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Spiele, die ich vermisse #40: The Legend of Zelda: Link’s Awakening

Ausgabe 40? Na, das ist ja ein passender runder Geburtstag zur 50. Gamers.at-Ausgabe, die, wenn ihr diese Zeilen lest, vermutlich schon auf dem Weg zur Druckerei ist. Dennoch habe ich mich entschieden, heute keinen PC-Titel zu vermissen, sondern einem Impuls nachzugeben, den ich schon seit der letzten Nintendo Direct verspürt habe: Immerhin wurde dort ja das Sequel zu Zelda: A Link to the Past für den 3DS enthüllt. Nachdem ich es jetzt dann doch nicht ganz so offensichtlich machen wollte, werde ich die Gelegenheit aber nicht nutzen, um ALltP zu vermissen, sondern lasse mich von „Zelda für Handheld“ an den Zelda-Titel erinnern, der mir bis heute am meisten am Herzen liegt: Link’s Awakening.

Link’s Awakening war das vierte Spiel der Zelda-Reihe und das erste für einen Handheld. Dass es überhaupt entstand, war allerdings eher ein Unfall bzw. ein Experiment: Programmierer Kazuaki Morita experimentierte mit den ersten Game Boy-Devkits und erschuf ein Spiel, das an Zelda erinnerte. Nach und nach entdeckten andere Mitglieder von Nintendo Entertainment Analysis & Development seine Arbeit und begannen, in ihrer Freizeit an diesem Projekt zu arbeiten. Erst nach dem Release von A Link to the Past, dem ersten (und einzigen) SNES-Titel der Reihe, wurde der Prototyp intern präsentiert und um Erlaubnis gefragt, einen Handheld-Ableger der Zelda-Reihe zu entwickeln. Ursprünglich dachte man sogar, ALttP für den Game Boy zu portieren, doch das Resultat sollte sich völlig anders entwickeln. Nach und nach wechselte das Team des SNES-Titels zu dem Projekt, das dann 1993 in den Handel kam.

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Die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte erklärt auch, warum Link’s Awakening in vielen Bereichen ganz anders wirkt als die anderen Serientitel. Zunächst war es gar kein richtiges Zelda, sondern eher ein Spiel, mit dem man experimentieren konnte; später wurde es zu einem Spin-off, bei dem man bewusst auf Elemente, die man bislang als grundlegend für die Serie erachtete, wegließ: kein Hyrule, kein Triforce, nichtmal eine Prinzessin Zelda. All das macht Link’s Awakening zu dem, was es war. Und tatsächlich war es – wenn man wichtigen Zelda-Persönlichkeiten wie Shigeru Miyamoto und Eiji Aonuma glaubt – ein wegweisendes Spiel. Zum Beispiel schrieb Yoshiaki Koizumi die Story und erschuf dabei die Dialoge mit den Dorfbewohnern, wobei er sich an Twin Peaks orientierte, weshalb alle Charaktere ein wenig „verdächtig“ waren – etwas, was sich in späteren Zeldas wiederfinden würde. Dadurch entstand eine richtige Story – Aonuma geht sogar so weit, Link’s Awakening als das erste Zelda mit einer richtigen Geschichte zu bezeichnen. Auch sonst bekommt dieser Titel mehr Lob ab, als man vielleicht denkt – Aonuma nannte das Spiel in Hinblick auf die Evolution der Serie „das essenzielle isometrische Zelda“ und gab auch an, dass Ocarina of Time (das ja der nächste Teil der Reihe werden sollte) völlig anders ausgehen hätte, wenn es den Game Boy-Teil nicht gegeben hätte. Shigeru Miyamoto hielt sich übrigens bei der Entwicklung des Spiels zurück und ließ seine Leute arbeiten – erst als Spieltester hatte er dann einiges über den Titel zu sagen und gab wertvolles Feedback.

