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Asterix Review Special (15): Streit um Asterix

Im letzten Band wurde mit Verleihnix eine neue Figur als Streitgrundlage etabliert. Dass es aber im nächsten Abenteuer gleich um einen Streit geht, hätte da wohl noch keiner gedacht. Aber genau dies passiert im 15. Abenteuer des kleinen Galliers, welches am 8. Januar 1970 in der 531. Ausgabe des Jugendmagazins Pilote startete. Noch im gleichen Jahr brachte Dargaud „La Zizanie“ als 15. Album der Buchreihe „Astérix le Gaulois“ in den Handel. In Deutschland gelangte „Streit um Asterix“ in den Ausgaben 21 von 1970 bis Nummer 5 von 1971 der Serie MV Comix zum Vorabdruck, bevor es 1973 als ebenfalls 15. Band veröffentlicht wurde. In einer Anzeige aus dem Jahr 1972 wird neben dem neuestem Asterix-Abenteuer auch ein Band in Latein angekündigt.

Eine Anzeige von Ehapa aus dem Jahr 1972.

Mit diesem Abenteuer verarbeitete Goscinny die Ereignisse des Jahres 1968. Im Mai diesen Jahres gab es politische Unruhen in Frankreich, die auch an Goscinny und der Redaktion des Pilote nicht spurlos vorbeigingen. Es brodelte förmlich, denn Asterix galt als Inbegriff des Nationalismus, Gaullismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und des Geldes. So wurde es auch in dem Buch „Uderzo – Der weite Weg zu Asterix“ formuliert. Goscinny war verzweifelt und wollte am liebsten alles aufgeben. Sein Freund Uderzo hingegen sah alles ein wenig gelassener. Er war schon seit geraumer Zeit auf Distanz zur Redaktion des Pilote gegangen und nahm diese Angriffe daher nicht wirklich ernst. Uderzo ging sogar soweit, zu sagen: „Die kleine Welt der Comics wollte ihre eigene Kulturrevolution machen und das umstürzen, was sich etabliert hatte. Berufsneid und Konkurrenz unter den Autoren spielten auch eine Rolle. Ãœber das alles musste ich ein wenig lächeln, wenn auch etwas Kummer dabei war. Immerhin hatte der Erfolg von Asterix einen Berufsstand zum Aufschwung gebracht, der lange Zeit verschrien war. Davon sprach keiner …“

Streit nicht nur bei Asterix sondern auch in den Reihen von Pilote.

Dieser Streit und die Unruhen im Allgemeinen brachten Goscinny dazu, auch die Gallier in ein solches Abenteuer zu stürzen. Er arbeitete eine pointierte Geschichte aus, und beleuchtete somit viele der etablierten Figuren charakterlich neu. Er begann, seine Helden menschlicher zu gestalten. Ein Spiegelbild der Ereignisse dieser Zeit. Unterstütz wurde die gereizte Stimmung im Dorf und auch Drumherum, durch den geschickten Einsatz von grün unterlegten Sprechblasen. Eine Szene zeigt diesen Einsatz besonders gut. Als Asterix und Obelix sich streiten, verlässt Obelix gemeinsam mit Idefix deren gemeinsame Hütte. Seine Sprechblase ist dunkelgrün verfärbt. Man spürt förmlich die Wut. Doch mit jedem Schritt und jedem Panel wird das „grummelbrummel“ kleiner und das grün heller, bis seine Wut nach drei Panels mit einer weißen und vollkommen leeren Sprechblase komplett verraucht ist. Hier sieht man wie gut es das Team Goscinny und Uderzo schaffen eine eigentliche Kleinigkeit so zu stilisieren, dass es schon wieder etwas Außergewöhnliches und sehr originell ist.

Grummelbrummel …

Außerdem schafft es Uderzo erneut ein Stück echte Historie einzubauen. Zu der Zeit, in der Asterix spielt, gab es unzählige gallische Senatoren. Die Römer wollten so den Galliern eine Stimme in der Politik geben, um so den Frieden zum römischen Volk zu schüren. Auch Majestix, beziehungsweise vielmehr seine Frau Gutemine, die im Original auf den Namen Bonemine hört, wünscht sich, dass ihr Gatte ein Senator in Rom wird.

