ArtikelRetro-Gaming

Spiele, die ich vermisse #66: Teenage Mutant Hero Turtles: Fall of the Foot Clan

Es gibt ein erstaunliches Phänomen, dem ich momentan in meiner unfreiwilligen „Redakteurspension“ stelle: Steht man ohne Arbeit da, hat man weniger Zeit als zuvor – das nennt sich dann wohl Freizeitstress. Das ist auch der Grund, warum dieser Blog nicht am traditionellen Freitag erscheint und deutlich kürzer ausfällt. Allerdings hatte ich gerade zu Beginn der Woche dann doch Zeit, mich ein wenig entspannen und nach meinen diversen Tätigkeiten so etwas ähnliches wie Feierabend genießen. Und wie habe ich die Zeit genutzt? Um den langen Stapel jener Spiele, die ich noch nicht gespielt habe, drastisch zu verkleinern. Gut, drastisch ist eine Übertreibung, denn ich habe noch nicht einmal einen ganzen Titel geschafft, aber das ist auch gar nicht so wichtig für diesen Blog. Wichtig ist nur folgendes: Das Spiel, das ich nachhole, heißt Batman (und zwar Arkham Asylum) – und das erinnerte mich an den ersten Titel, in dem ich Comic-Helden über den Bildschirm jagte: Die Teenage Mutant Hero Turtles in ihrem ersten GameBoy-Abenteuer namens Fall of the Foot Clan.

Fall of the Foot Clan erschien 1990 für den berühmten Nintendo-Handheld und wurde von Konami (die ja damals bei allen Schildkröten-Kämpfer-Spielen die Finger im Spiel hatten) entwickelt. Weder in Sachen Gameplay noch bei der Story lehnte man sich dabei besonders weit aus dem Fenster oder bemühte sich, Außergewöhnliches zu bieten: Schildkrötenfreundin April wird entführt und die vier Turtles machen sich auf, sie zu befreien. Dazu müssen sie fünf Stages von links nach rechts (natürlich in 2D) durchwandern, sich gegen den Foot Clan stellen und am Ende jedes Abschnittes einen Boss besiegen.  Klingt nicht besonders aufregend? Ist es aus heutiger Sicht auch gar nicht. Aber wir sprechen hier von längst vergangenen Zeiten, als man sich noch gerne und regelmäßig mit Side-Scrollenden Action-Prüglern (Stichwort Double Dragon) vergnügte. Allerdings wurde natürlich nicht nur geprügelt, sondern auch gesprungen – auch wenn man in dieser Hinsicht nicht gerade dieselbe Fertigkeit mitbringen musste, die man bei Super Mario & Co. benötigte, denn der Fokus lag definitiv beim Austeilen von Schlägen, sein Leben hauchte man durch schlechte Sprünge nur selten aus.

gfs_38754_2_2

Totzt dieses Fokus hatte man es sich allerdings bei Konami ein wenig leicht gemacht: Die vier Turtles, die bekanntermaßen mit verschiedenen Waffen kämpfen, unterschieden sich spielerisch genau gar nicht. Macht es zum Beispiel im ersten NES-Spiel zu den Turtles einen Unterschied, ob man mit Donatello und seinem Stab oder mit Schwertkämpfer Leonardo in die Schlacht zog (hier konnte man ja auch während der Stages zwischen ihnen wechseln), gab es hier nur einen immer gleichen Effekt: Ein Gegner unmittelbar vor eurer Figur ging über den Jordan. Dass Donatello dabei mehr Reichweite haben sollte, wurde geflissentlich ignoriert. Deshalb war die Auswahl der Figur, die ihr zu Beginn der Level treffen konntet, eher Form- beziehungsweise Geschmackssache. Im Endeffekt stellten sie nämlich einfach nur eure Leben dar, denn ging einem Turtle die Lebensenergie (die natürlich mit Pizza regeneriert werden konnte) aus, wurde er gefangen genommen und ihr musstet den nächsten für einen neuen Versuch wählen.

