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Vorschau: The Evil Within

Manchmal ist weniger mehr. Resident Evil Fans müssten allerspätestens nach Teil sechs zumindest leicht nicken, Dead Space Anhänger eine stille Zustimmung hauchen und die letzten beiden Silent Hill-Jünger anerkennend schweigen. Im Horror-Genre hat sich ein Vertreter nach dem anderen systematisch selbst verstümmelt. Ein paar mehr Zombies hier, ein Koop-Partner da und das vermeintlich gruselige Erlebnis verkommt zu einer 08/15-Abenteuerreise mit einem Vin-Diesel-Verschnitt in der Hauptrolle – inklusive hektische Wackelkamera.Mit Evil Within will man bei Tango Gameworks zeigen, dass es auch anders geht. Wie spannend ein Spiel heute sein kann, wenn keine Schüsse am laufenden Band fallen.

Blut
Man ist sich unsicher, ob die Wände und der Boden mit oder den Mordspuren beängstigender sind.

Nicht wenige würden um die Gedanken des Shinji Mikami einen großen Bogen machen, schließlich ist der Japaner, der ursprünglich Rennfahrer werden wollte, für viele der Vater des Survival-Horror-Genres. Seit dem vielgepriesenen Resident Evil 4 vor acht Jahren hat er sich jedoch nicht mehr in diese Gefilde gewagt. Umso größer ist dadurch die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit bei The Evil Within. In Zusammenarbeit mit Bethesda will der Japaner die Spieler noch einmal das Fürchten lehren. Leute zu erschrecken, sei sowieso die Motivation hinter seinen Spielen. Sebastian Castellanos, seines Zeichens Detective, hängt kopfüber an der Decke und lauscht den Klängen von Johann Sebastian Bach. Allerdings macht er dies nicht freiwillig. Eigentlich wurde er gerufen, um einen Massenmord in der psychiatrischen Klinik einer Kleinstadt namens Beacon zu untersuchen. Für Mikami sei es wichtig, dass die Szenerie zu Beginn die echte Welt ist. Dadurch sei man sich nie sicher, ob es sich um etwas Reales oder Übernatürliches handelt. Filme wie etwa „The Ring“ machten dies bereits vor. Demgemäß horcht Castellanos der klassischen Musik, die ab und an von Mordgeräuschen gestört wird. Ein kräftig gebauter Mann mit Maske zerstückelt direkt neben dem Protagonisten einen Menschen. Als sich der vermutlich schwer geistesgestörte Mann entfernt, befreit sich der Cop und landet unsanft auf dem harten Boden. Viele Titel würden dem Spieler allerspätestens jetzt eine Knarre in die Hand drücken, damit der Bleiregen starten kann. In The Evil Within lautet die Devise, sich still und leise zu verhalten, im richtigen Moment die Schlüssel holen und nichts wie weg hier.

Schleich
Ohne Waffe ist das lautlose Schleichen eine gute Wahl.

Die Kraft der Ruhe

Selbstverständlich klappt das Vorhaben nicht reibungslos. Unachtsam stolpert Castellanos über einen Draht und der Alarm wird ausgelöst. Der Maskierte startet seine Motorsäge und jagt unseren Protagonisten. Die Korridore sind schmal und bedrückend. Manche Wände sind mit Blut beschmiert, andere sind auch ohne roten Lebenssaft hässlich. Das sei ohnehin das Kernelement, meint Mikami. Sie, die Atmosphäre, mache das Spiel gruselig und er addiere nur schaurige Kreaturen oder unheimliche Situationen. Als der Maskierte Castellanos am Bein erwischt, entsteht eben genau so eine unheimliche Situation mit einer schaurigen Kreatur. Irgendwie entkommt der Gehetzte für einen Moment, schreitet humpelnd zwischen scharfen rotierenden Klingen hindurch, um sich im Endeffekt in einem Spind zu verstecken, während der Verrückte aus dem spärlichen Inventar des Raumes Kleinholz macht. Es ist nur eine Frage von Augenblicken, bis Castellanos erwischt wird, doch er passiert den Großen unbemerkt und schafft es in den Aufzug. Dort bemerkt er, dass er keine Zigaretten mehr hat, doch als er die Psychiatrie durch den Haupteingang verlassen kann, wird ihm klar, dass die leere Schachtel ein weitaus kleineres Problem darstellt als die zerstörte Stadt, in der er sich wiederfindet. Wohlgemerkt: Es wurde bisher kein einziger Schuss abgefeuert!

Head
Keine Frischluft, aber viel Blut. Mit der roten Substanz wird nicht gespart.

Bevor alle denken, dass The Evil Within gar keinen Kampf bietet und nur auf das Entkommen setzt, wird ein späterer Spielstand gezeigt. Castellanos ist aus irgendeinem Grund verletzt und befindet sich diesmal im Freien. Er begibt sich in eine Hütte. Die Spritzen, die er dort findet, sticht er sich in seine Venen und füllt damit den dezenten Lebensbalken am unteren Bildschirmrand. Zur ersten Auseinandersetzung kommt es dann im rot beleuchten Keller. Zwei Zombie-artige Kontrahenten schlendern in seine Richtung. Mit der einfachen Pistole hat der Detective seine Mühe, die Untoten totzukriegen. Damit sie nachher nicht wieder auf die Beine kommen, werden die besiegten Kreaturen in Brand gesetzt. Die Kollegen der beiden lassen nicht lange auf sich warten – und obwohl Castellanos hier sogar auf Sprengminen als Fallen vertrauen darf, bleibt ihm im Endeffekt wieder nur die Flucht als einzige Option übrig. Mikami gab bereits zu verstehen, wieso man hier weglaufen muss, anstatt zu einem Supersoldaten zu mutieren. Der Japaner kenne natürlich den „Call of Duty-Markt“ samt seinen rund 20 Millionen Abonnenten und genau jenen peile man eben nicht an. Castellanos, der sich von der Horde an Gegner absetzt, befindet sich wieder in einem Korridor. Plötzlich ändert sich die gesamte Umgebung. Es ist weiterhin ein Korridor, der schmal und bedrückend ist, doch nicht derselbe. Als er die Tür am Ende des Gangs erreicht, entfernt die sich wieder. Beim zweiten Mal wird er von einer Welle aus Blut überrascht und „The Shining“ lässt grüßen. Da aller guten Dinge drei sind, schafft er es schlussendlich durch die Tür. Dort entspringt eine grässliche Kreatur aus dem Boden. Es ist eine Mischung aus dem Mädchen aus „The Ring“ und einer Afrikanischen Riesenvogelspinne. Castellanos muss, wie erwartet, erneut um sein Leben rennen.

Ersteindruck

Zugegeben man kennt noch nicht viel von dem Spiel, um sagen zu können, dass es tatsächlich größtenteils auf das altbekannte Shooter-Gameplay verzichtet. Das bisherige Material stimmt einen jedoch positiv. Das Gefühl, den Gegnern unterlegen zu sein, bieten heute kaum noch Titel. Die Angst davor, der Spieler könnte die Disc nach fünf Minuten aus dem Laufwerk ziehen, um sie durch FIFA zu ersetzen, weil man ihn nicht in Popcorn-Hollywood-Manier mit Action überschüttet, macht viele Entwickler zu Geiseln des Marktes; Mikami anscheinend nicht. Wollen wir hoffen, dass das Gameplay und die Abwechslung der grandiosen Stimmung in nichts nachstehen werden. (bs)

 

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