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Spiele, die ich vermisse #104: Frogger

Wenn man, so wie ich diesen Sommer, Urlaub in Florida macht, sieht man sie überall: Die Wassergräben am Rande der Straße, die – so kann man in jedem Reiseführer lesen – gerne von Krokodilen und Alligatoren frequentiert werden. „Klingt nach einer interessanten Info, aber wo steckt da das Spiel drinnen“, fragt ihr? Nun, zumindest für mich waren Wassergräben neben Straßen eine ganz klare Erinnerung an einen echten Klassiker der Videospielgeschichte: Frogger.

Wir schreiben das Jahr 1981, als Konami mit einem Arcadespiel an die Öffentlichkeit ging, an das wir uns heute noch gerne erinnern. In Frogger dreht sich – natürlich, bei dem Titel – alles um Frösche, die wir in Sicherheit bringen müssen. Dass das nicht so einfach ist, liegt auf der Hand, denn zwischen unserem Ausgangspunkt (am unteren Ende des Bildschirms) und unserem Ziel (am oberen Ende) lauern einige Gefahren und wenig Gelegenheit, um zu verschnaufen.

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Wer mit aufmerksamen Augen eine Straße entlang fährt, wird immer wieder Warnschilder entdecken, die auf eine Froschwanderroute quer über die asphaltierte Fläche hinweisen – was leider nicht verhindert, dass etliche Amphibien flach auf der Fahrbahn ihr Leben lassen. Unsere Pixelfrösche stehen zunächst vor einem ähnlichen Problem, denn die erste Hälfte unseres Weges führt über eine stark befahrene Straße. Doch das kann uns nicht aufhalten: Mit unserer Vier-Wege-Steuerung wagen wir uns auf die Fahrbahn und müssen gekonnt Lücken zwischen den Fahrzeugen nutzen, um uns über mehrere Fahrspuren nach oben zu arbeiten.

Haben wir diesen Teil überstanden (und sind somit in der Mitte des Bildschirmes angekommen), gibt es eine kurze Ruhepause, bevor wir uns der zweiten Herausforderung stellen können: Einem Fluss. Aus unbekannten Gründen kann unser Frosch scheinbar nicht schwimmen, weshalb wir auf Hilfsmittel angewiesen sind, um das Gewässer zu überqueren. Davon gibt es zwei Arten: Baumstämme, die in die eine Richtung treiben (in späteren Levels tauchen hier auch Alligatoren auf), und Schildkröten, die in die andere Richtung schwimmen, aber dabei immer wieder abtauchen, weshalb man hier nur kurz verweilen sollte. Eine zusätzliche Schwierigkeit ergibt sich dabei daraus, dass wir um das Level abzuschließen fünf verschiedene „Frog Homes“ (oder auch „Lilypads“) am oberen Ende befüllen müssen, die sich natürlich regelmäßig über den oberen Rand verteilen – und da die Baumstämme von links nach rechts schwimmen (und man nur über Baumstämme das Ziel erreichen kann) sind besonders jene an der linken Seite schwer zu füllen.

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Noch nicht knifflig genug? Dann sollte man noch erwähnen, dass Frogger 1982 vom Magazin Softline mit dem fragwürdigen Titel „Das Arcade-Spiel mit den meisten Arten zu sterben“ ausgezeichnet wurde. Unter anderem stirbt unser Frosch, wenn er von einem Fahrzeug getroffen wird, ins Wasser springt, Schlangen (kriechen über Baumstämme), Ottern (schwimmen im Wasser) oder den offenen Mäulern von Alligatoren zu nahe kommt; Aber auch wenn ihr mit einer Schildkröte oder einem Baumstamm vom Screen fahrt, ein schon besetztes Home anspringt oder euch einfach die Zeit ausgeht, haucht ihr euer Amphibienleben aus. Passiert das zu oft, heißt es Game Over und euer Punktestand wird (so er hoch genug war) in die Highscoreliste eingetragen. Punkte gibt es übrigens nicht nur für eure geretteten Frösche, sondern auch für jeden Schritt, übrige Zeit, gefressene Mücken und auch gerettete weibliche Frösche. High-Score-Jäger haben also einiges zu erledigen.

Zugegeben, für heute klingt das jetzt dennoch nicht besonders herausfordernd, aber wenn wir das Entstehungsjahr berücksichtigen, zeigt sich das Spiel durchaus komplex. Kein Wunder also, dass es rasch beliebt und vor allem auf viele Plattformen portiert wurde. Eine vollständige Aufzählung würde den Rahmen dieses Blogs sprengen, denn tatsächlich gab es bisweilen mehrere (und dennoch offizielle) Ports auf dieselbe Plattform. Wieso? Weil Konami nicht einfach selbst portierte, sondern Lizenzen dafür vergab, und dabei nicht nach Plattform, sondern nach Speichermedium unterschied. Parker bekam also die Lizenz für Portierungen auf Cartridges, während Sierra Frogger auf Magnetmedien (also Disketten und Magnetbändern) herausbringen durfte. Da es damals noch durchaus vorkam, dass Computer beide Medien unterstützten (der C64 hatte zum Beispiel neben den Anschlüssen für die Floppy und Datassette auch einen Anschluss für ROM-Cartridges, der allerdings wohl auch deshalb nicht ganz so populär wurde, weil man nur schwerlich Kopien anfertigen konnte, während das bei Disketten und Musikkassetten relativ einfach ging), gab es auf diesen Plattformen oft zwei Versionen von unterschiedlichen Herstellern.

