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Spiele, die ich vermisse #68: Bundesliga Manager Professional

In meiner großen Master-Liste für diesen Blog gibt es einige Titel, die ich anno dazumal gespielt habe und heute durchaus als vermissenswert bezeichnen würde, die aber – wenn man mich heute kennt – die Frage aufkommen lassen „Was? Das hat er gemocht?“. Diverse Shooter fallen da darunter (von Half-Life und Half-Life 2 habt ihr ja bereits gelesen), aber auch einige Titel, die mit Sport zu tun haben. Ich bin zum Beispiel bekennender Fußball-Muffel: Dass 22 Männer (und natürlich auch Frauen, aber die sind in den Spielen dazu unterrepräsentiert) 90 Minuten lang einem Ball nachjagen, kann ich ja noch (aber auch nur irgendwie) verstehen, aber warum so viele Menschen begeistert dabei zusehen wollen, geht über meinen Horizont (andererseits würden mir wohl manche Leute erklären, sie würden sich lieber die Zehennägel ausreißen lassen, als Leuten wie mir beim Singen und Tanzen zuzusehen – Geschmäcker sind nun mal zum Glück verschieden). Dennoch lest ihr heute über ein ganz bestimmtes Fußballspiel, das mir sehr viel Spaß gemacht hat – wohl auch deshalb, weil ich mehr mit Zahlen und Tabellen zu tun hatte und sich die Szenen am Rasen eher minimalistisch gaben und auf das Wichtigste reduziert wurden: den Bundesliga Manager Professional.

Doch bevor ich euch mehr über dieses Spiel erzähle bin ich euch noch etwas schuldig, was ich normalerweise in den ersten Absatz schreibe: Wie komme ich eigentlich gerade jetzt auf dieses Spiel? Ganz einfach: Die Welt der Fußballmanager-Simulationen war die letzten Jahre stark zusammengequetscht und reduzierte sich (abgesehen von einigen Online-Versionen und kleineren Projekten) auf zwei Serien: EAs Fußball (AKA: FIFA) Manager und SEGAs Football Manager. Zweiteren kennt man hierzulande eher weniger, da er aus Lizenzgründen den deutschsprachigen Raum auslässt, ist aber eine Bank im englischsprachigen Bereich (via Steam bekommt man ihn allerdings auch bei uns). Ersterer hingegen war vor allem in deutschen Landen ein Hit, konnte allerdings international nicht ganz so durchstarten, wie sich das EA vorgestellt hat – deshalb ist der eben erst erschienene Teil (aufgrund der heftigen Kritik daran nicht ganz unberechtigt) auch der vorläufig letzte der Serie. Aus diesem Grund erschien es mir nur passend, heute zu jenem Fußball-Manager zurückzugehen, bei dem für alles begann (und irgendwie auch schon wieder endete.

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Also, willkommen bei Bundesliga Manager Professional! Wie man sich bei dem Titel schon denken kann, handelt es sich dabei um ein Spiel deutscher Herkunft. Entwickelt wurde es von KRON Simulation Software (AKA Werner Krahe und Jens Onnen), vertrieben von Software 2000, und simuliert wurde die deutsche Bundesliga (und auch die beiden Ligen darunter, also 2. Bundesliga sowie die 3. Liga, die damals noch Amateur-Oberliga hieß). Das Ziel des Spiels ist eigentlich leicht beschrieben: Man steigt als Manager (der in diesem Fall auch gleich ein wenig Trainer der Mannschaft ist) bei seinem Lieblingsverein ein (der im Endlosmodus automatisch in die letzte simulierte Klasse versetzt wird – wer also unbedingt Bayern München spielen will, verdammt sie damit zu einem Aufenthalt in der 3. Liga) und soll seine Mannschaft ganz nach oben bringen.  Neben der Meisterschaft gäbe es da natürlich auch noch Zwischen- bzw. Zusatzziele wie den DFB- oder gar den Europapokal – aber wir wollen ja nicht übertreiben …

Der Bundesliga Manager Professional erschien 1991 für die damals handelsüblichen Heimcomputer und war der Nachfolger des Ur-Bundesliga Managers (1989). Dieser hatte sich in den Fankreisen einen hervorragenden Namen gemacht, war allerdings in seinen Features eingeschränkt. Reviews der damaligen Zeit waren zum Teil schon eine Seite lang damit beschäftigt, all die neuen Features aufzuzählen, die das Spiel mit sich brachte. Dennoch war das Grundprinzip von heute aus gesehen relativ simpel (aber andererseits auch wieder recht typisch für das Genre): Jede Runde konntet ihr an etlichen Parametern schrauben, die zum Teil in den Manager-Bereich fielen (Eintrittspreise, Kauf und Verkauf von Spielern, Ausbau des Stadions, Finden von Sponsoren), zum Teil aber auch ganz klare Trainer-Aufgaben umfassten (Aufstellung, Zusammenstellung des Trainingsplans). Am Ende des Tages ging es dann ins Stadion, wo „euer“ Match automatisch ablief, wobei nur spielrelevante Szenen (also sobald es um Tore ging) animiert abgespielt wurden. Zwar gab es von diesen Sequenzen nur knapp über 30 (eine Datendisk erweiterte diese später), dennoch gab es sie mit verschiedenen Ausgängen, sodass man nicht schon zu Beginn einer entsprechenden Szene jubeln sollte, nur weil sie beim letzten Mal geklappt hatte. Wer wollte, konnte natürlich zwischendurch auch Spieler wechseln oder gar die Taktik verändern – doch Vorsicht, wer seine Jungs die ganze Zeit auf Hochbetrieb arbeiten lässt, sorgt nur dafür, dass sie sich nach der Hälfte der Zeit nur noch im Schneckentempo über das Spielfeld bewegen können …

