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Review: Warhammer 40.000: Dawn of War 3

Gut sechs Jahre ist es her, dass Entwickler Relic Entertainment einen Fuß in das Warhammer 40.000-Universum setzte. Da Dawn of War II zusammen mit seinem Addon Dawn of War II: Retribution von vielen als die beste Videospielumsetzung des Tabletop-Spiels aller Zeiten galt, war die Freude natürlich groß als bekannt wurde, dass die kanadischen RTS-Spezialisten endlich an einer Fortsetzung arbeiten. Nun ist es  soweit und es dürfen wieder mächtige Space Marines in die Schlacht gegen skrupellose Orkhorden geführt werden. Leider nicht ganz ohne Dämpfer.

Commander der Ork-Eldar-Marines
Vorwand für das Gemetzel ist diesmal eine mächtige Waffe, die auf dem Planeten Acheron gefunden wurde. An dieser sind die Orks mit ihrem bereits aus dem ersten Teil bekannten Anführer Warlord Gorgutz, die Space Marines unter dem legendären Kommandanten Gabriel Angelos sowie die etwas an Sci-Fi-Elfen erinnernden Eldar unter der Führung der Vorseherin Macha interessiert. Im Verlauf der Kampagne springt ihr zwischen den Fraktionen missionsweise hin und her und erlebt so eine gute vertonte Story, die aber größtenteils daran scheitert, den Spieler auch nur entfernt emotional zu involvieren. Auch die Zwischensequenzen und Missionsstrukturen können nicht ansatzweise mit der Genre-Konkurrenz mithalten und so widmet man sich bald den anderen Teilen des Spiels.  Seit jeher wesentlich interessanter als die Kampagne waren sowieso die Multiplayer-Schlachten der Reihe und diesen hat das Team von Relic diesmal gleich eine Generalüberholung spendiert.

Für die Management-Abteilung
So setzt Dawn of War 3 neben den bekannten Helden-zentrierten Taktikgeplänkeln nun vor allem auf eines: Jede Menge Micro-Management. In den Matches startet jeder Spieler mit einer Anfangsbasis, die nur ein bis zwei simple Kämpfer vor allem aber eine Bau-Einheit produzieren kann. Per auf der Karte verstreuten, einnehmbaren Ressourcenpunkten lassen sich Materialien und Energie abbauen, die wiederum in neue Gebäude und Einheiten gesteckt werden können. Der Umfang dieser bleibt überschaubar und so bringt jede Fraktion drei Einheiten produzierende Gebäude mit insgesamt acht bis neun Einheiten mit sich.

Lass mein Haus in Ruhe!
Diese unterscheiden sich jedoch von Fraktion zu Fraktion und auch untereinander gewaltig, verlangen alle gänzlich unterschiedlich eingesetzt zu werden und treten mit jeweils zwei bis drei eigenen Spezialfertigkeiten auf den Plan. So können sich beispielsweise einige Ork-Krieger aus Schrotthaufen – welche von zerstörten Einheiten oder speziellen dafür vorgesehenen Türmen gewonnen werden können – bessere Waffen und Rüstungen bauen, während einige Eldar mit Teleportationsfähigkeiten ausgestattet sind oder einen Schadensbonus erhalten, wenn sie sich in der Nähe ihrer – sogar ebenfalls teleportierbaren – Gebäude befinden. Eine Panzerart der Space Marines beginnt überhaupt erst zu schießen, wenn ihre Spezialfähigkeit ausgewählt und ein klares Ziel definiert worden ist. An dieser Stelle ist man jedoch erst bei der Hälfte der verlangten Interaktion.

Dauer-Rückzug
Noch viel wichtiger als die klassischen Einheiten sind die sogenannten Elite-Einheiten. Diese erfordern eine gewisse Menge Elitepunkte, um beschworen werden zu können und dürfen jeweils nur einzigartig auf dem Feld vorhanden sein. Dafür sind sie teilweise groß wie ein Hochhaus und gut eingesetzt durchaus in der Lage, ganze Armeen im Alleingang zu erledigen. Ihr imposantes Auftreten beendet außerdem teilweise sogar schusslos das ein oder andere Geplänkel und ihre Spezialfähigkeiten können nicht selten spielentscheidend sein. Ebenfalls entscheidend ist es, seine Einheiten nicht einfach sterben zu lassen. Denn neue Einheiten zu produzieren dauert bedeutend länger und fordert weit mehr Ressourcen als sie bei einem Gebäude oder durch eine Bau-Einheit heilen zu lassen. Der Cooldown gefallener Elite-Einheiten dauert teilweise sogar mehrere Minuten und ist dementsprechend umso schmerzhafter.

Alles außer White RUSHen
Um Rush-Taktiken wie in anderen RTS entgegenzuwirken, hat sich Relic außerdem etwas ganz Besonderes einfallen lassen. So stehen jedem Spieler von Beginn an zwei mächtige, eigenständig agierende Abwehrtürme zur Verfügung, die erst einmal besiegt werden wollen, bevor sie die Basis und den Spiel-entscheidenden Hauptenergiekern des Gegners entblößen. Selbst die teuersten Elite-Einheiten können im direkten Duell gegen diese kaum bestehen und oft fordert es mehrere gezielte Angriffe bis sie endlich den Geist aufgeben. Zusätzlich finden sich auf der ganzen Karte Verteidigungspunkte, die den darin befindlichen Einheiten ein Schild zur Verfügung stellen und damit auch kleineren Infanterie-Einheiten eine gute Chance gegen weit stärkere Angreifer geben.

