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Spiele, die ich vermisse #73: Rebel Assault

Es ist Freitag – und damit Zeit für Erinnerungen. Ausnahmsweise lasse ich mich dabei diesmal nicht von einem Spiel inspirieren, denn obwohl ich in meiner Freizeit ein paar Titel gespielt habe (darunter endlich Ni No Kuni sowie ein kleiner Rückfall in alte WoW-Zeiten), lasse ich mich einmal mehr von anderen Dingen an alte Zeiten erinnern. Wie wäre es zum Beispiel hiermit: Über die Weihnachtsfeiertage bin ich endlich dazu gekommen, meine letzten beiden Geburtstagsgeschenke zu bauen – zwei Lego-Modelle, nämlich einmal den Millenium Falcon und einmal die Red 5-Version eines X-Wings. In Kombination damit, dass ihr auf Shock2 momentan als aktuellen Podcast den Star Wars-Cast hört, an dem ich damals mitwirken durfte, Grund genug, ein Star Wars-Spiel herauszupicken. Meine Wahl? Rebel Assault.

Das 1993 erschienene Spiel wurde (fast möchte man bei der Zugehörigkeit zu dieser Saga „natürlich“ sagen) von LucasArts entwickelt und war ein Rail Shooter, wie man ihn in dieser Qualität zwar vielleicht von der Spielhalle, aber sicher nicht vom heimischen Rechnern oder einer Konsole kannte. Warum? Nun, hier spielten sicherlich mehrere Faktoren mit, aber die Tatsache, die sofort ins Auge sprang, war sicherlich diese: Da das Spiel ausschließlich auf CD-ROM (allerdings nicht nur für PC, sondern auch für 3DO und Sega Mega-CD) erschien, konnte mithilfe des zur Verfügung stehenden Speicherplatzes die Hintergründe der Level vorberechnet werden, was einen grafischen Detailgrad erlaubte, der weit über das hinausging, was die Rechner der damaligen Zeit normalerweise auf den Bildschirm zaubern hätten können. Natürlich brachte das einige Limitationen mit sich – zum Beispiel war es nur an (wenigen) vorgegebenen Punkten möglich, einen alternativen Weg einzuschlagen, freie Navigation oder auch nur Kehrtwenden waren nicht vorgesehen. Aber gut, das erwartet man sich bei einem  Rail-Shooter, der ja – wie der Name schon sagt – quasi auf Schienen läuft, gar nicht anders.

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Aus diesem simplen Gameplay, wenn auch in Sachen Technik eher aufwendigen Prinzip holten die Entwickler unter Designer Vince Lee (der auch der einzige Programmierer des Projekts war) jede Menge heraus. Dabei half sicherlich, dass man sich einmal mehr auf das konzentrierte, was Star Wars groß gemacht hatte, und epische Schlachten auf Monitor und Fernseher bannte. Man schlüpfte in die Rolle von Rookie 1 (ob dieser männlich oder weiblich war, konnte man einstellen) und spielte 15 Missionen im Kampf gegen das Imperium, was natürlich in der Schlacht um den ersten Todesstern gipfelte. Anders als bei X-Wing wurde dabei nicht getrickst und dem Spieler erklärt, dass er in der letzten Mission plötzlich Luke Skywalker war, damit er die berühmten Torpedos abfeuern konnte, stattdessen erzählte man einfach eine alternative Version, in der eben andere Figuren zu Helden wurden. Das zeigt sich vielleicht auch daran, dass der Angriff auf Hoth in Rebel Assault schon etliche Missionen vor der Schlacht von Yavin absolviert wird.

Auch in Sachen Gameplay bemühte man sich um Abwechslung: Manche Abschnitte wurden aus der Third Person-Sicht gespielt, sodass man sein Schiff aus etwas Distanz von hinten (und manchmal auch von oben) betrachtete. Das hatte zwar den Vorteil, dass man die Umgebung gut erkennen kann, macht es aber bisweilen etwas schwierig, abzuschätzen, ob man schon mit einem Objekt kollidiert oder ob es noch weit genug vor einem ist (was besonders beim dritten Level, dem letzten Teil eurer Ausbildung, mit seinen vielen stacheligen Gebilden, denen es auszuweichen galt, Probleme machte). Ausgerechnet diese Abschnitte drehten sich aber primär um das Ausweichen (was nicht heißt, dass es hier nicht auch einige heiße Verfolgungsjagden mit Laser-Einsatz gibt). Übrigens: Dieses Ausweichen wurde auch dadurch ermöglicht, dass die vorabgerenderten Hintergrundfilme ein wenig größer waren als die Bildschirmauflösung, wodurch man durch die Manöver in geringem Maße die Kamera nach oben, unten, links oder rechts schwenken konnte. Viel mehr Möglichkeiten, die Perspektive zu ändern, gab es allerdings nicht, wenn man von gelegentlichen Abzweigungen mal absieht (die oft in einem kurzen Hängen des Levels resultierten, weil das CD-ROM plötzlich Daten nachladen musste).

