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Spiele, die ich vermisse #118: Final Fantasy

Wer nicht (mehr) aus Berufsgründen „spielt“, sondern seine Brötchen mit anderen Jobs verdient, nebenbei vielleicht noch andere Hobbies und eine Beziehung hat, kennt das Phänomen wohl nur zu gut, mit dem ich mich schon seit längerem herumschlage: Mein Spiele-Backlog wird immer länger statt kürzer, selbst wenn ich mich schon nur noch auf persönliche „Must“-Titel reduziere. Erst diese Woche (und das wohl auch nur, weil ich gesundheitlich angeschlagen zuhause war), habe ich meine Final Fantasy-Bilanz wieder auf gleich gebracht und endlich Lightning Returns zu Ende gespielt; und selbst nachdem ich mit dem Titel fertig war, war ich nur kurz in Versuchung, endlich die PS4 zum Einsatz zu bringen (die seit einem Jahr fast unbenutzt bei mir zuhause steht, weil ich eben mit der LastGen noch nicht durch bin, wenngleich es jetzt mit der Demo von FFXV endlich einen persönlichen Must-Titel für die Konsole gibt (und dass dieser nur eine Demo ist, ist ja eigentlich für sich traurig)), und selbst, wenn ich jetzt mit dem nächsten Titel auf meiner „Muss ich noch spielen“-Liste auf einer Quasi-Current-Gen-Konsole unterwegs bin (nämlich der Wii U), bin ich wieder eigentlich auf einem Last-Gen-Nachholtrip, weil ich endlich Zelda: Skyward Sword zocke (wenigstens per Abwärtskompatibilität macht eine neue Konsole Sinn und erspart mir, ihren Vorgänger aufgebaut zu lassen …). Warum ich das erwähne? Weil mich dieser Sachverhalt zum Nachdenken gebracht hat. Ist es erst jetzt so schlimm, dass ich nicht mehr hinten nach komme, oder kenne ich das Phänomen, doch immer wieder für mich neue Titel auf alten Konsolen/Computern hervorzukramen, statt neue Spiele zu spielen, schon mein ganzes Spielerleben lang (und nein, ich spreche hier bewusst nicht vom Aufwärmen nostalgischer Gefühle auf alter Hardware)? Die Antwort darauf ist (wenig überraschend) ein „jein“. Ja, ich habe schon öfter Spiele alter Generationen nachgeholt – aber aus anderen Gründen.

Bei einer kurzen Inventur, welche Spiele ich nachgeholt habe, bin ich auf etliche Titel gestoßen, die ich hier schon erwähnt habe. Secret of Mana (und das noch nicht erwähnte Zelda: A Link To The Past sowie Super Mario World) habe ich erst nachgeholt, als ich Zugriff auf einen Super Nintendo bekam, den ich selbst damals noch nicht besaß; Spiele wie die früheren Vertreter Larry-Reihe (Rückblicke darauf hier, hier und hier) holte ich erst spät nach, um die Reihe vollständig gespielt zu haben; Spiele wie Chrono Trigger, Chrono Cross oder auch Xenogears und Final Fantasy Tactics erlebte ich erst zu Zeiten der PS2 auf der PS1, als ich mir eine US-taugliche Konsole ausborgen konnte. Und damit will ich auch schon zum Ende dieser viel zu langen Vorrede kommen, denn man erkennt vielleicht schon ein Muster: Heute hole ich Spiele nach, weil mein Backlog zu lange ist, um mich mit ihnen zum Erscheinen beschäftigen können; damals holte ich Spiele nach, um Reihen zu vervollständigen oder (was viel häufiger vorkam) Titel zu spielen, auf die ich zuvor aus diversen Gründen keinen Zugriff hatte. Beim Nachdenken, ob mir die ganze Grübelei auch dazu verhelfen würde, ein Spiel zu vermissen, dachte ich zunächst „nein, das wird nichts – alles, was dorthin passt, habe ich schon vermisst“. Aber dann fiel mir ein Spiel ein, der eigentlich in beide Schienen passt – ich habe ihn nachgeholt, um eine Serie zu vervollständigen UND weil ich zuvor keinen Zugriff auf ihn hatte. Sein Name: Final Fantasy.

