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Review: Story of Seasons: Friends of Mineral Town

Nachdem sich meine Familie im wirklichen Leben vor einigen Jahren ein eigenes Feld in einem Selbsterntegarten zugelegt hat, habe ich endlich herausgefunden, warum jedes Landwirtschaftsspiel mit dem Anbau von Rüben oder Zwiebeln beginnt – sie wachsen schnell und sind einfach anzubauen. Und obwohl man nie in der Lage sein wird, von ihnen zu leben, so wie in Story of Seasons: Friends of Mineral Town, so erfreuen wir uns zumindest etwas an der Unkompliziertheit der Zwiebeln und am Geschmack der eigenen Paradeiser. Apropo Unkompliziertheit… Das Angenehme an einem virtuellen Feld: Körperlich anstrengend ist es nur für den Daumen.

Die Dinge beginnen mit einem Brief eines euch bis dato unbekannten Bürgermeisters. Ehe wir es uns versehen, haben wir die verfallene Farm unseres verstorbenen Großvaters übernommen und versuchen verzweifelt ein wenig Geld zu erwirtschaften, um sich die so wichtigen ersten Rübensamen leisten zu können. Die nahe Stadt ist voller Menschen, die man umwirbt, Veranstaltungen, die man besuchen kann, und sogar eine Mine, die man erkunden muss. Kommt euch das bekannt vor? Dann habt ihr wohl den landwirtschaftlichen Koloss Stardew Valley gespielt, dessen Inspirationsquelle Friends of Mineral Town ist.

Verwirrt? Dann ist es Zeit für eine kleine Geschichtsstunde. Story of Seasons: Friends of Mineral Town ist ein waschechtes Remake des 2003 erschienenen Gameboy Advance-Klassikers Harvest Moon: Friends of Mineral Town. Die Marke Harvest Moon gehört dem Publisher Natsume, daher der Wechsel zur neuen Marke Story Of Seasons – obwohl es sich um dasselbe Spiel handelt, das selbst eigentlich ein Remake von Harvest Moon: Back to Nature ist, das 1999 auf der PlayStation 1 veröffentlicht wurde. Das Original ist noch immer sehr beliebt und hat dazu beigetragen, die beschauliche virtuelle Arbeit auf dem Bauernhof populär zu machen, aber das Genre hat sich gerade in den letzten Jahren auch ordentlich weiter entwickelt.

In der Welt von Mineral Town ist alles quitschsüß, hat runde Kanten und die einzige Gefahr, der ihr jemals begegnen werdet, ist, dass ihr zu spät ins Bett kommt. Es gibt eine hübsche kleine Bibliothek, einen malerischen Bergpfad zum Spazierengehen und einen Strand zum Entspannen und Muschelsuchen. Es ist alles sehr idyllisch und überschaubar klein, da es auf der Karte eines 21 Jahre alten Spiels basiert. Wer also das Original gespielt hat, findet sich nicht nur sofort zurecht, fühlt es sich doch so an, als würdet ihr nach vielen Jahren wieder zu diesem Urlaubsort zurückkehren. Mit der Größe aktueller Genrevertreter kann man das aber nicht vergleichen.

„Lebt“ ihr einige Zeit in der Stadt, habt ihr schnell auch alle Abläufe gesehen und wisst sie zu nutzen. Alle Einwohner haben ihr eigenes Leben und ihre eigene Routinen. Doch erwartet euch nicht zu viel, da ist nicht allzu viel Substanz unter der Oberfläche und eure Eingriffsmöglichkeiten, das Geschehen zu euren Gunsten zu beeinflussen, sind zwar an unzähligen Stellen gegeben, allerdings meist nur auf eine einzige Art und Weise… Flexibilität oder individuelle Lösungswege sind hier nicht gefragt. Und so versucht man Bewohner für Bewohner zu umwerben, um sie auf seine Seite zu ziehen. Das ist an sich unterhaltsam und bringt euch auch Schritt für Schritt im Spiel weiter, hier offenbart sich jedoch auch der größte Schwachpunkt des Remakes. Man kann nur selten eine Beziehung zu diesen Figuren aufbauen, die sich bedeutend anfüllt oder auch nur nachhaltig ist. 2003 reichte das aus, 2020 erwarte ich mir da deutlich mehr.