Der Höhepunkt der Abschnitte waren immer die Bosskämpfe am Ende: Manche erforderten eine bestimmte Taktik, bei anderen reichte es schon, ein wenig draufzuhalten und am richtigen Ort zu stehen. Natürlich stieg hier – ebenso wie bei den Levels – im Laufe der Zeit der Schwierigkeitsgrad, sodass es deutlich schwieriger war, Shredder oder Krang (interessanterweise in dieser Reihenfolge) zu besiegen, als Rocksteady oder Bebop, die am Ende der ersten Abschnitte zu finden waren. Apropos finden: In den Levels verbargen sich an bestimmten Stellen geheime Minigames, die man allerdings auch spielen konnte, indem man den Konami-Code in der Levelauswahl benutzte. Diese waren in gewissen Maßen durchaus eine nette Abwechslung vom ansonsten doch auf Dauer recht eintönigen Gameplay.

Intro

Der Konami-Code führt mich auch zu meinen ganz persönlichen Erinnerungen an dieses Spiel, das als insgesamt siebtes (nach Tetris, Tennis, Super Mario Land, Dr. Mario, Golf und Duck Tales) in meine GameBoy-Sammlung wanderte und gemeinsam mit Spiel acht (Catrap) lange Zeit meine Handheld-Erfahrungen prägte (das lag auch daran, dass in meine GameBoy-Tasche genau acht Module passten). Interessanterweise ist es allerdings eines jener Spiele, bei dem ich nicht genau weiß, warum ich es haben wollte: Ich hatte eigentlich keinen Bezug zu den Turtles, denn sogar die Fernsehserie habe ich großteils ausgelassen (ich sage nur: Kindheit ohne Kabelfernsehen oder Sat-Empfang), die Filme erst deutlich später gesehen. Ich vermute, dass es deshalb an zwei Faktoren hing: Erstens: Ein Freund von mir hatte das NES-Spiel und schwärmte mir regelmäßig davon vor, weshalb mir die Spiele ein Begriff waren. Und: In meiner Volksschulklasse gab es etliche GameBoys und vermutlich habe ich das Spiel dort auch schon anspielen können. So oder so: Eines Tages gehörte das Modul mir und eine erinnerungsreiche Zeit begann.

Fall of the Foot Clan gehörte für mich zu jenen Spielen, in die ich mich damals ein wenig einarbeiten musste. Relativ lange dauerte es, bis ich die ersten beiden Abschnitte bezwungen hatte, war dieser Knopf allerdings erst aufgegangen, war der Rest des Spiels deutlich weniger ein Problem, was wohl am dann doch recht einfachen Gameplay lag. Turtle der Wahl wurde Michelangelo – wie gesagt, mangels Comic- oder Serienkenntnissen weniger aus persönlicher Präferenz (im Gegenteil würde ich sagen, es war eher umgekehrt – als die Serie dann in mein Leben trat, mochte ich Michelangelo am meisten, weil er meine Lieblingsspielfigur war), sondern eher, weil er der Künstlername war, mit dem ich damals am meisten anfangen konnte. Das Problem, mich nicht besonders gut in der Welt der Turtles auszukennen, zog sich allerdings auch noch weiter – wer Shredder, Krang, Bebob oder der komische Bienenmann, dessen Namen ich mir nie merken konnte (Baxter Stockman, glaub ich), waren, musste ich mir mühsam im Freundeskreis erfragen. Insofern kann man sagen: Das, was ich heute über die Turtles weiß, hatte seine Wurzel in diesem einen Spiel.

hqdefault

Und das ist auch schon der erste Punkt, an dem ich Fall of the Foot Clan vermisse. Es geht hier nicht um ein großartiges Spiel – gerade nach heutigen Standards ist der Titel viel zu simpel und zu kurz. Aber es geht um ein Spiel, das mir damals viel Spaß machte, das mich in die Welt der Turtles einführte (nicht, dass ich jemals ein wirklich riesiger Fan wurde – wie so oft kenne ich die Grundzüge und finde mich in etwa zurecht, aber alles, was tiefer geht, würde mein Wissen überstrapazieren) und mir – nicht zuletzt – den Konami-Code beibrachte. Allein dafür muss ich an das Spiel zurückdenken. Dass es das Gameplay allein nicht war, zeigt vielleicht diese kleine Abschluss-Episode: Angeregt davon, dass Fall of the Foot Clan regelmäßig durchgespielt wurde, borgte ich mir eines Tages von einem Schulkollegen den zweiten GameBoy-Teil namens Back from the Sewers aus. Obwohl das Spiel in Sachen Gameplay teils ähnlich, teils deutlich weiterentwickelt war, konnte es einfach nicht mehr so zünden wie Fall of the Foot Clan. Vermutlich deshalb, weil es nicht mehr das erste Spiel seiner Art für mich war.

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"