Doch wenn wir schon die Story erwähnen – worum geht es in Link’s Awakening? Link ist auf einer Reise mit seinem Floß über den Ozean, als er plötzlich in einen Sturm gerät und von einem Blitz getroffen wird. Ohnmächtig wird er an den Strand der Insel Cocolint gespült, wo ihn eine junge Frau namens Marin findet und in ihr Haus bringt. Nur ausgestattet mit seinem Schild macht sich der grün gekleidete (gut, die Farbe muss man sich in der Urversion vorstellen) Held auf zum Strand, um auch sein Schwert zu finden. Dort trifft er auf eine weise Eule, die ihm erklärt, dass er den Windfisch erwecken muss, der hoch oben auf einem Berg in seinem Ei schläft, um von der Insel entkommen zu können. Um das zu tun, muss er die Albträume besiegen und die acht Instrumente der Sirenen sammeln, die zusammen den Fisch erwecken können. Nach und nach gelangt Link in diversen Dungeons an die Instrumente, lernt die Bewohner des Dorfes besser kennen und freundet sich insbesondere mit Marin gut an, die ihm davon erzählt, dass sie eines Tages die Insel verlassen und die Welt bereisen will. Doch im Laufe seiner Abenteuer erkennt er auch die Wahrheit rund um die Insel: Sie existiert – genau wie alle Bewohner – nur im Traum des Windfisches und sobald dieser aufwacht, wird alles verschwinden. Ein unangenehmes Dilemma für den – natürlich – stummen Helden.

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In Sachen Gameplay orientierte sich Link’s Awakening stark an den Zeldas, die zuvor kamen – mit Ausnahme von Zelda II, das ja seinen ganz eigenen Weg ging. Gespielt wird also aus Top-Down-Sicht, in der man zunächst die Oberwelt und später Dungeons erkundet; (nicht nur) aus letzteren bekommt man regelmäßig neue Items, die neue Wege eröffnen. Einige sind Standardkost für die Serie, wie die Bomben, der Bogen oder der Bumerang, andere – Stichwort die Feder oder die Pegasusstiefel – hatten hier ihren ersten Auftritt und wurden nie so bekannt wie Kraftarmband oder Greifhaken. Besonders war auch, dass Link nicht immer das Schwert in der Hand tragen muss. Da der Game Boy nur eine begrenzte Anzahl an Buttons besitzt, manche Aktionen aber zwei verschiedene Items brauchten, war das Schwert ein ganz normales Item, das man auf A oder B legen konnte – oder eben nicht. Dadurch wurden Kombinationen wie „Pegasus-Stiefel/Feder“, durch die man mit genügend Anlauf weit springen konnte, möglich.

Interessanterweise war Link’s Awakening das erste Zelda, das eine Trade-Sequence einführte – heute ja fast schon Standard für die Serie. Im Laufe der Zeit bekommt man ein Item, das man immer weiter tauschen kann, bis man am Schluss ein wichtiges Item bekommt. In diesem Fall war das Endprodukt die magische Lupe, ohne die man nicht im magischen Buch lesen konnte, das wiederum den Weg durch den letzten Dungeon wies. Deshalb war es nötig, diese Sequenz auch zu beenden – etwas, was nicht in allen folgenden Zeldas erforderlich war. Außerdem gab es zwanzig versteckte Muscheln, die man gegen ein mächtigeres Schwert tauschen konnte – wenn man sie finden konnte (mir ist das ohne Guide nie gelungen).

