Asterix Review Special (23): Obelix GmbH & Co. KG
Im 23. Abenteuer der beiden Gallier gibt es gleich in mehrfacher Hinsicht etwas zu feiern. Da wäre nicht alleine Obelix‘ Geburtstag, sondern auch der Punkt, dass es der manchmal etwas naive Freund von Asterix zum ersten Mal mit seinem Namen auf das Cover und in den Titel einer Geschichte gebracht hat. Und das nicht nur beiläufig, sondern ganz alleine und in voller Pracht. In Frankreich kam „Obélix et compagnie“ in der Nummer 598 vom „Le Nouvel Observateur“ am 25. April 1976 zum Vorabdruck und lief bis zur Ausgabe 604 vom 6. Juni 1976. Noch währenddessen, oder fast zur gleichen Zeit zumindest, veröffentlichte Dargaud das Album zusätzlich mit einer Startauflage von 1,35 Millionen Exemplaren.
Doch so glorreich beginnt das Abenteuer überhaupt nicht. Mit den acht lapidaren Worten „Im befestigten Römerlager Babaorum herrscht eine gewisse Lässigkeit …“ wird gleich deutlich gemacht, was Uderzo zusätzlich mit einem herrlich komischen Bild unterstreicht. Die Römer sind faul geworden und warten nur noch auf ihre Ablösung. Da wird der Salat kultiviert, die Kuh gemolken, die Gänse gejagt, Würfel gespielt, ein Süppchen gekocht, Wein getrunken, ein Nickerchen gemacht und die Wäsche gewaschen und sogar aufgehangen. Ironischerweise hängt diese dann sogar zwischen zwei Feldzeichen die auch noch das SPQR-Kürzel (lateinisch für Senatus Popolusque Romanus, oder auf Deutsch: Senat und römisches Volk) tragen. Noch komischer wird es dann jedoch, als die Ablösung das Lager betritt. Im strammen Militärschritt schreiten die neuen Legionäre ein, während die alte Mannschaft ziemlich lodderig auszieht.
Diese neue Mannschaft stellt auch gleichzeitig Obelix‘ Geburtstagsgeschenk dar. Denn es gibt nichts Schöneres für den kräftigen Gallier als Römer zu verkloppen. Somit wären wir auch gleich wieder bei den Feierlichkeiten für diesen Band. Denn mit einer kleinen, eher unauffälligen „notamba“ (aus dem Französischen: note en bas, was Fußnote bedeutet) weisen Goscinny und Uderzo auf den Meilenstein der eintausendsten Seite in den Asterix-Abenteuern hin. Ganz nach dem antiken Brauch der Kreter und Thraker, die Unglückstage mit schwarzen und Glückstage mit weißen Steinen darstellten, sieht man die „Notamba“ mit einem großen „M“ (M = mille = 1000), dem Wort „Albo“ („albeo“ = weiß) und Lapillo („lapilius“ = Stein), machen sie hiermit auch dem Leser klar, dass sie mit den gallischen Abenteuern ihre große Erfüllung gefunden haben.
Auch in Deutschland erreichten die gallischen Abenteuer immer weitere Wertschätzung. Während Obelix GmbH & Co.KG in den Ausgaben 19 von 1976 bis 14 von 1977 von MV Comix zum Vorabdruck gelangte, bevor dieses Comicmagazin eingestellt wurde. Es dauerte weitere zwei Jahre, bis das Abenteuer als XXIII Großer Asterix Band veröffentlicht wird. Gleichzeitig nutzt Ehapa auch die Chance auf sämtliche bisher erschienen Alben hinzuweisen, liefert einen Sammlercoupon, mithilfe dessen man seine „Sammlung“ vervollständigen kann, und fragt auch noch ganz frech „Haben Sie schon alle?“. Das Wir Deutsche sowieso ein wenig anders ticken zeigen Goscinny und Uderzo auf Nachfrage des Magazins „Stern“. Hierzu fertigen die beiden sechs Strips, mit insgesamt zehn Bildern an, um die Deutsche Sorgfalt auf die Schippe zu nehmen. Nicht nur, dass germanische Hinkelsteine genormte Formen haben, während die gallischen eher individuell sind, deren Einhaltung wird auch genauestens überprüft, was Beamte wie Prüfefix und der Aufseher Akkuratix übernehmen sollen.
Neben dem Artikel im Stern, mitsamt Comicstrip, erfuhr der Band auch noch große Aufmerksamkeit durch die Veröffentlichung einer Rezension in der Zeitschrift Konkret die „Monatszeitschrift für Politik und Kultur“ im Februar 1978. Zwischen all den Film und Schallplattenvorstellungen heißt es da ganz einfach nur „Der neue Asterix ist da“!