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Wieder andere Level ließen euch in Cockpitsicht in eurem Raumschiffs Platz nehmen, wodurch der Fokus deutlich mehr auf das Schießen rückte, aber – insbesondere in den beiden Asteroidenfeld-Levels – auch das Ausweichen nicht vernachlässigt werden durfte. Es war diese Perspektive, in der einige der wohl bekanntesten Missionen geflogen wurden, darunter natürlich der Angriff auf den Todesstern, die AT-AT-Mission auf Hoth und der Kampf gegen den Sternzerstörer. Übrigens war es in diesen Levels trotz der Perspektive (anders als z.B. in X-Wing) nicht so, dass der Laser immer genau in die Mitte des Screens feuert. Stattdessen gibt es ein Fadenkreuz, das ihr frei über den Bildschirm bewegen konntet (aber gleichzeitig auch zur Steuerung diente, weil die eingeschlagene Richtung auch das Raumschiff mitbewegte – siehe auch hier die „übergroßen Hintergrundfilme“ vom Absatz oben).

Aus diesen Zutaten (und einem einzigen Level, das zu Fuß absolviert wurde und vor allem aus Zielschießen und ein wenig Ausweichen bestand) wurde mithilfe einiger zusätzlicher Zutaten ein echtes Multimedia-Spektakel. Die Level wurden mit Cutscenes verbunden (bzw. zum Teil auch durch diese unterbrochen), die aus CG-Sequenzen, animierten Bildern (gerade die Szenen, in denen wir Piloten im Cockpit reden sehen, erinnern mich immer ein wenig an die LucasArts-Adventures und ihren Animationsstil, wenngleich mit realistischerer Optik) und Schnipseln aus den Filmen zusammengeschnitten wurden. Die Ehre, dass neues Material gedreht wurde, kam aber erst dem Sequel zu (bei dem es dann aber dafür auch großräumig beworben wurde). Übrigens, da wir gerade die Adventures erwähnt haben: Die INSANE-Engine, die Rebel Assault antrieb, wurde später auch für Adventures benutzt – zum Beispiel für die Motorradszenen in Full Throttle oder auch in The Dig.

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Heutzutage reden wir immer von einem „System Seller“, der uns einen Grund gibt, warum wir uns eine Konsole oder einen Handheld kaufen sollen. Rebel Assault war vielleicht kein System Seller, aber definitiv ein Component Seller: Wer die nötige Hardwarepower unter der Haube hatte (und die Anforderungen waren dabei mit einem 386er für 1993 relativ moderat) und auch nur ein bisschen etwas mit Star Wars und Games anzufangen wusste, wollte dieses Spiel unbedingt haben – und das hieß: Man brauchte ein CD-Laufwerk, das – und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – noch dazu Double-Speed-Leseraten (also 300 KB/s) lieferte. Wer sich so ein exotisches Gerät noch nicht für The 7th Guest zugelegt hatte, wurde also vermutlich bei diesem Spiel schwach – so auch ich, denn Rebel Assault war DER Grund, meine Eltern zu überreden, ein CD-ROM anzuschaffen.

Erlaubt mir hier einen kurzen Exkurs, denn „exotisch“ trifft die damalige Zeit ganz gut. Zwar hatten sich Musik-CDs bereits durchgesetzt, im typischen Haushaltsrechner hatten die CD-ROMs hingegen nicht wirklich Platz gefunden – und das ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn für die neue Hardware gab es einfach keine Anschlussmöglichkeiten auf dem Motherboard (oder auf einem Standardcontroller, wie er sowieso im Rechner zu finden gewesen war). Wer hätte denn schließlich gedacht, dass man mehr braucht, als ein oder zwei Festplatten und ein Diskettenlaufwerk? Mein erstes CD-ROM hatte deshalb seine ganz eigene Controllerkarte und musste natürlich auch mit der Soundkarte verkabelt werden, damit der klassische CD-Sound abgespielt werden konnte. Später wurde es üblich, dass Soundkarten auch als CD-Controller fungierten – was natürlich erst wirklich gut funktionierte, als sich die Hersteller auf einen Standard einigten.  Die heutigen Anschlussmöglichkeiten, durch die optische Laufwerke dieselben Anschlüsse wie Festplatten nutzen konnten, entwickelten sich erst deutlich später.