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Damit sind wir auch schon bei meinen ganz persönlichen Erinnerungen. Ich habe mir Link’s Awakening ziemlich bald zum Release zugelegt (was es bis zu The Wind Waker eigentlich zum einzigen Vertreter dieser Art machte) – und bald war es das absolute Lieblingsspiel für meinen Game Boy. Ich kannte die Zelda-Serie ja bereits von den beiden NES-Teilen, die ich allerdings nie durchgespielt hatte, und war ein wenig neidisch auf all jene, die sich einen SNES leisten konnten und wollten, wo sie ALttP spielen konnten. Link’s Awakening sollte auch zum ersten Teil werden, den ich durchspielte und der mir klar machte, dass die TopDown-Perspektive aus Zelda I vielleicht doch die bessere Wahl für ein Zelda war (obwohl ich die Seitenperspektive aus Zelda II noch immer schätze und es einzelne Abschnitte in LA gibt, die man aus seitlicher Sicht spielt). Was mich rasch packte, waren die Charaktere und ihre Geschichte, aber auch die Dungeons, die spätestens ab diesem Zeitpunkt für mich zum ultimativen Highlight jeder Zelda-Erfahrung wurden. Im Vergleich zu Zelda I (Zelda II hatte ja Items in dieser Form nicht) gab es für mich auch jede Menge neuer Gegenstände zu erforschen, denn auch wenn einige von ihnen aus ALttP stammten, waren sie mir noch völlig unbekannt.

Für mich als immer schon musikalisches Kind war aber auch die Bedeutung der Musik im Spiel sehr interessant. Im Laufe des Spiels bekommen wir eine Ocarina, auf der wir insgesamt drei Melodien spielen können – die Ballade des Windfischs, die schlussendlich das Ei knacken wird (übrigens eine interessante Übung in Sachen Arrangement – hat man noch nicht alle Instrumente gesammelt, wenn man vor dem Ei die Ocarina spielt, hört man natürlich auch nur jene, die man schon hat); Manbos Mambo, der euch an einen gewissen Punkt der Oberwelt (oder zum Eingang eines Dungeons) warpt; und der Soul-Song des Frosches, der die Toten oder Schlafenden wieder zum Leben erweckt. Anders als in späteren Spielen müsst ihr allerdings nicht die Noten der Songs lernen, sondern wählt bei der Gegenstandsauswahl einfach den passenden Song aus.

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Link’s Awakening mag vielleicht kein perfektes Spiel sein, aber es gehört auf jeden Fall auf zwei meiner persönlichen Listen: Erstens, es ist eines jener Spiele, die ich nach dem ersten Durchlauf sofort von neuem startete. Zweitens war es lange bei jenen Spielen, die mindestens einmal im Jahr durchgespielt gehören. Wobei, eigentlich gibt es noch eine dritte Liste: Spiele, die ich nach langer Spielzeit wegen eines Bugs neu starten musste: Bei meinem dritten Durchlauf machte ich einen Fehler im Dungeon Nummer sieben (Kenner wissen: Das ist jener Turm, bei dem man mit einer Kugel Säulen einwerfen muss) und ließ die Kugel in einen Abgrund fallen. Sie tauchte nie wieder auf – und mangels Kopien des Spielstands hieß das, dass ich das Spiel noch einmal von vorne starten musste, obwohl ich fast am Ende angekommen war. Lästig – ich glaube, das war mein erster Gamebreaking-Bug in einem längeren Spiel. Apropos Bug: LA war auch der erste Titel, bei dem ich einen Glitch ausnutzte: Sobald Link seine letzte Lebensenergie verlor und sich im Kreis drehte, um den Löffel abzugeben, konnte man einfach schnell speichern (das war durch Druck von Start-Select-A-B jederzeit möglich, ein Vorteil gegenüber der stationären Versionen) und startete daraufhin beim Laden des Spielstandes wieder mit ein paar gefüllten Herzen, ohne dass der Todescounter hoch ging. Sehr praktisch, denn nur wer kein einziges Mal starb, bekam die Zusatzsequenz im Extro zu sehen (nicht, dass diese besonders spektakulär gewesen wäre …)

