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Spiele, die ich vermisse #105: Shrek Super Party

Vermissen ist etwas hochgradig Subjektives, wie man rasch feststellen kann, wenn man in die eigene Kindheit zurückblickt – was man heute bestenfalls als Trash (da würden mir einige Dinge aus MEINER Kindheit einfallen) empfinden würde, war damals für einen oft irgendwie großartig. Es sind oft die Dinge, die man mit etwas verbindet, eine gewisse Nostalgie und manchmal auch eine gewisse Meta-Ebene, die mit dem Spiel verknüpft ist. Warum ich das heute an den Beginn dieser Ausgabe stelle? Weil mir im Rahmen meiner Hochzeitsreise (ja, wir sind immer noch in diesem „Modus“ meines Blogs) beim Besuch der Universal Studios, genauer beim Betreten von „Shrek 4D“, ein Spiel eingefallen ist, das ich lange Jahre gerne gespielt habe (und, um die Einleitung ein wenig ad absurdum zu führen, irgendwann in meinen frühen 20ern kennengelernt habe), aber zumindest nach den Kritiken auf Metacritic (ich weiß, man soll nicht alles auf Wertungen reduzieren, aber wir reden hier von einem (je nach Plattform) 30 bis 40 Prozent-Titel) nicht einmal irgendwie Spaß machen sollte. Sein Name? Shrek Super Party.

Die Prämisse des Spiels ist schnell erklärt (und vermutlich könnte man es noch mehr abkürzen, wenn man einfach „Mario-Party-Klon mit Shrek-Charakteren“ schreibt, aber das würde diese Ausgabe sehr kurz machen): Die Helden und Schurken)aus Shrek (dem ersten Film, um genau zu sein) wetteifern darum, als erster eine gewisse Anzahl „kostbare Tropfen“ einzusammeln. Dazu begeben sie sich in fünf verschiedene „Reiche“ – das Schloss, die Windmühle, den Sumpf, das Verließ und die Farm – und versuchen, den dortigen Vorrat an Tropfen, der am Ende dieser Region lauert, einzusammeln. Der Weg dorthin verhält sich wie ein Brettspiel: Jedes Reich besteht aus einer gewissen Anzahl an Feldern, gewürfelt wird durch das Abwerfen einer Kugel auf ein 3×3-Feld und eure Figur rückt danach die entsprechende Würfelsumme vorwärts.

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Die Würfelspiel-Analogie hält auch noch für die nächsten Schritte: Fährt eine Figur auf ein Feld, das schon vor einem anderen Charakter besetzt ist, „schlägt“ man ihn, was bedeutet, dass er ins Moor – eine spezielle Region ohne Belohnungen – versetzt wird. Und: Jedes Feld, auf dem man landet, löst etwas aus. Mal muss man Tropfen abgeben, mal bekommt man welche; die schweren Stiefel ziehen einen ins Moor, das Portal hingegen in eine andere Region und die Abkürzung lässt euch einfach auf dem Weg zum Ende des Reiches Felder auslassen. Zufallsereignisse per Zauberspiegel, Feenstaub und Käfertausch (dazu gleich mehr) runden das Paket ab. Beim Werfen sieht man übrigens, was einen auf dem jeweiligen Feld erwartet – aber das heißt nicht, dass man (ohne eine gewisse Übung) so genau zielen kann, dass man auch wirklich den Stiefeln ausweichen kann.

Der wirkliche Spaß beginnt allerdings erst, wenn man auf ein Feld mit einer epischen Schlacht oder einem Duell gerät – dann landet man nämlich in einem der zahlreichen Minispiele, die dem Land, in dem man sich gerade befindet, angepasst sind. Da wird im Schloss zum Beispiel auf Fässern über Wachen gerollt, im Verlies vor dem Drachen davongelaufen, im Sumpf Musik gemacht oder auf der Farm Essen herumkatapultiert. Mitspielen dürfen dabei immer alle Spieler (bis zu vier sind möglich), aber je nachdem, ob es sich um ein Duell oder eine Schlacht handelt, wird am Ende anders abgerechnet. Dazu müssen wir aber zuerst noch ein Wort über Käfer verlieren. Es gibt fünf verschiedene Arten dieser Insekten, die (so ihr mehr als einen einer Art besitzt) nach einem Spiel gegen Tropfen eingetauscht werden. Bevor das passiert, müsst ihr allerdings mit euren Mitspielern tauschen – und zwar bei einer Schlacht in gestürzter Reihenfolge. Der letzte darf gar nicht tauschen, der dritte einmal, der zweite zweimal und der erste darf drei Käfer mit seinen Spielern tauschen – und diese können sich natürlich gegen einen Tausch nicht wehren. Ist man also nicht Erster geworden, sollte man sich ein wenig taktisch überlegen, was einem die anderen ohnehin nur wieder wegnehmen werden. Beim Duell hingegen muss sich derjenige, der das Duell ausgelöst hat, vor dem Spiel aussuchen, gegen wen er antritt – und nur der Sieger des Duells darf Käfer tauschen.