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Sagen wir heute „Final Fantasy“, hat wohl sofort jeder ein Bild im Kopf – und seien es nur die ikonischen Posen von Sephiroth oder Cloud. Doch auch wenn dieser Titel der erste war, der den Weg nach Europa fand, gibt es natürlich einen guten Grund, warum die Abenteuer von Cloud, Aeris und Co. die „VII“ im Namen tragen – denn weit vor diesem Spiel begann die Geschichte der Rollenspielreihe mit einem (vergleichsweise) kleinen Anfang. Final Fantasy auf dem NES.

Die vier Elemente, die die Welt beherrschen, sind aus den Fugen geraten. Die Winde bleiben aus; die Erde vertrocknet; Feuer wütet und die Meere tosen. Eine Prophezeiung besagt, dass die vier Krieger des Lichts das Gleichgewicht wieder herstellen können. Und – was für ein Wunder – diese vier Personen tauchen auch tatsächlich knapp darauf in der Stadt Cornelia auf und tragen vier Kristalle mit sich. Wer sind sie, warum sind sie dort und wieso tragen sie die Kristalle mit sich? Das wird nicht erwähnt. Doch schon bald haben sie einen Auftrag: Der König beauftragt das Quartett, seine Tochter zu befreien, die der ehemalige Ordensritter Garland entführt hat. Das (und noch einige andere Aufgaben) sind allerdings nur Aufwärmübungen, denn schlussendlich macht ihnen Lukan (der Urheber der Prophezeihungen) klar, dass sie dem Chaos nur Einhalt gebieten können, indem sie in den Kristallschreinen die Chaosmonster besiegen und mit ihren Kristallen den Glanz der Schreine widerherstellen. Und dann wäre da noch Garlant, der natürlich noch einen perfiden Plan ausgeheckt hat …

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Nein, von den komplexen, oft verworrenen Storylines der späteren Final Fantasy-Teile ist man hier noch meilenweit entfernt – dennoch erkennt man etliche Elemente schon jetzt wieder, die auch in späteren Teilen der Reihe wieder aufgegriffen werden. Kristalle, Elementschreine, Helden, die die Welt retten müssen. Insbesondere Spielern von Final Fantasy IX fallen gleich noch mehr Parallelen ein, denn auch in diesem Teil gibt es einen Garlant und eine (wenngleich im Vergleich eher kleinere) Aufgabe, in Elementarschreinen mächtige Bossmonster zu besiegen – ein Schelm, wer hier nicht sofort an eine Hommage denkt.

Auch das grundsätzliche Spielprinzip, das die Reihe zumindest bis Teil IX begleiten sollte, ist im 8-Bit-NES-Titel schon zu erkennen. Man reist auf einer (von oben gezeigten) Überweltkarte von Ort zu Ort (übrigens schon hier nicht nur per Pedes, sondern nach und nach auch mit anderen Vehikeln). Betritt man eine Höhle, einen Dungeon, einen Tempel oder eine Ortschaft, wechselt das Spiel in eine Detailansicht (in diesem Fall ebenfalls Top-Down), in der man mit NPCs interagieren, Schatztruhen finden und Geschäfte erledigen kann. Kommt es zu einem der zahlreichen Zufallskämpfe (nur wenige Bosse sind an fixen Punkten vorgesehen), wird in einen weiteren Spielmodus gewechselt, der den Konflikt (auf ziemlich karge Weise) darstellt – auf der einen Seite (nämlich rechts) die Party, auf der linken die Gegner – und der Kampf ist erst vorbei, wenn eine Seite ausgelöscht oder geflohen ist. Manche sagen, dass Final Fantasy das erste Spiel war, bei dem die Kämpfe auf diese Art (statt aus der Ego-Perspektive) dargestellt wurde – ob das wirklich so ist, kann ich mangels Recherche hier nicht bestätigen.

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Fest steht hingegen: Pro Kampfrunde wählt der Spieler per Menü, welche Aktion seine Charaktere ausführen sollen, und dann wird diese durchgeführt. Damals gab es allerdings noch richtige Runden, das später eingeführte ATB, das lange Zeit als DAS Kampfsystem bei Final Fantasy galt und bei dem eine sich langsam auffüllende Leiste bestimmt, wann man eine Aktion durchführen kann, gab es hier noch nicht – man gab alle Kommandos für die ganze Party, dann wurden die Züge durchgeführt. In der Urversion konnte man dabei nur hoffen, dass nicht der erste Angriff bereits das Ziel-Monster ausschaltete, denn anders als später üblich suchten sich die Charaktere nicht einfach ein neues Ziel, wenn das alte schon ausgeschaltet war, stattdessen gingen Schläge einfach daneben (spätere  Versionen behoben dieses „Manko“ allerdings). Der Lohn der Mühen blieb allerdings gleich: Gewann man den Kampf, gibt es Gil und XP – und damit hoffentlich bald ein Level-up, das die Stats eurer Charaktere erhöhte.