Link’s Awakening ist aber gleichzeitig auch schuld daran, dass meine Zelda-Sammlung nicht komplett ist: Für den Game Boy Color erschien nämlich 1998 Link’s Awakening DX, das sich vom Grundspiel in einer fundamentalen Sache unterschied: Es war in Farbe gehalten. Alle übrigen Änderungen waren eher kosmetisch (ein paar größere: es gibt einen Fotografen (der primär mit dem Game Boy-Drucker Sinn machte) und einen geheimen Dungeon, in dem man zwei farbige Tuniken erobern konnte), aber ansonsten war es dasselbe Spiel. Resultat: Ich kaufte mir dieses Spiel nicht. Gut, es hätte auch keinen Sinn gemacht, da ich erst mit dem GBA vom Ur-Game Boy weg wechselte und deshalb das Spiel auch in der DX-Version nur in Graustufen und ohne Zusatzfeatures spielen hätte können, aber bis heute ist es jenes Zelda, das mir in meiner Sammlung fehlt. Als ich erkannte, dass ich meine Sammlung gerne vervollständigen würde, war das Spiel nämlich bereits in abartige Preisregionen gerutscht. Also bleibt der Platz für Zelda DX frei. Das heißt, fast – digital konnte ich es dank der 3DS-Virtual Console mittlerweile durchspielen und meiner Sammlung einverleiben.

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Und damit komme ich einmal mehr zur zentralen Frage meines Blogs: Warum vermisse ich The Legend of Zelda: Link’s Awakening? Weil es für mich lange Zeit (und wenn ich ehrlich bin, auf gewisse Art und Weise noch immer) das definitive Zelda ist. Das mag seltsam klingen, da es doch so anders ist als die anderen – kein Ganon, kein Triforce, keine Zelda –, aber dennoch definierte es für mich, was Zelda ausmacht. Ich verstehe, warum das für viele ALttP ist, aber für mich folgte der Teil eben erst zwei Jahre später und konnte mich dann mit seiner Opulenz überzeugen, auch wenn ich bis heute das kleine Kammerspiel Link’s Awakening dem epischen Link to the Past (leicht) vorziehe. Auch Ocarina of Time konnte dem kleinen Top-Down-Spiel nicht den Rang ablaufen. Gleichzeitig gibt der Titel aber auch Grund zu vermissen, denn meiner Ansicht nach kam nie wieder ein Handheld- (und damit ein Top-Down-)Zelda wieder an dieses Spiel heran. Auf der Konsole ging es Richtung 3D, die Handhelds blieben zwar 2D, konnten mich aber nie wieder so in ihren Bann ziehen. Und die Konkurrenz … nun, Zelda-Klone gab es gar nicht so viele, und dessen Klasse erreichten sie noch weniger.

Noch ein letzter Punkt: Link’s Awakening war der erste Teil, bei dem ich begann, über die Zeitlinie der Zeldas zu spekulieren – mit meinen beschränkten Mitteln und dem geringfügigen Wissen war das aber auch noch recht einfach: Dass Zelda I und II nacheinander spielen, wird ja schon im Handbuch erwähnt. Von ALttP wusste ich kaum etwas, also ließ ich es außen vor, und Link’s Awakening passte deshalb am besten mitten in Zelda II – zu dem Zeitpunkt, als Link ein Floß besteigt und Kontinent wechselt. Das wäre zwar ein Alptraum für jeden chronologischen Durchlauf, aber durchaus machbar (hm, chronologischer Durchlauf durch Zelda… das sollte ich mal machen, wenn ich viel Zeit habe). Mittlerweile weiß ich dank der Hyrule Historia: LA liegt wie alle Zeldas, die vor Ocarina of Time erschienen, in dem Zeitstrang, in dem Link Ganon in OoT nicht besiegen konnte und folgt auf Link to the Past beziehungsweise direkt auf Oracle of Seasons bzw. Oracle of Ages, als Link aus den fernen Ländern der beiden Abenteuer nach Hause zurückkehrt. Erst nach diesem Teil sind Zelda I und II angesiedelt. Ganz ehrlich? Auf diese Idee wäre ich niemals gekommen. Ich mag noch immer meine Theorie – und da LA ja ohne große Referenzen auf die anderen Zeldas auskommt, ist sie auch mindestens genauso plausibel. Wenn auch nicht offiziell.

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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