : 302 Seiten
Preis: ca. 25 Euro