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Doch die große Frage im Bezug auf Rebel Assault ist: Hat sich die damalige Investition gelohnt? Oh ja, definitiv. Rebel Assault gehört zu jenen Spielen, die immer wieder mal zwischendurch gespielt wurden. Es kostete mich zwar etliche Nerven, das Spiel durchzuspielen, woran vor allem eine kleine Handvoll Levels „schuld“ ist – das dritte Level mit seinen Spikes, das vierte mit dem Sternenzerstörer und das achte mit den AT-ATs –, aber nach und nach hatte ich den Bogen raus und selbst die schwierigeren Abschnitte sowie die höheren Schwierigkeitsgrade wurden einfach. Zwei Dinge kamen mir hier wohl zu Hilfe: Erstens gab es ungefähr alle drei Levels ein Passwort, mit dem man bei einem späteren Durchlauf hier wieder einsteigen konnte (die Königsdisziplin war aber natürlich nach wie vor ein Run durch alle fünfzehn Level). Zweitens veränderte sich das Spiel natürlich nicht. Tauchte an dieser Stelle ein TIE-Fighter auf, würde er immer hier auftauchen, und auch die Wege durch Canyons und Asteroidenfelder blieben immer gleich. Auswendiglernen war also bisweilen der Schlüssel durch so manche knifflige Stelle –schnelle Reflexe und gute Hand/Augen-Koordination natürlich ebenfalls.

Kommen wir zum Abschluss: Warum vermisse ich Rebel Assault? Ich vermisse das Spiel wohl als Startpunkt einer neuen Ära, die schon wieder hinter uns liegt. Rail Shooter kannte man zuvor vor allem (aber nicht ausschließlich) aus der Spielhalle, heutzutage sind sie wieder aus der Mode gekommen, denn was damals die einzige Möglichkeit war, so eine Grafik zu zeigen, ist heute auch in Echtzeit möglich, ohne dem Spieler die Kontrolle weitreichend aus der Hand nehmen zu müssen. Klar, als Stilmittel gibt es sie noch immer in einzelnen Abschnitten von Spielen, aber ein ganzes Spiel als Rail-Shooter ist selten geworden. Das zeigt sich im Speziellen auch bei Rebel Assault nur allzu gut: Was damals „beeindruckende 3D-Grafik“ war, ist heute detailarm. Das Gameplay, das damals großes Staunen und Begeisterungsstürme hervorrief, ist heute restriktiv. Und der große Wow-Effekt, als das erstes Mal Filmschnipsel aus dem Rechner kamen, die direkt aus den Star Wars-Streifen stammen, ist heute einem „oh mein Gott, wie mies ist das den komprimiert? Ich sehe jede Menge Artefakte!“ gewichen. Das sind natürlich Dinge, die Rebel Assault mit vielen anderen Retro-Titeln teilt, aber gerade bei einem Spiel, das durch seine Präsentation so massiv beeindrucken konnte, fällt es umso mehr ins Gewicht. Und wie schnell das Spielprinzip veraltete, sieht man wohl daran, dass schon das Sequel, Rebel Assault II: The Hidden Empire, das zwei Jahre später erschien, sich veraltet anfühlte.

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Ich vermisse Rebel Assault aber auch als jenen Titel, der es geschafft hat, Star Wars beeindruckend auf den Monitor zu zaubern. Bei X-Wing wurde damals oft und gerne kritisiert, dass es nie wirkte, als würde man mit beeindruckender Geschwindigkeit durchs All jagen, und schnelle Hinderniskurse scheiterten an den Möglichkeiten der Hardware. Rebel Assault mochte nicht die Freiheiten bieten, die sein Simulator-Counterpart bot, aber dafür wirkte es zeitweise wirklich, als hätte man Platz in einem Cockpit der weit, weit entfernten Galaxis geboten. Aber auch hier gilt: Was damals alle Erwartungen übertraf und so gut aussah, dass es uns regelrecht ins Spiel hineinsog, ist heute nur noch Pixelmatsch. In diesem Sinne ist Rebel Assault ein Relikt, an das man sich besser vor allem erinnern sollte – denn wie so oft sind die Bilder im Kopf einfach schöner als das, was man bei einem erneuten Anlauf zu sehen bekommen würde …

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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