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Vorschau: Godus

Peter Molyneux hat in den letzten Jahren einen gewissen Ruf als Dampfplauderer bekommen: Er verspricht viel, kann aber im Endeffekt bei weitem nicht alles halten und lässt dank seiner zuvor öffentlich kundgemachten großen Ambitionen enttäuschte Spieler zurück. Auch wenn er das durchaus weiß und immer wieder anspricht, hält ihn das auch diesmal nicht zurück: Godus soll irrsinnig groß werden, eine lebendige Welt bieten und nichts Geringeres als das neue Popolous werden, dabei aber auch auf Ideen aus Black & White und Dungeon Keeper zurückgreifen. Doch was steckt hinter den Versprechen? Wir haben uns die Early Access-Version des Spiels, die es mittlerweile auf Steam zu kaufen gibt, angesehen.

Das Land erinnert an viel zu viele Schichten Teig übereinander ...
Das Land erinnert an viel zu viele Schichten Teig übereinander …

Klick, Klick-a-di-Klick

Halten wir fest: Wie Popolous oder Black & White ist Godus eine Göttersimulation – zumindest in dieser Hinsicht wurde das Versprechen also schon mal eingehalten. Zu Beginn seid ihr allerdings alles andere als ein mächtiger Gott: Ihr habt zwei Personen, die an euch glauben, und nur einen winzig kleinen Bereich, in dem ihr eure Macht entfalten könnt. Um das zu ändern, müsst ihr aktiv werden und euer Volk tüchtig mehren: Mit eurer ersten Fähigkeit könnt ihr das Land verändern und so Bauplatz für neue Hütten kreieren, in denen sich euer Volk … naja, fortpflanzt. Hütten (und später auch größere Häuser) werden allerdings nur auf Land gebaut, das eine ausreichend große, ebene Fläche bietet. Terraforming ist auch tatsächlich eure Hauptaufgabe in der ersten Spielzeit – und die auf den ersten Blick etwas seltsame Optik von Godus hängt damit maßgeblich zusammen: Eure Startinsel (und auch das später erreichte Festland) besteht aus Tälern und Bergen, die allerdings anders als in anderen Spielen aus klar erkennbaren Schichten aufgebaut sind. Wenn ihr also die Topographie verändern wollt, „packt“ ihr die Schicht per Mausklick am Rand und zieht einfach an – wir fühlen uns dabei ein wenig  an Weihnachten beim Plätzchenbacken erinnert, wenn wir den Teig langsam ausrollen und in die richtige Form bringen. Natürlich gibt es dabei ein paar Einschränkungen, wie zum Beispiel die Tatsache, dass eine höhere Schicht immer auf einer direkt darunter liegenden aufliegen muss, aber dieser Sachverhalt sollte jedem rasch klar sein. Problematisch erweist sich hier allerdings schon eines: Das Spiel erfordert eine Menge an Mausklicks, wie man sie sonst nur bei Profi-Spielern in koreanischen StarCraft-Ligen oder beim Durchspielen von Diablo III erwartet. Schon simples Terraforming erfordert von euch, mehrfach zuzupacken und das Gelände Schritt für Schritt in die richtige Form zu ziehen; um danach auf den neu entstandenen Bauplätzen neue Hütten zu errichten, benötigt es wieder einen weiteren Klick auf jene Bauwerke, die mit einem Fähnchen anzeigen, dass sie ordentlich gefüllt sind, und wenn ihr aus euren Häusern Glauben (das ist eure Währung, mit denen ihr Wunder bezahlt) abschöpfen wollt, müsst ihr die entsprechenden Kügelchen auf euren Hütten ebenfalls anklicken (hier schaffen allerdings später Siedlungen Abhilfe). Fazit: Nach einer halben Stunde Godus hatten wir in unserem Testlauf das Gefühl, dass eine Sehnenscheidenentzündung nicht mehr weit sein kann. Ganz abgesehen davon, dass ein Klick manchmal völlig falsch interpretiert wird und ihr aus Versehen mehrere Häuser abreißen könnt, wo ihr doch eigentlich nur Glauben einsammeln wolltet.

Nein, die Welt hört nicht plötzlich auf - nur eure Sichtweite ist beschränkt.
Nein, die Welt hört nicht plötzlich auf – nur eure Sichtweite ist beschränkt.

Götterkrieg

Nach und nach erfüllen wir Kriterien, die unseren Einflussbereich erweitern, und sammeln (und finden) dabei Karten, die wir in eine Art göttliches Stickeralbum einkleben. Diese sorgen für unseren ständigen Fortschritt in der Welt, gönnen uns neue Fähigkeiten (darunter „gute“, wie Beautify, das aus Sumpfland fruchtbare Erde schafft, aber auch böse, wie Meteor Strike) und bringen uns nach und nach dem nächsten Zeitalter näher. Ja, richtig gehört, Peter Molyneux hat hier (wie er selbst zugibt) ein wenig von Civilization abgekupfert und lässt euch nach und nach in der Geschichte voranschreiten. In der Beta gibt es hiervon allerdings erst zwei, später soll es tatsächlich bis zum Raumfahrtzeitalter vorangehen. Jedes Zeitalter verändert auch eure Ziele. Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg, und als Stolpersteine sollen sich hier andere Götter erweisen. Molyneux spricht vollmundig von einer Spielwelt in der Größe des Planeten Jupiter, auf der alle Godus-Spieler ihren Platz finden werden – momentan gibt es allerdings nur den Berg der Götter, der euch auf eigenständige Schlachtfelder bringt, wo ihr gegen andere „Spieler“ (tatsächlich ist es momentan nur die KI, die einen Konkurrenten imitiert) antretet. Wer schafft es, sein Volk bis zum Ablauf der Zeit am meisten wachsen werden zu lassen? Wer sammelt am meisten Glauben? Es sind Aufgaben wie diese, die zwar zu Beginn kurzweilig sind, aber momentan noch nicht auf Dauer fesseln können. Aber das gilt momentan leider für das gesamte Spiel.

Seid ihr fleißig, sammelt ihr diese Kärtchen.
Seid ihr fleißig, sammelt ihr diese Kärtchen.

Ersteindruck

Vermutlich habt ihr es bereits herausgelesen: Godus hat uns noch nicht überzeugt. Zu viele Klicks, zu umständlich, zu wenig zu tun – und große Ideen, für die es einfach noch keine passende Spielwiese gibt. Allerdings ist noch lange nicht aller Tage Abend: Laut den Entwicklern umfasst die aktuelle Version knapp 40 Prozent der geplanten Inhalte. Dadurch wird Godus ein wenig zur Glaubensfrage – passend irgendwie, oder? Schafft es Peter Molyneux mit seinem Team, einen Großteil der versprochenen Inhalte nachzuliefern und tüchtig nachzubessern, könnte Godus wirklich ein würdiger Nachfahren von Popolous werden. Muss er allerdings zu viele Features streichen, fehlt die Langzeitmotivation und das Spiel bleibt im Mittelmaß stecken. Wir erlauben uns, momentan noch auf ersteres zu hoffen: Immerhin bleibt ja noch Zeit und viele andere Spiele würden wir in diesem Grad der Fertigstellung niemals so ausführlich ausprobieren können. Dass es hier Lücken gibt, ist daher absehbar und auch akzeptabel. (fs)

Genre: Simulation
Entwickler: 22cans
Erscheint: erhältlich (Early Access)

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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