„Eure Charaktere“ ist übrigens ein gutes Stichwort – von den ausgefeilten, vorgegebenen Charakteren mit Hintergrundgeschichten und eigenständigen Persönlichkeiten, die euch spätere Teile der Reihe vorsetzten, ist man hier noch meilenweit entfernt. Dafür hat man die freieste Charaktererstellung der ganzen Reihe: Für jeden der vier Charakterslots könnt ihr nicht nur den Namen der Figur, sondern auch die Klasse festlegen, von denen es sechs gibt. Der Krieger ist spezialisiert auf schwere Waffen und Rüstungen; der Novize kämpft waffenlos und ohne Rüstung; der Dieb ist schnell, aber vergleichsweise schwach; der Weißmagier setzt auf Defensiv- und Heilzauber; der Schwarzmagier auf Schadenszauber; und der Rotmagier kann sowohl Kämpfen als auch Weiß- als auch Schwarzmagie einsetzen, ist aber in allen Punkten natürlich nicht so gut wie die Spezialisten. Einschränkungen in Sachen Generierung gab es keine – wer die Herausforderung mochte, konnte durchaus auch mit vier Schwarzmagiern ins Abenteuer ziehen. Übrigens: Alle Klassen bekommen im Laufe der Zeit Upgrades und damit neue Möglichkeiten.

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Noch kurz ein Wort zum Magiesystem, das hier einzigartig ist – andererseits ist bei Final Fantasy oft in Sachen Spielsystem zwischen den diversen Teilen selten ein Stein auf dem anderen geblieben, also ist das nicht verwunderlich. Die Magie wird in acht Level aufgeteilt, die jeweils vier Weiß- und Schwarzzauber umfassen. Allerdings: Jeder magiebegabte Charakter kann pro Level nur drei Sprüche erlernen. Das ist schon für Weiß- und Schwarzmagier nicht die leichteste Entscheidung, da sie einen Spruch auslassen müssen, für Rotmagier (die insgesamt nur drei Slots für beide Magieschulen haben) allerdings noch schwieriger, auch wenn sie gar nicht Zugriff auf alle Sprüche haben. Dafür ist das Erlernen relativ einfach – man kauft die Sprüche in Shops gegen hart ergrindetes (und ja, Grinding ist in diesem Spiel noch sehr wichtig, um XP und Gil in ausreichenden Mengen zu haben) Bargeld.

Man kann den ersten Final Fantasy-Teil nicht ansprechen, ohne den Mythos rund um seine Entstehung anzuschneiden. Die Geschichte besagt, dass Hironobu Sakaguchi schon lange bei Square daran gearbeitet hatte, ein Rollenspiel entwickeln zu dürfen, wobei er sich an Ultima und Wizardry anlehnen wollte – doch die Firmenleitung lehnte ab, da man dem Genre keine Erfolgschancen gab. Das änderte sich 1986, als Enix‘ Dragon Quest erschien und zum Hit wurde – plötzlich war man bei Square Feuer und Flamme und genehmigte das Projekt Fighting Fantasy doch noch. Doch wie wurde daraus Final Fantasy? Dazu gibt es zwei Geschichten: Einerseits, dass Sakaguchi meinte, wenn das Projekt nichts wird, verlässt er die Spieleindustrie und geht zurück an die Uni. Andererseits war Square zu diesem Zeitpunkt in finanziellen Schwierigkeiten, weshalb man befürchtete, dieses Projekt könne das letzte Spiel der Schmiede werden. Deshalb wurde das Spiel zur „Final“ Fantasy.