Befehlslos in den Tod
Dies führt dazu, dass so etwas wie ein „schnelles Match“ kaum möglich ist. Nach einigen kleineren Scharmützel rund um die Ressourcenpunkte kommt es meist zu zwei bis drei gigantischen Schlachten, die sich oft über mehrere Minuten strecken können. Gerade diese sind es leider auch, bei denen das Spiel zeitweise ziemlich überfordernd sein kann. Faktisch alle Einheiten wollen einzeln betreut und mit Befehlen versehen werden, viele sehen in die Luft, während der Feind in direkter Nähe ist und eine Art taktische Kameraansicht sucht man vergebens. Im Gegenteil ist die Kamera sogar im maximal herausgezoomten Zustand noch sehr nahe über dem Boden und schafft es oft nur Bruchteile des Geschehens einzufangen. So kommt schnell das Gefühl auf, zu jedem Zeitpunkt etwas von der Schlacht zu verpassen, fast als spiele man ein MOBA mit 20 Charakteren gleichzeitig. Gelingt es aber dennoch halbwegs die Übersicht zu behalten und den Gegner zu überwältigen, ist das Gefühl des Triumphes umso stärker, denn ohne euer Zutun wäre hier nicht viel passiert.

Gesucht: Doktor in Doktrin
Wem dies alles jedoch schon zu komplex ist, der ist mit Relic Entertainment offensichtlich nicht auf einer Wellenlänge. So wurde zwar auf das Aufleveln der Eliteeinheiten während eines Matches verzichtet, nicht jedoch außerhalb. Daher lässt sich für jede einzelne der satten 27(!) verschiedenen Eliteeinheiten eine alternative Elite-Doktrin freischalten, die jeweils gänzlich andere Effekte verursacht. Wäre dies nicht schon genug, lassen sich zusätzlich noch aus etwa 90 verschiedenen Armeedoktrinen jeweils drei pro Match ausrüsten, die jeweils neue Fähigkeiten oder passive Boni für spezifische Einheiten aktivieren. All diese Doktrine, sowie sechs der jeweils neun Eliteeinheiten per Fraktion, lassen sich durch sogenannte Schädel freischalten und verlangen teilweise zusätzlich ein gewisses Fraktionslevel. Beides lässt sich eigentlich nur durch Online-Multiplayer-Schlachten wirklich effizient erspielen und führt teilweise zu unguten Balancing-Problemen. Hat sich ein Spieler beispielsweise auf eine Fraktion spezialisiert (was empfehlenswert ist), möchte anschließend aber eine andere ausprobieren, wird er abseits seiner möglicherweise geringeren Erfahrung auch auf ein massives Handicap aufgrund der fehlenden Doktrine stoßen, denn diese klug genützt durchaus bedeutsam sein.

Nichts ist unbeweglich!
Weit weniger bemängelnswert ist hingegen die Optik des Titels. Jede einzelne Einheit der Tabletop-Vorlage kann deutlich erkannt werden und der Grad an Detailverliebtheit, mit dem diese durch Dutzende verspielte, kleine Animationen belebten Figuren gestaltet wurden, macht deutlich, dass hier absolute Fans am Werk waren. Selbst die Gebäude überhäufen nahezu mit Animationen, egal ob sie gerade aufgebaut werden oder selber Einheiten produzieren. Leider lässt es das stressige Gameplay des Titels kaum zu, den vielen Feinheiten der Optik ausreichend Respekt zu zollen, weswegen sich glücklicherweise zumindest die Einheiten im Menü in aller Seelenruhe und von allen Seiten bewundern lassen. Warhammer-typisch können diese auch mit einer satten Auswahl an verschiedensten Farben und Farbarten ganz an den persönlichen Geschmack angepasst werden.

Spiel ich die mit den sechs Ressourcenpunkten oder die mit den sechs Ressourcenpunkten?
Einzig die Maps können mit dieser Form des Feinschliffs kaum bis gar nicht mithalten und präsentieren sich wenig inspiriert und fade. Hinzukommt, dass mit lediglich acht verschiedenen und keinerlei unterschiedlichen Spielmodi nicht sonderlich viel Abwechslung geboten wird. Glücklicherweise lassen sich die mit dem mitgelieferten World-Builder erstellten Karten relativ leicht in das Spiel integrieren und auch wenn das Tool nicht sonderlich benutzerfreundlich gestaltet ist, dürften bald ausreichend verfeinerte Maps von der Community zum Download bereitstehen.

Review Overview

Wertung - 7.5

7.5

Verwirrtes RTS-MOBA

Dawn of War 3 zählt optisch zu den schönsten RTS-Games aller Zeiten und präsentiert seine neuen Basenbau-Elemente mit innovativen neuen Gameplay-Ansätzen. Leider wirken die Entwickler sehr unsicher bezüglich ihrer Zielgruppe und so werden sich Fans der Tabletop-Variante kaum mit dem übermäßig stressigen Micro-Managment und der geradezu klaustrophobisch anmutenden Kameraperspektive zurechtfinden, während StarCraft- und MOBA-Fans, die mit derartigen Umständen vertraut sind, klar von den Doktrin-induzierten Balancing-Problemen abgeschreckt werden dürften. Was überbleibt ist ein RTS-MOBA-Hybrid mit hoher Einstiegshürde, dem aber der ein oder andere allein schon wegen seiner unfassbar liebevoll designten Einheiten eine Chance geben sollte.

Genre: Echtzeitstrategie
Entwickler: Relic Entertainment
Preis: ca. 50 Euro
System: PC
Erscheint: Erhältlich

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