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An dieser Stelle möchte ich aber auch schon die Übersicht über die Features des Spiels beenden und mich meinen ganz persönlichen Erinnerungen zuwenden. Tatsächlich ist der BMP (so die liebevoll gewählte Abkürzung) kein Titel, der mir einfach so ins Laufwerk geflattert ist – dafür war ich schon im zarten Alter von elf Jahren zu wenig Fußballbegeistert. Kennengelernt habe ich das Spiel deshalb mit einem Schulkollegen und guten Freund von mir, der im Gegensatz zu mir vom runden Leder fasziniert war, aber keinen Computer zuhause hatte. Also besorgte er die Disketten und ich stellte den Rechner zur Verfügung. Und hier kommt ein ganz besonderer Kniff des Spiels zum Tragen: BMP musste man nicht alleine spielen. Stattdessen bot es einen Hotseat-Modus für bis zu vier Manager, die jeweils ihren eigenen Verein übernahmen und unabhängig voneinander Entscheidungen treffen konnten und – wenn man so wollte – Großteils nebeneinander her spielten. Dafür waren die Matches der Mannschaften dann umso spannungsgeladener: Wenn Managermannschaft gegen Managermannschaft antrat, entstand im Computerzimmer Derby-Atmosphäre …

Im Grunde genommen ist es auch das, was dem BMP bis heute einen wichtigen Platz in meiner Gamergeschichte einräumt (und führt zu einem zweiten Punkt, wegen dem dieses Spiel gerade heute seinen Auftritt bekommen hat, da ich sehr viel über diesen Punkt in Games generell nachgedacht habe): Mit dem Bundesliga Manager als Werkzeug erschufen wir uns eine eigene Geschichte. Die Rahmenbedingungen wurden natürlich durch das Spiel gesetzt, aber mit jugendlicher Phantasie wurde viel mehr daraus. Die Geschichte zweier befreundeter Trainer, die gleichzeitig Konkurrenten sein müssen. Die versuchen, dem anderen auf dem Transfermarkt den neuen Stürmer wegzuschnappen, aber gleichzeitig vor jedem Match dem anderen viel Glück wünschen – sogar, wenn es gegen die eigene Mannschaft ging. Nur für Zahlen und Statistiken oder gar König Fußball hätte ich den Bundesliga Manager wohl kaum solange gespielt (hey, ich wusste ja nicht einmal, was das für komische Mannschaften aus Deutschland sind … BVB wer? – aber mit dieser Storyline, die jedes Mal fortgeführt wurde, wenn wir uns wieder zusammensetzten, entstand eine unglaubliche implizierte Geschichte, ohne dass wir sie jemals so genau ausgesprochen hätten, einfach durch unsere Handlungen und Rituale rund um das Gameplay. Schade nur, dass der Spaß gedämpft wurde, wenn einem von uns der Aufstieg in eine höhere Liga gelang – aber auch das ließ sich nach einer Saison oft wieder korrigieren.

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An diesem Punkt möchte ich aber auch schon wieder zum Ende dieses Blogeintrages kommen: Warum vermisse ich den Bundesliga Manager Professional? Den ersten und wohl wichtigsten Punkt habe ich ja gerade schon erklärt – das Spiel war Werkzeug, um mit einem Freund im HotSeat-Modus eine Geschichte zu schreiben. Punkt zwei ist allerdings weniger schön für die Entwicklung des Genres: Weil für mich kein Fußballmanager mehr an den BMP rankam. Zwar war der BMP noch nicht das Ende der Serie (BM Hattrick, 97, 98 und X (dann sogar mit österreichischen Mannschaften) sollten folgen), aber für mich war das Feuer genauso raus. Tatsächlich waren mir spätere Inkarnationen (und auch die Konkurrenz) dann schon zu komplex geworden – der BMP war mit seiner Feature-Vielfalt gerade richtig für einen Einsteiger in die Materie, aber spätere Teile wollten mehr (was ja per se nichts Schlechtes ist) und überforderten damit einen Fußball-Noob wie mich ein wenig (abgesehen davon sagte mir das Interface damals besser zu als das spätere, modularere). Damit sind wir auch schon beim dritten Punkt, warum ich das Spiel vermisse: Was ich von Fußball weiß, hab ich hier gelernt. Wann gibt’s Abstoß, wenn Elfmeter – das sind Begriffe, die man hier so nebenbei in freundschaftlichem Gespräch klären konnte. Klar, manches lernte ich dann später noch über Sensible Soccer oder sogar die ersten FIFAs (ja, auch hier habe ich einmal ein paar Teile gespielt), aber viele Grundlagen lernte ich hier. Trotz allem ist dem Spiel eines allerdings nicht geglückt: Aus mir einen Fußballfan zu machen. Da bleibe ich lieber beim Schifahren oder der Formel 1 – aber dazu gibt’s sicher später noch mehr.

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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