Obelix GmbH & Co. KG [Egmont, 1978]
Obelix hat Geburtstag und alle Dorfbewohner benehmen sich irgendwie merkwürdig dem Geburtstagskind gegenüber. Der scheint sogar ganz vergessen zu haben, dass heute sein Ehrentag ist. Doch das ändert sich, als ihm seine Freunde die gerade neu eingetroffenen Legionäre in Babaorum zum Geschenk machen. Sofort gibt es eine Riesenkeilerei, dessen Kunde sich sogar bis nach Rom verbreitet. Cäsar kann und will dem Treiben nicht länger tatenlos zusehen und entsendet Technokratus nach Babaorum, der mit seiner Idee vom Luxus und Dekadenz den Willen der Gallier brechen möchte. Um das zu bewerkstelligen, kauft er Obelix einfach alle seine Hinkelsteine ab, erhöht mit jeder Lieferung den Preis und lässt ihn so zum reichsten Mann des Dorfes werden. Sein Plan scheint aufzugehen. Das Dorf konzentriert sich nur noch darauf Hinkelsteine herzustellen, und wer keine herstellt der jagt Wildschweine für die, die Hinkelsteine herstellen. Cäsar ist begeistert, hat aber nun ein anderes Problem. Was soll er mit so viel Hinkelsteinen? Auch dafür hat Technokratus eine Lösung. Man mus lediglich die Nachfrage nach den eigentlich sinnlosen Dingern steigern und kann so auch noch die zuvor getätigten Ausgaben wieder in die Haushaltskassen zurückholen. Aber Asterix und Miraculix sehen dieses Treiben mit eher argwöhnischen Augen …
Im Grunde genommen ist Obelix GmbH & Co. KG eine astreine Wirtschaftssatire. Goscinny zeigt sämtliche Wirtschaftsmechanismen auf, wie sie funktionieren, oder eben irgendwann auch nicht mehr. Angebot und Nachfrage, die Nachfrage beflügelt den Preis und die Nachfrage kann durch geschickte Werbung gelenkt werden. Auch ohne Wirtschaftsforscher und Analytiker versteht man das hier dargestellte System sofort und man findet es sogar witzig. Sogar entsprechende Werbung wird kreiert und mit aussagekräftigen Slogans untermauert. Das reicht von „Für Groß und Klein ein Hinkelstein“, über „Ihr habt ein Landgut, einen Wagen, Sklaven, aber habt ihr auch einen Hinkelstein“ bis hin zu „Ich fühl mich jünger im Gebein, denn ich hab einen Hinkelstein. Soll die Zukunft glücklich sein, kauf dir einen Hinkelstein!“. Sogar passendes Merchandising wird entworfen. Freizeitkleidung, Sonnenuhren, Modeschmuck und sogar ein „Hinkelstein im Eigenhau“-Set. Goscinny nutzt wirklich jede Möglichkeit, um sich über die Wirtschaft und die Gesellschaft lustig zu machen.
Und wo wir gleich dabei sind, können wir auch noch einen Blick auf die Gastrollen werfen. In der Loddertruppe die aus Babaorum auszieht sind an dessen Ende drei Gestalten zu sehen. Einer davon lässt sich den Wein aus einer Amphore schmecken. Hierbei handelt es sich zum wiederholten Male um den Freund von Uderzo und Goscinny, Pierre Tchernia, während seine zwei Träger eben jene selbst sind. René Goscinny und Albert Uderzo. Kurze Zeit später, ebenfalls in Babaorum treffen wir auf Stan Laurel und Oliver Hardy (bekannt als Dick und Doof), welchen Uderzo hiermit ein Denkmal setzte. Dass dieses Abenteuer rund um Wirtschaft, Finanzen und den Handel trotz seines Alters eine gewisse Aktualität aufweist, und dies nicht nu wegen der Thematik an sich, zeigt sich mit der Darstellung des Ökonoms Technokratus, der die Hinkelsteinlist erdachte, welcher wiederum eine Karikatur des damaligen Ministerpräsidenten Jacques Chiracs darstellt. Es ist auch eben jener Jacques Chirac, der von 1995 bis 2007 französischer Staatspräsident war.
Doch ich will auch noch einen kurzen Blick auf die visuelle Umsetzung werfen. Hier leistet sich Uderzo erneut keine groben Fehler. Zwar gibt es immer wieder, wie auch schon in den letzten Abenteuern, einfarbige Hintergründe, jedoch ist es dieses Mal weitaus weniger, als in den letzten Ausgaben. Dafür gibt es wieder eine ganze Menge detailreicher Innen- und Außenszenarien und natürlich besonders wichtig, die Massenprügeleien. Da schaut man doch gerne einmal länger hin, um sich in den Details zu verlieren.
Mit Obelix GmbH & Co. KG legen Goscinny und Uderzo eine gelungene Satire vor, spicken sie mit den üblichen Gags und reichern sie mit Gastrollen und Karikaturen an. Selbst heute noch ist dieses Abenteuer, wie viele andere ebenfalls, aktueller denn je. Denn auch wenn sich die Zeiten ändern, schnelllebiger werden, so gibt es Mechanismen, die seit vielen Jahren gleich geblieben sind. Aber zusätzlich zu alledem, hat der Band noch seinen hohen Unterhaltungsfaktor, bei dem einmal nicht der kleine clevere Gallier, sondern sein großer gutmütiger Freund im Mittelpunkt steht.
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