Streit um Asterix
[Egmont, Mai 1973]

Es brodelt in Rom. Cäsars Senatoren misstrauen ihrem Herrscher und so muss Cäsar sich etwas einfallen lassen, um deren Vertrauen zurückzugewinnen. Er beschließt mithilfe von Destructivus einem außergewöhnlich begabten Menschen der es binnen kürzester Zeit immer wieder Unfrieden zu stiften, die Ruhe im gallischen Dorf zu zerstören und das gegenseitige Vertrauen zu untergraben. Dies soll dadurch geschehen, dass Destructivus in das gallische Dorf einmarschiert, den höchsten Mann des Dorfes sprechen will und dann kurzerhand Asterix eine wertvolle Vase überreicht. Sofort beginnt es, im Dorf zu kochen. Gegenseitiges Misstrauen entsteht, und es kommt sogar soweit, dass man Asterix unterstellt das Geheimnis des Zaubertrankes an die Römer verkauft zu haben …

Der wichtigste Mann im Dorf ist … … Asterix.

Wie bereits in der Einleitung beschrieben basiert die Grundidee auf den Ereignissen des Mai 1968 sowie der angespannten Situation in der Pilote-Redaktion. Trotzdem erschafft Goscinny weitaus mehr als nur ein reines Ablassventil für seine Frustrationen. Er schreibt eine Geschichte mit viel Humor und Wahrheit, die auch heute noch aktuell ist. Dabei lässt er es sich, wie so oft, nicht nehmen bekannte Dinge einzubauen. Er lässt Cäsar seinen Sohn Brutus, durch die Verwendung des Satzes „Auch du mein Sohn Brutus.“ so nerven, dass dieser fast schon aggressiv wird. Auch verbietet er ihm das Spielen mit dem Dolch, da er sich sonst noch wehtun würde. Eine sehr gute und vor allem witzige Szene, die Uderzo hier von Goscinny umgesetzt hat. Am besten ist jedoch wie Goscinny es schafft Destructivus mit wenigen Worten so agieren zu lassen, dass seine Umwelt genauso reagiert, wie es der kleine Manipulator möchte.

„Auch du mein Sohn Brutus.“

Auch zeichnerisch bietet der Band erneut beste Unterhaltung. Die bereits in der Einleitung erwähnte Einfärbung der Sprechblasen ist dabei nur ein kleiner Teil. Neben den bereits etablierten dynamischen und sehr detaillierten Bildern hat es erneut ein französischer Schauspieler in das Asterix-Abenteuer geschafft. Die Rede ist hierbei von Lino Ventura der in der Rolle des eher zögerlich agierenden Caius Aerobus, dem Zenturio des Lagers Aquarium, zu sehen ist. Wie so oft wird aber auch diese Abenteuer mit einer schematischen Zeichnung ergänzt. Hier wird der Kampf der Gallier gegen die Garnisonen der Lager Babaorum, Aquarium, Kleinbonum und Laudanum sehr übersichtlich und mit viel Humor dargestellt.

Wer greift jetzt von wo an?

FAZIT:

„Streit um Asterix“ gehört in meinen Augen mit zu den besten Asterix-Abenteuern. Nicht nur weil die Thematik noch immer aktuell ist, sondern weil neben den ganzen vielen kleinen Anspielungen vor allem das Verhalten von Destrucivus so faszinierend ist. Dass am Ende trotzdem wieder alles beim Alten ist und der Status Quo unverändert bleibt, ist einfach Gewohnheit und nimmt dem Abenteuer kein Bisschen an Spannung und Glaubwürdigkeit.

Wie du mir, so ich dir.

Copyright aller verwendeten Bilder © 1970-2014 Les Edition Albert/René Goscinny/Uderzo / Egmont

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