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Vorschau: Metal Gear Solid V

Damals waren sich fast alle einig: Es war eines der besten Spiele aller Zeiten, hat das gesamte Genre auf ein neues Niveau katapultiert und stellte einen Meilenstein dar. Es war Metal Gear Solid IV: Guns of the Patrios und damals war es 2008.

Die fünf Jahre seither sind nicht spurlos an der Industrie vorbeigegangen, auch Big Boss alias Naked Snake scheint das bekannt zu sein. „Habe ich euch warten lassen, was?“, murmelt er in einer tiefen neuen Stimme in Richtung Spieler. Der ungewohnte Sprecher heißt Kiefer Sutherland und reflektiert für Kojima den neuen Metal Gear Solid-Weg, den er einschlagen möchte. Der Star des TV-Dramas „24“ leiht Snake nicht nur seine Stimme, sondern auch die Mimik. Das erste Mal in der Serie kommt die Facial-Motion-Capture-Technik zum Einsatz. Und wenn von Technik die Rede ist, dann darf man selbstverständlich die neue hauseigene Fox Engine nicht vergessen. Die feierte im vergangenen Monat bei Pro Evolution Soccer 2014 ihre Premiere. Nur wenige denken dabei an einen glanzvollen Erstauftritt. Dass allerdings Fußball und Krieg weiterhin zwei verschiedene Paar Schuhe sind, bewiesen die Gameplay-Szenen, die man im Rahmen der Tokyo Game Show der Öffentlichkeit präsentierte. Anders als im Material, das man zur E3 sah, scheint diesmal keine Sonne auf Snake. Der feuchte Boden reflektiert die einzelnen Scheinwerferstrahlen realitätsgetreu und durchbricht, auch wenn nur für einen kurzen Augenblick, die Dunkelheit. Big Boss muss ein Geheimgefängnis der Amerikaner auf kubanischem Boden infiltrieren und einen Kindersoldaten befreien. Ein heikles Thema, das man auch vonseiten der Kojima Productions nicht ohne Kommentar stehen gelassen hat. Metal Gear Solid V wird einen düsteren Unterton haben. Der Künstler Yoji Shinkawa ist der Erste, der dies zu spüren bekommt. Er soll sich bereits mehrmals beim Zeichnen der Charaktere niedergeschlagen gefühlt haben. Ein Erfolg für Kojima also. Snakes Haare sind ergraut, der Bart gestutzt und der Anzug eng. Er kriecht in gewohnter Art durch den Matsch und schleust sich unbemerkt in das Lager ein. Die zahlreichen Wachen hat Big Boss vorher markiert und kann sie somit stets im Auge behalten. Einer von ihnen nähert sich in einem Fahrzeug und begeht kurz danach den Fehler, den alle Figuren in Videospielen und Horrorfilmen tun. Der Soldat steigt aus und wird neugierig.

Die Hauptstory spielt im Jahre 1984, also nach den Ereignissen von Peace Walker.

Freude am Fahren
Big Boss schwingt sich hinter das nun frei gewordene Steuer. In Metal Gear Solid V besitzt er nämlich einen Führerschein. Damit will Kojima eine realistische Art der Infiltration kreieren. Im ersten Open-World-Titel der Serie soll der Spieler fahren und aussteigen können, wann er will. Er möchte nicht seine Fans in Zwischensequenzen hineinfahren, sozusagen. Nichtsdestotrotz ist die Serie bekannt und berühmt für ihre langen und detaillierten Cutscenes. Die wird es bestimmt wieder geben, allerdings seltener und mit weniger Schnitten. Man bemühe sich, weniger Zwischensequenzen einzubauen und öfter lange Aufnahmen ins Gameplay fließen zu lassen, heißt es vonseiten Kojimas. Auch hier ist die offene Welt eine Begründung. So groß wie GTA V soll es dann doch nicht werden. Kojima-san, der ohnehin Twitter als seine Startseite haben müsste, verkündete dort, dass sich Metal Gear Solid V in Sachen Open World nicht mit dem Gangsterepos von Rockstar messen können wird. Ein MGS kann eben kein GTA sein, aber ein GTA wird auch nie ein MGS werden. Deswegen wird man auch keine Folterszene nachspielen dürfen. Die Sequenz, in der Trevor gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nation verstößt, sorgte für viel Wirbel. Kojima hält diese Szenen manchmal für notwendig, dennoch will er Spielern nicht zumuten, so etwas nachzuspielen.

Snake wird auch Autos fahren können und nicht nur auf Pferden reiten müssen.

Hubschrauber, die nicht fallen
Zurück im Gefangenenlager regnet es immer noch und langsam aber sicher nähert sich Big Boss seinem Ziel. Zwei Wachen patrouillieren und suchen die Umgebung ab. Einer von ihnen ist unaufmerksam und Snake packt seinen Kontrahenten am Hals. Töten oder nur ohnmächtig schlagen, das war bisher hier die Frage. Jetzt wird eine dritte Option addiert. In Zukunft wird man listiger agieren dürfen und den hilflosen Soldaten dazu zwingen können, seinen Kollegen herzurufen. Zwei Fliegen und nur eine Klatsche. Sollte dies übrigens nicht problemlos wie beschrieben klappen, dann muss man nicht wie früher auf Pause klicken, um einen alten Spielstand zu laden, weil man auf keinen Fall erwischt werden will. Im Augenblick, indem die Wache auf einen Aufmerksam wird, aktiviert sich eine Zeitlupenfunktion. Wenn man nun geschickt und agil ist, dann hat man die Möglichkeit, den Kontrahenten zu überwältigen, bevor er Alarm schlagen kann. Zum Abschluss der Mission darf Big Boss, also der Spieler, entscheiden, wo der Hubschrauber, der ihn abholt, landen soll. In wenigen Minuten sitzt Snake im Helikopter und wundert sich vermutlich, dass die Maschine nicht nach typischer Videospieltradition abgestürzt ist.

David Hayter war nicht erfreut darüber, dass er durch Kiefer Sutherland ersetzt wurde.

Ersteindruck
Wenn Metal Gear Solid V: The Phantom Pain bzw. Ground Zeroes irgendwann im Laufe des nächsten Jahres in den Laufwerken rotiert, werden Millionen von MGS-Fans, die sechs Jahre lang auf einen richtigen Nachfolger gewartet haben, frohlocken. Es ist zu früh, um einen aussagekräftigen Eindruck von dem Spiel zu haben, aber in diesem Fall ist das auch nicht zwingend notwendig. Mit Sam Fisher, der im Bezug auf das Stealth-Gameplay, das er zu hegen und pflegen wusste, ein Schatten seiner selbst ist, steht Snake als beinahe konkurrenzlose Ein-Mann-Armee da. Wirklich kümmern scheint das im neu eröffneten Studio der Kojima Productions in L.A. niemanden; Metal Gear Solid V bereitet sich darauf vor, das Stealth-Genre nochmals voranzutreiben und eine neue Messlatte zu legen, wie eben 2008, 2004 oder damals 1987. (bs)

 

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