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Wie erfolgreich Frogger war, zeigt sich wohl auch darin, dass das Spiel nicht im Laufe der Zeit in der Versenkung verschwand, sondern bis heute regelmäßig auftaucht – und damit sind nicht nur unautorisierte Klone gemeint, sondern durchaus auch offizielle Versionen – etwa die 2006er XBLA-Fassung. Doch auch etliche Sequels sollte es im Laufe der Zeit geben, darunter gleich drei, die die Nummer „2“ in trugen: Froger II: ThreeeDeep! von 1984, Frogger 2: Swampy’s Revenge (2000 für die PlayStation) und Frogger 2 (2008, für XBLA). Die unzähligen Fortsetzungen verloren zwar bisweilen die Gameplay-Prinzipien des Originals und bekamen oft mehr und mehr Platform-Elemente – aber zumindest der Hauptcharakter (eben ein Frosch) blieb erhalten.

Auch in die Popkultur fand das Spiel Eingang. Bereits 1983 war der Frosch als Zeichentrickfigur in Saturday Supercade zu sehen, später fand er Eingang in Serien wie Seinfeld (wo sogar eine Episode nach dem Spiel benannt ist) oder Burn Notice, in die Musik (z.B. in das Musikvideo von Aviciis „My Feelings for you“ oder in den Song „Frogger“ von Bad Religion). Darüber hinaus wurde das Spiel auch schon in Live-Action-Form nachgespielt und zumindest einmal musste ein nachgebauter Frosch-Roboter beim Versuch, die Straße zu überqueren, sein Leben lassen (wobei bei einem Versuch in Austin, Texas, immerhin eine vierspurige Straße zehn Mal überquert werden konnte, bevor er sein Leben aushauchte).

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Als ich das erste Mal Frogger spielte, war mir allerdings ganz und gar nicht bewusst, dass ich ein Stück Videospielgeschichte in der Hand hielt. Frogger war nur eines von mehreren Spielen, die ich mit meinem C64 in die Hände bekam (für alle, die es interessiert: Es war „natürlich“ die Disk-Version). Dementsprechend hatte es auch einige Konkurrenz, da es gegen eine Vielzahl an C64-Titeln antrat, die ich im Laufe der Zeit spielen konnte; aber dennoch hat sich Frogger – anders als viele andere Titel, bei denen ich oft erst durch Videos oder durch das Lesen der Titel daran erinnert werde, dass ich diesen Titel auch einmal gespielt habe – dann doch eingebrannt, was wohl für die Qualität des Spiels spricht. Zwar gab es damals natürlich schon eine Evolution, sodass schon 1987 Froggers Spielprinzip ein wenig angestaubt war, dennoch steckte genügend Spielspaß darin, um immer wieder zurückzukehren und zu versuchen, mehr und mehr Frösche zu retten. Oft genug ist mir das gelungen, auch wenn mich (natürlich) in der C64-Version nicht gerade die Sucht nach einem Highscore packte – wozu auch? Nach einem Neustart war der Punktestand verschwunden und ohne die Konkurrenz in einer Arcade-Halle war die Punktejagd auch nicht die Hauptmotivation.

Was mich Frogger vermissen lässt? Das ist wie so oft bei derart alten Spielen gar nicht so leicht zu beantworten. Die Einfachheit des Spiels würde mich heute vermutlich langweilen, aber mit dem richtigen nostalgischen Blick ist Frogger vor allem ein sehr fokussiertes, aber dennoch herausforderndes Spiel. Kein überflüssiger Schnickschnack – dafür wäre wohl sowieso kein Platz dagewesen – aber genug Inhalt, um herauszufordern und das Gameplay immer fordernder zu machen und dabei nicht schon nach wenigen Wiederholungen zu langweilen. Das vermisse ich manchmal, wenn ich an die goldenen 8-Bit-Zeiten zurückdenke und mir ansehe, was heute oft an Geld für Inszenierungen auszugeben, um die Spieler bei der Stange zu halten, oder wie groß der Fokus auf abwechslungsreiches Gameplay ist. Allerdings muss ich selbst zugeben: Im Zuge der Recherchen habe ich Frogger nochmals gespielt – und ja, es macht noch immer Spaß, aber nach kurzer Zeit wünsche auch ich mir dann doch mehr Abwechslung oder zumindest abwechslungsreichere Levels. So viel also zur Retro-Brille …

Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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