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Spiele, die ich vermisse: Buzz Aldrin’s Race Into Space

Ich spiele bereits seit über 25 Jahren Videospiele – genau könnte ich es gar nicht sagen, aber zumindest meinen C64 kann ich mit Weihnachten 1987 genau datieren (vom Philips G7000 meiner Schwestern, mit dem ich davor ein wenig rumspielen durfte, und diversen Tricotronics gar nicht zu reden). Zeit genug, um jede Menge Spiele zu sehen, die ich in dieser Form niemals wieder gesehen habe. Manche von ihnen würde man wohl in keiner Zusammenstellung der besten Videospiele aller Zeiten wiederfinden. Andere vielleicht schon. Auf mich haben sie jedenfalls Eindruck gemacht. Deshalb möchte ich mit dieser Blog-Serie an Spiele erinnern, die mir persönlich gut gefallen haben – ob sie nun kommerziell erfolgreich waren oder nicht.

Beginnen möchte ich mit einem Spiel, das ich auch heute noch gerne „zwischendurch“ spiele: Buzz Aldrin’s Race Into Space. Wenn euch das Spiel nichts sagt: kein Wunder. Erstens ist es schon älter, zweitens war es kommerziell nie besonders erfolgreich. BARIS basiert auf dem Brettspiel Liftoff! von Fritz Bronner, einem amerikanischen Spieledesigner, in dem vier Nationen versuchen, mit ihrem Weltraumprogramm als erster den Mond zu erreichen. 1993 entstand aus Liftoff! ein Videospiel, dem Apollo 11-Astronaut Buzz Aldrin seinen Namen lieh.

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Ich kann mich noch gut erinnern, als ich das erste Mal von dem Spiel hörte. Damals war ich zwölf Jahre alt, hatte noch keinen PC, sondern nur einen Amiga 500 und war fleißiger Leser von Multiformat-Magazinen. Und an diese eine spezielle Ausgabe kann ich mich noch gut erinnern, gab sie mir doch gleich zwei Gründe, auf einen PC zu sparen: Der erste war X-Wing, der zweite eine Wirtschaftssimulation, von dem ich noch nie gehört hatte. Richtig, Buzz Aldrin’s Race into Space. Als bekennender Weltraum-Fan traf es genau meinen Nerv – nur leider mangels PC nicht meine Möglichkeiten. Bis ich das Spiel in die Hände bekam, dauerte es also noch eine Weile – denn als ich 1994 endlich auf den PC umstieg, war das Spiel bereits nirgends mehr zu finden. Erst dank der berühmt/berüchtigten Cover-CDs hatte ich – deutlich später als gedacht – endlich Gelegenheit, BARIS zu spielen.

Also, kommen wir zum Spiel selbst. Wie schon im Brettspiel übernehmt ihr das Kommando über eine Nation (im Spiel nur noch die USA und Russland) im Jahr 1957 und versucht, vor Ablauf der Zeit (in den 70ern) auf dem Mond zu landen – bevor es eurem Konkurrenten gelingt, eine Raumkapsel dorthin zu schicken. Dass das kein leichtes Unterfangen ist, kann sich wohl jeder vorstellen – und die Tatsache, dass die gegnerische KI äußerst aggressiv spielt, hilft kein bisschen. Besonders die Urversion hat den Ruf, nahezu unschaffbar schwer zu sein, denn die Missionen gehen leicht schief (was nicht nur Todesfolgen für die Astronauten haben kann, sondern auch eure Programme weit zurückwirft) und die KI setzt unerbittlich auf Risiko und kommt damit oft auch noch durch – kein Wunder, dass der erste KI-Satellit im All ist, bevor wir eine solche Mission überhaupt wagen würden.

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Im Grunde genommen spielt sich BARIS wie eine typische rundenbasierte Wirtschaftssimulation: Pro Runde (zwei pro Jahr) startet ihr neue Programme (was viel Geld kosten kann), lasst eure Teams an bestehenden Bauteilen (sprich: Raketen, Raumkapseln, Satelliten, Landefahrzeugen, Raumanzügen, etc.) forschen, rekrutiert neue Astronauten, teilt diese euren Programmen oder Fortbildungen zu, plant Missionen für den nächsten Zug, stellt die Bauteile für aktuelle Ausflüge ins All zusammen und gebt die Startfreigabe. Typisch für die damalige Spielezeit sollte man entweder recht genau wissen, was man tut (z.B. hilft es irrsinnig, sich mit der Geschichte der amerikanischen Raumfahrt zu beschäftigen), oder zumindest das Handbuch genau zu studieren, um Erfolg zu haben, denn auf dem Weg zum Mond sind zahlreiche Meilensteine zu erreichen, deren Auslassen negative Konsequenzen mit sich bringen. Denn wer versucht, gleich Astronauten zum Mond zu schicken, ohne zuvor im Orbit der Erde gewesen zu sein, wird sein blaues Wunder erleben. Das heißt aber nicht, dass es nicht alternative Wege gibt: Zwar ist eine historische Mondlandung oft die einfachste Lösung, wer es lieber anders versuchen will, kann gerade hier aus unterschiedlichen Möglichkeiten wählen. Wer sagt zum Beispiel, dass man die Landekapsel gemeinsam mit dem Apollo-Modul zum Mond schicken muss? Ja, das birgt mehr Risiken, aber man erspart sich die Entwicklung der mächtigen Saturn V-Rakete. Oder aber man entwickelt die Jupiter-Kapsel, die direkt auf dem Mond landen kann und erspart sich damit die Entwicklung einer Landefähre, benötigt aber andersrum die mächtige (nie gebaute) NOVA-Rakete, um mit dem Gewicht klarzukommen. Außerdem kann man das Konzept des Space Shuttles aufgreifen und mit dem XMS-2 ein Shuttle entwickeln, das man dann natürlich wieder verwenden kann. Da man niemals alles entwickeln kann, sollte man sich gut überlegen, wie man zum Erdtrabanten gelangen will – aber dennoch immer auf Notfälle vorbereitet sein, denn ein kritischer Unfall mit einem Bauteil kann euer Programm um Jahre zurückwerfen.