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Entwickelt wurde Final Fantasy primär von sieben Mitarbeitern. Koichi Ishii (später einer der wichtigsten Köpfe der „Mana“-Reihe und heute bei Grezzo unter anderem Producer der 3DS-Zelda-Remakes) hatte die Idee der Kristalle und war maßgeblich daran beteiligt, Yoshitaka Amano als Character Designer an Bord zu bekommen. Akitoshi Kawazu war für das Gamedesign zuständig und designte das Kampfsystem, später sollte er die SaGa-Reihe gestalten; Kenji Terada schrieb (nach der Story von Sakaguchi) das Szenario; Nasir Gebelli war der einzige Nicht-Japaner im Team und war für die Programmierung zuständig. Er hatte schon zuvor mit 3D-Grafik Erfahrung gesammelt – nicht umsonst nannte ihn John Romero später eine große Inspiration. Und nicht zuletzt war Nobuo Uematsu schon hier für die Musik verantwortlich. Zusätzlich gab es noch eine Handvoll weitere Mitarbeiter, die das Projekt nebenbei unterstützten, darunter Hiroyuki Ito als Debugger, der später Final Fantasy VI, IX und XII leiten sollte und in etlichen FF-Teilen das Kampfsystem entwickelte – darunter auch bei IV (wo er das ATB erfand) und bei Tactics. Später, als es schon absehbar wurde, dass man hier einen potenziellen Hit an der Hand hatte, fügte Square noch weitere Personen zum Team hinzu, darunter Hiromichi Tanaka, der bis 2012 bei zahlreichen Square-Spielen mitarbeiten sollte, darunter als Producer bei Xenogears, FF XI oder auch bei der Urfassung von FF XIV.

Auch, wenn man sich sicher war, dass das Spiel ein letztes Aufbäumen von Square sein würde, war es doch eher die Geburtsstunde dessen, was wir heute als großen Entwickler und Publisher kennen (ganz zu schweigen von einer jener Serien, die sich bis über 25 Jahre in der Videospielindustrie halten konnten). Die Kritiken waren gut, das Publikum liebte das Spiel. 600.000 Einheiten wanderten allein in Japan über den Ladentisch (davon 400.000 auf dem NES, die übrigen für das MSX2), in den USA (wo das Spiel 1990 in den Handel kam) waren es 700.000. Und das war nur der Anfang – bis 31. März 2003 wurde der Titel (inklusive diversen Re-Releases) 1,99 Millionen mal verkauft.

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Apropos Re-Releases: Ich will hier gar nicht alle aufzählen, aber gerade Final Fantasy wurde mehrfach aufpoliert und neu veröffentlicht. Das begann mit der schon erwähnten MSX2-Portierung und dem NES-Re-Release, der das Spiel mit seinem Sequel auf einer Cartridge veröffentlichte und dabei auch die Grafik aufpolierte. Den wohl größten Sprung legte dann die WonderSwan Color-Version hin, die die Grafik auf SNES-Niveau anhob und endlich auch Hintergründe in die Kampfszenen brachte. Diese Fassung war auch die Grundlage für Final Fantasy Origins (2003), ein Re-Release für die PlayStation, die zusätzlich FMVs, einen aufpolierten Soundtrack und eine Memo-Speicherfunktion verpasst bekam. Diese Version war es auch, die zum ersten Mal nach Europa kam. 2004 folgte Final Fantasy I & II: Dawn of Souls, das unter anderem zusätzliche Dungeons einbaute. Spätere Versionen vermischten Elemente aus diesen Releases – der PSP-Port hatte die Cutscenes der PS-Version, aber auch die Zusätze aus Dawn of Souls (und einen eigenen Zusatz-Dungeon); diverse Mobile-Ports basierten auf der NES-Urfassung, übernahmen aber die verbesserte Grafik, während spätere iOS- und Windows-Phone-Releases auf der PSP-Fassung aufbauten (aus irgendeinem Grund basiert die Android-Version hingegen zwar auch auf der PSP-Fassung, lässt allerdings die Bonus-Dungons aus). Wer die Ur-Fassung spielen will, kann hingegen in der Wii Virtual Console zuschlagen – in Japan gibt es diese auch für den 3DS, diese habe ich aber hierzulande (noch?) nicht gefunden. Hier bildet sich dann sozusagen das Alpha und das Omega, denn für den 3DS soll schon bald auch eine neue Version mit aufpolierter 3D-Grafik aufschlagen – zumindest in Japan.