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Wenn ich einen kleinen Blick zurück auf die Textlänge, die ich jetzt gebraucht habe, um die Regeln zusammenzufassen, mache, komme ich nicht umhin zu denken, dass das Spiel eigentlich weniger kompliziert ist, als die Anzahl der Wörter, die ich für die Beschreibung gebraucht habe, rechtfertigen würde: Shrek Super Party ist eigentlich vollständig selbsterklärend und ich habe nie so oft in die Anleitung geschaut als jetzt eben, als ich für diesen Text meine Erinnerungen auffrischte. Immerhin sprechen wir hier von einem Spiel, das klar für Kinder bzw. ganze Familien (böse Zungen würden jetzt laut „Casual“ rufen) entwickelt wurde. Bis auf einige wenige Spiele, die vielleicht ein wenig mehr ausprobieren erfordern, sind die Spielregeln in allen Punkten rasch zu begreifen – und zumindest beim ersten Mal wird zu Beginn eines Minigames kurz darauf eingegangen, was zu tun ist (bei späteren Runden allerdings nicht mehr – da sollte man neuen Mitspielern der Fairness halber zusammenfassen, was sie erwartet …)

Neuer Mitspieler ist auch ein gutes Stichwort: Ich hätte mir das Spiel wohl nie zugelegt, hätte es da nicht die Familie meiner älteren Schwester gegeben. Dazu muss ich (weil ich es noch nie erwähnt habe, soweit ich mich erinnern kann) erwähnen, dass es in meiner Familie nicht nur videospielverrückte Cousins und Cousinen gab (siehe Lemmings oder auch Zelda II), sondern die zwei Familien meiner Schwestern sehr unterschiedlich mit dem Thema Videospiele umgehen. Bei meiner jüngeren Schwester gibt es zwar eine persönliche Dauerleistellung meines alten NES und die PlayStation, die ich für meine PS2 aufgeben musste (siehe Final Fantasy X), aber grundsätzlich waren hier Videospiele nie Teil des „Familienprogramms“. Bei meiner älteren Schwester hingegen sieht es ganz anders aus: Mein Schwager ist durchaus ein Zocker der alten Schule und dementsprechend sind Videospiele in diesem Haushalt etwas, das man auch mal „gemeinsam“ angeht. Und so geschah es, dass ich – der (je nach Familienteil) „videospielverrückte“ oder „videospielbewandte“ Onkel das erste Mal in dieser Runde Shrek Super Party spielte – mit meinem Schwager, meiner Schwester, meiner Nichte und (was natürlich nicht gleichzeitig ging, da man nur zu viert spielen konnte) meiner damaligen Freundin.

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Ich bin eigentlich kein Freund von Party-Spielen oder Minigame-Sammlungen und vermutlich hätte ich Shrek Super Party nicht einmal aus dem Regal gezogen, wenn es mir aufgefallen wäre – aber diese Erfahrung, dieser Spielspaß zu viert (und wirklich für die ganze Familie, angefangen bei meiner damals rund siebenjährigen Nichte) brachten das Spiel mitten in mein Herz – und immer wieder in meinen Gamecube. Zwar natürlich niemals alleine, denn das wäre langweilig gewesen, aber mit zumindest einem Mitspieler ging es immer wieder auf den Schlosshof zurück – und das weit nach der Gamecube-Ära, als schon längst die Wii neben dem Fernseher stand und die Freundin, die es zum Zeitpunkt meines ersten Kontakts mit dem Spiel gab, schon lang jener, die ich heute meine Frau nennen darf, gewichen war. Shrek Super Party war einfach immer wieder ein Grund, für eine halbe Stunde Spaß zu haben, den anderen zu ärgern, weil man ihm die Tropfen am Ende einer Region wegschnappte (der Pool füllt sich nämlich von Runde zu Runde, aber erreicht ihn der erste, wird er geleert und der nachfolgende Spieler bekommt nur das, was sich neu sammelt), im Moor zu versumpfen und Käfer zu tauschen.

Das ist es auch, was ich heute noch an Shrek Super Party vermisse. Hier begann meine Liebe zu Partyspielen, und aus irgendeinem Grund, den ich nicht genau nennen kann, endete sie hier auch wieder – Mario Party reizte mich, weil ich Shrek mochte, aber konnte mich nie genau so fesseln. Egal, was ich sonst für ein Fan von Mario bin, schlüpfe ich doch lieber in die grünen Strumpfhosen von Monsieur Hood (sozusagen meine Stammfigur – immerhin singt und tanzt er) und begebe mich wieder in den Sumpf zu den Spielen, die mich lange Zeit begleitet haben. Egal, was für eine Wertung andere dem Spiel gaben – ich hatte meinen Spaß damit und werde ihn auch weiterhin haben. Immerhin steht die Wii genau wegen der Gamecube-Abwärtskompatibilität noch immer neben dem Fernseher …

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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