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Review: Yooka-Laylee (Nintendo Switch)

Nostalgie kann so wunderbar sein. Es gibt Spiele, die man jederzeit hervorkramen kann, um in holden Erinnerungen zu schwelgen. Erinnerungen an die Kindheit, tolle Soundtracks, fantastisches Gameplay, packende Storys oder Menschen, mit denen man gemeinsam gespielt hat. Doch Nostalgie verklärt vieles, das nach heutigen Standards nicht mehr ganz so gut funktioniert wie früher. Ich erinnere mich gerne an Super Mario 64, muss aber zugeben, dass sich die Kamera des Nintendo-Meilensteins im Jahr 2017 viel Kritik gefallen lassen müsste. Yooka-Laylee positioniert sich als geistiger Nachfolger der legendären Banjo-Kazooie-Games von Rare. Schöne Erinnerungen vieler Fans und der Umstand, dass das 3D-Plattformer-Genre jahrelang weitestgehend brachlag, resultierte in einer enorm erfolgreichen Kickstarter-Kampagne, bei der fast 2,1 Millionen britische Pfund für das Projekt gesammelt wurden. Dem aus Rare-Veteranen bestehenden Team von Playtonic Games ist es zweifellos gelungen, den Geist der N64-Plattformer im HD-Gewand wieder aufleben zu lassen. In vielen Punkten erweist sich die Vorlagentreue aber primär als Stolperstein.

Ist es abgekupfert, wenn man von sich selbst klaut?

Würden nicht einige Originalentwickler hinter Yooka-Laylee stehen, könnte man es als freche Kopie von Banjo-Kazooie bezeichnen. Mit der Ausnahme neuer Hauptdarsteller, dem Chamäleon Yooka und der Fledermaus Laylee, hat sich nicht viel geändert. Die beiden Helden hüpfen durch eine Reihe bunter Welten, jagen massig Sammelgegenstände, treffen skurrile Figuren und folgen einer Handlung, die aus einem Samstagmorgen-Cartoon stammen könnte. Die böse Biene Capital B will die gesamte Weltliteratur an sich raffen, um mit seiner „Diabolical Publishing Corporation“ ein Monopol aufzubauen. Als Laylees magisches Lieblingsbuch von Capital Bs Hauptquartier Hivory Towers eingesaugt wird, lösen sich daraus einige Buchseiten, die in verschiedene Welten verweht werden. Diese Schauplätze können wie in Super Mario 64 in einer Hubwelt ausgewählt werden und beherbergen neben den „Pagies“ genannten Seiten auch Federn, mit denen neue Fähigkeiten für das Heldenduo gekauft werden können.

Abenteuerspielplatz

Die Welten – unter anderem ein Dschungel, eine Schneelandschaft und sogar ein Casino – sind allesamt liebevoll gestaltet, können erweitert werden und bieten eine große Bandbreite an Aufgaben, um Pagies zu verdienen. Darunter Wettrennen, Geschicklichkeitstests, Rätsel und klassische Plattforming-Herausforderungen. Viele dieser Challenges werden von exzentrischen Charakteren bereitgehalten – zum Beispiel eine Abenteurerin, die von einem Dschungelvolk bis auf die Knochen gekocht wurde, ein Ritter-Schwein oder eine Regenwolke, der man beim „Wasser lassen“ helfen muss. Die Gespräche mit den schillernden Charakteren sind ein zweischneidiges Schwert. Einerseits sorgt Playtonic für viele wunderbare Flachwitze (auch wenn zu oft darüber gescherzt wird, dass man sich in einem Spiel befindet), andererseits setzt man auf dieselbe Sprachausgabe wie in den späten 90er Jahren. Die Charaktere geben unverständliches Gemurmel von sich, das aber aus wenigen Sprachsamples besteht, die lieblos und unpassend in schneller Folge hintereinander abgespielt werden. Hier liegt das größte Problem von Yooka-Laylee: Statt zeitgemäße Verbesserungen vorzunehmen, halten sich die Entwickler dermaßen sklavisch an die Vorlage, dass das Spiel nach zeitgemäßen Standards veraltet wirkt.

Nostalgiebrille aufsetzen!

Die Retro-Orientierung ist gleichzeitig die Stärke und Schwäche des Spiels. Während das Plattforming meistens hervorragend funktioniert und die Aufgaben gleichermaßen fantasievoll und spaßig sind, verpasst Yooka-Laylee mit übermäßigem Fanservice die Chance, für Spieler ohne Nostalgiebrille genauso gut wie für Fans zu funktionieren. Eine Lorenfahrt mag zum Beispiel eine schöne Anspielung auf die Donkey Kong Country-Reihe sein, wenn sie sich aber weder gut steuert noch im Spielkontext Sinn macht, hätte man besser auf sie verzichtet. Doch selbst wenn man sich über all den Fanservice freut, muss man sich mit fehlendem Feinschliff herumschlagen. Die Kamera ist oft störrisch und bleibt gelegentlich sogar an der Levelgeometrie hängen, in der getesteten Xbox One-Fassung kommt es gelegentlich zu Framerate-Einbrüchen und immer wieder treten kleinere Fehler auf, zum Beispiel, wenn man in einem Farn stecken bleibt. Besonders schade ist das, weil die vom Pixel-Saurier Rextro in seiner Spielhalle angebotenen Minispiele eine tolle Ideen haben, sich aber mühsam steuern.

Die Nintendo Switch-Version

Entgegen allen Erwartungen (die Unity Engine machte Probleme) erhielten Nintendo Switch-Besitzer Mitte Dezember die beste Version von Yooka-Laylee. Zunächst enthält die Fassung alle Verbesserungen, die auch auf den anderen Plattformen seit der Veröffentlichung im April vorgenommen wurden. Die Steuerung ist weniger hakelig, die Kamera geschmeidiger (und kann optional komplett manuell gesteuert werden) und selbst die nervtötende „Sprachausgabe“ kann in vielen Fällen übersprungen werden. Zusätzlich hat Playtonic Games offenbar viel Zeit in die Optimierung auf Nintendos Hybrid-Konsole investiert. Die Framerate fällt nur selten unter 30fps und das bei einer Auflösung von 900p (Dock-Modus) oder 630p (Handheld-Modus). Teile der Levelgeometrie und einige Effekte wurden angepasst, um das zu erreichen. Diese Einschnitte (etwa simplere Blätter auf Pflanzen) fallen aber kaum auf.

Review Overview

Wertung - 7

7

Nostalgieshow

Yooka-Laylee bringt das 3D-Plattformer-Genre nicht vorwärts und schon gar nicht in das Jahr 2017. Das Team von Playtonic hat ein grundsolides Spiel abgeliefert, das mit dem tollen Soundtrack von David Wise und Grant Kirkhope im Ohr eine Menge Spaß machen kann, es aber dermaßen mit dem Fanservice übertreibt, dass Spielelemente aus den 90ern ihren Weg in die Gegenwart gefunden haben, die besser dort geblieben wären. Erwartet man einen geistigen Nachfolger von Banjo-Kazooie, der abgesehen von der HD-Optik auch vor 15 Jahren hätte erscheinen können, bekommt man genau das. Playtonic setzt zu 100 Prozent auf Nostalgie, und verschenkt damit viel Potenzial.

Genre: Plattformer
Entwickler: Playtonic Games
Preis: ca. 40 Euro
System: PS4, Xbox One, Nintendo Switch, PC
Erscheint: Erhältlich

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