Diese ständigen Re-Releases geben natürlich auch die Möglichkeit, das Spiel im Laufe der Zeiten anhand der Kritiken zu bewerten. Zum Release war Final Fantasy ein Meilenstein, der gemeinsam mit Dragon Quest dafür sorgte, dass das Genre des CRPGs legitimiert und das Genre des JRPGs erst so richtig geschaffen wurde. Schon hier zeigten sich aber auch die Gräben zwischen den beiden Riesenserien – Final Fantasy setzte mehr auf Story, Dragon Quest feilte mehr am Gameplay – und die Diskussionen darüber, welches der beiden Spiele nun das bessere wäre, begannen schon hier. Im Laufe der Zeit und im Zuge der Rereleases zeigte sich dann natürlich, dass sich das Genre weiterentwickelte und der Titel nicht mehr den modernen Massengeschmack erreichte – die häufigsten Kritikpunkte, wenn man die Reviews der folgenden Veröffentlichungen überfliegt, waren hier die Pflicht, XP und Gil zu grinden, um im Spiel voranzukommen, die sehr zahlreichen Random Encounters und die doch reichlich dünne Storyline, die noch dazu in Sachen Pacing (eben auch aufgrund des Grindings) sich nicht optimal entwickelt. Viele gehen soweit, das Spiel als das schwächste, aber auch das schwierigste Spiel der Reihe zu bezeichnen – das mag schon wahr sein, aber man darf auch hier eben nicht den historischen Kontext vergessen (und die generelle Qualität der Reihe nicht aus dem Blick verlieren).

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Mit dem historischen Kontext bin ich auch bei meinem eigenen Ausflug in die Vergangenheit. Als notorischer Komplettist bei Serien, die ich liebe, machte ich mit knapp nach dem Release von Origins daran, jene Reihe, von der ich bis dahin schon etliche Teile kennen lernen durfte (immerhin hatte ich neben den Teilen VII bis X-2 auch dank diverser Re-Releases auch schon die Teile IV bis VI erleben dürfen), endlich von den Wurzeln an kennenzulernen. Und es war definitiv nicht Liebe auf den ersten Blick, denn gerade, wenn man von den späteren Teilen kommt, ist die erste Ausgabe noch gehörig unausgefeilt. Den Schock der Charaktergenerierung hatte ich rasch überwunden, aber das war nur das erste ungewohnte Element des Spiels. Die Story als Zugpferd greift nur rudimentär (wenngleich die diversen FF IX-Anspielungen mir damals schon ins Auge sprangen, nur natürlich umgekehrt, als es die Autoren gedacht hatten), das Gameplay erlaubt viele Möglichkeiten der späteren Teile noch nicht, und neben den ganzen Ansätzen, die später zu bekannten Features der Reihe werden würden, fehlen natürlich etliche Dinge noch – und hier spreche ich gar nicht von der Abwesenheit von Summons, Moogles und Chocobos, die alle erst später ihre Auftritte haben sollten. Das Grinding sorgte ebenfalls dafür, dass der Ausflug in die Vergangenheit der Reihe sich für einen heutigen Spieler nicht gerade „rund“ spielte. Aber mit dem Hintergedanken, dass ich eines Tages alle Teile gespielt haben möchte (auch wenn sich das erst mit dem Release von FF III für den DS „ausging“, da dies der einzige Teil der Serie war, der im Zuge dieser PlayStationRetro-Releases nicht veröffentlicht wurde), biss ich mich durch.

Kritische Worte also – und warum vermisse ich Final Fantasy dann doch? Weil ich mir im Laufe der Zeit angewöhnt habe, Spiele im historischen Kontext zu sehen. Klar, das heißt nicht immer, dass man Retro-Titel (vor allem ohne rosa Retro-Brille, die man meist aufhat, wenn man die Spiele schon aus früheren Zeiten kennt) heute noch spielen will – allzu viele spielerische Selbstverständlichkeiten fehlen bei Spielen, die doch schon an die 30 Jahre auf dem Buckel haben. Aber Final Fantasy funktionierte (mit den oben genannten Abstrichen) auch damals noch für mich. Klar durfte man nicht erwarten, dass man auf dem NES schon zu sehen bekam, was hierzulande mit FF VII und seiner grafischen Opulenz und seiner Story populär war – aber da hatte mich (das eigentlich fantastische) FF VI schon kuriert, denn der Sprung zwischen SNES und PS war doch recht groß. Aber war dieser erste Schritt in die Retro-Welt getan, war es leicht, die Perle zu erkennen, jenes Saatkorn, das maßgeblich am Aufstieg des JRPGs beteiligt war. Und eines Tages, wenn mein Backlog aufgearbeitet ist (man wird ja noch träumen dürfen), kehre ich vielleicht wieder zu Final Fantasy zurück.

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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