Spätestens beim Fliegen der Missionen ist endgültig klar, dass das Spiel auf einem Brettspiel basiert: Jedes eurer Bauteile hat einen Sicherheitsfaktor, der in Prozent angegeben wird. Zu passenden Zeitpunkten in der Mission wird nun gegen diesen Faktor gewürfelt – übertrifft das Resultat den Sicherheitsfaktor, tritt ein mehr oder weniger katastrophales Ereignis auf. Eine Fehlzündung der Rakete kostet vielleicht nur Prestige, ein Totalversagen des Hitzeschilds allerdings wohl das Leben eurer Astronauten und euer Kapselprogramm wird weit zurückgestuft, was es oft sinnvoller macht, das Programm aufzugeben und anders weiterzumachen. Zusätzlich gibt es noch das Äquivalent von Ereigniskarten, die zu Beginn einer Runde via Nachrichtensendung ausgespielt werden. Mal blockiert eine Sturmfront alle Starts, mal forscht man besser oder die Einkäufe werden billiger. So oder so: Es passiert immer etwas Unerwartetes, auf das man reagieren sollte.

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Ein wichtiger Antrieb für das Gameplay ist natürlich auch die Entwicklung des Weltraumrennens. KGB bzw. CIA versorgen euch regelmäßig mit (mehr oder weniger zuverlässigen) Updates über das Programm des Gegners, denn wer im Rennen voran ist und als erster die diversen Meilensteine erreicht, kann mit dem Wohlwollen seines Staatsoberhaupts und dementsprechend mit einem besseren Budget rechnen. Wie bereits erwähnt spielt die KI stark und riskant, ist aber nicht unfehlbar – dennoch ist das Spiel für Einsteiger sehr, sehr frustrierend, denn man braucht Erfahrung, bis man weiß, welche Missionen man dringend braucht und vor allem, welche Bauteile man für diese benötigt. Eine gute Alternative ist dabei das Spiel zu zweit, das man wahlweise im HotSeat-Modus oder via Email spielen kann.

Warum hat Buzz Aldrin’s Race Into Space einen Eintrag in meiner Liste verdient? Aus mehreren Gründen. Ich mag Wirtschaftssimulationen, zumindest, wenn sie sich nicht rein mit Geldscheffelei herumschlagen, sondern eher mit dem Erreichen von Zielen. Dieses Subgenre ist leider selten geworden. Außerdem bin ich – wie erwähnt – ein absoluter Fan von bemannter Raumfahrt, aber es gibt wenige Spiele, die sich ernst nehmen, ohne zu sehr in Science Fiction abzudriften. BARIS ist kein perfekter Titel – er ist schwer, wenig einsteigerfreundlich, die Benutzung ist zum Teil umständlich und auch die historische Genauigkeit wurde zum Teil dem Gameplay geopfert –, aber er hat mich wie kaum ein Spiel zuvor an der Geschichte der Raumfahrt teilhaben lassen und mich so nebenbei auch noch viel gelehrt.

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Für all jene, die nun neugierig geworden sind und das Spiel ausprobieren wollen, habe ich übrigens gute Nachrichten: Mittlerweile haben die Entwickler den Sourcecode des Programms veröffentlicht, weshalb sich eine (mäßig aktive) Community mit dem Spiel beschäftigen kann. Das Resultat ist, dass es mittlerweile eine problemlos auf mehreren Betriebssystemen laufende Version gibt, die etliche Verbesserungen bereits eingebaut hat. Das Team arbeitet momentan allerdings auch an diversen Erweiterungen – wer weiß, vielleicht bekomme ich eines Tages jenes Spiel, das mich auch nach dem Mond weiter fliegen und zum Beispiel die ISS errichten lässt …

 

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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