Trotz alledem steckt auch noch eine ordentliche Portion Spielspaß in Story of Seasons: Friends of Mineral Town. Das liegt vor allem daran, dass der Vorgang des eigentlichen Bewirtschaften eine reine Freude ist. Der Kreislauf, jeden Morgen die Erde zu bestellen, zu pflanzen und das Gemüse zu pflegen, ist unwiderstehlich und eine beruhigenden Schleife. Und so kommt man sehr schnell zu dem berüchtigten „nur einen weiteren Tag“ Punkt im Spiel. Und dabei hatten wir heute noch gar nicht unsere Kühe gebürstet und die Hühner gefüttert. So ein Tag ist erschreckend schnell um und da die Ausdauerleiste überraschend schnell erschöpft ist, ist jedes Tool-Upgrade heiß begehrt. Doch Vorsicht, die Entspannung, die man in dieser Routine findet, beginnt schnell sich wie eine Plackerei anzufühlen, wenn es nicht viel mehr zu tun gibt. Um so wichtiger ist es, sich mit den kleinen bunten Naturgeistern anzufreunden, die einem bei der Arbeit helfen, aber sie dazu zu bringen, ist … ordentlich viel Schokolade, oder auch Bestechungsversuche. So ist es gut, wenn man sich  persönliche Vorlieben seiner zukünftigen Erntehelfer merkt, wie zum Beispiel dass sich die Naturgeister nicht nur über teuer eingepackte Schokolade freuen, sondern auch über selbst geerntete Äpfel oder gefundene Blumen. Sonst müsste man für diese „Freundschaft“ tief in die Tasche greifen.

Neben der schönen und bunten 3D-Grafik, die den Pixellook der GameBoy Advance Fassung ersetzt, gibt es einige wenige jedoch wichtige Modernisierungen. Sie kann nun überall gespeichert werden, es gibt die Möglichkeit, die Kleidung zu wechseln, und es gibt einen einfachen Modus. Gewünscht hätten wir uns vielmehr kreative Freiheiten bei der Gestaltung des Lebens in der Idylle.

Fazit

Wertung - 7

7

Story of Seasons: Friends of Mineral Town ist ein schönes Remake des Klassikers und wurde nicht nur grafisch, sondern auch spielerisch vorsichtig angepasst, man merkt dem Spiel allerdings an vielen Stellen sein Alter an. Mit der spielerischen Vielfalt eines sich ständig weiterentwickelten Stardew Valley kann man nicht mithalten. Doch bei unserem Test zeigte sich in meiner Familie, auch wenn der knuddelige Grafikstil manch hart gesottenen Zocker abschrecken könnte, verbirgt sich dahinter ein komplexes und süchtig machendes Spiel. Dessen Einfachheit vor allem auch für jüngere Spieler mit ein wenig Unterstützung einen guten Einstieg in das Genre bieten kann, denn wenn ich an die Stimmen aus dem Wohnzimmer zurückdenke, kann wohl nicht nur Freude sondern auch Frust entstehen. Auf viele Sachen muss man selbst kommen, wenn man jedoch tagein und tagaus damit beschäftigt ist, Felder zu gießen, Kühe zu melken oder Naturgeister zu bestechen, dann wird man womöglich nie herausfinden, wo der Verkäufer "Van" steckt. Und so vergehen die Jahreszeiten... und man hat immer noch kein Haustier.

Genre: Simulaion
Entwickler: Marvelous Entertainment
System: Nintendo Switch
Erscheint: erhältlich
Preis: ca.  50 Euro

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