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Game-Review: Rain

„Wo bin ich hier?“, fragt sich der Junge, der vor wenigen Momenten noch mit Fieber im Bett lag. Er sah, wie ein Mädchen an seinem Fenster die Straße entlanglief, verfolgt von einem Ungeheuer – dem Geschöpf – und rannte ihr hinterher. Er rannte durch die Stadt und durch ein Tor, hinter dessen mächtige Flügel alles Licht verbannt zu sein schien. Mit dem Schritt auf die andere Seite verschwand nicht nur der Tag und mit ihm die Sonne, der Junge verlor auch seine Gestalt. Nichts war von ihm zu sehen, sein Körper und seine Stimme wurden von der Nacht verschluckt. Einzig der Regen lässt seine Konturen im Dunkeln schemenhaft hervorscheinen. Für ihn selbst, aber auch für die Ungeheuer, die durch die Straßen laufen und ihm bei einem Angriff für immer ins Schwarze stürzen. Er hat keine Wahl, er muss das Mädchen finden und mit ihr gemeinsam einen Weg aus dieser fremden Welt finden. Ohne Waffen. Ohne Worte. Ihnen bleibt nur der jeweils andere.

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Im Regen ist der Junge sicht- und verletzbar. Unter Dächern, Vorsprüngen und in Gebäuden hingegen, dort, wo der Regen nicht eindringen kann, zeugen einzig Fußspuren von seiner Existenz. Geht er durch schlammige Pfützen, bleibt er zu sehen, bis er sich mit sauberem Wasser wäscht. Läuft er in Pfützen, werden die Ungeheuer durch die lauten Geräusche alarmiert und eilen zur Quelle des Lautes. So klettert und schleicht sich der Junge über die Dächer und durch die Straßen der Stadt, auf der Suche nach dem Mädchen und dem Ausgang aus dieser fremden Welt. Manchmal hilft alles Schleichen nichts und der Junge muss laufen. Unter Verfolgung muss er schnelle Entscheidungen treffen und den richtigen Weg finden, was oftmals nicht beim ersten Versuch funktioniert, den Jungen aber nicht von seiner Flucht abhalten kann.

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Viele würden die Erlebnisse des Jungen und des Mädchens wohl mit einer epischen Reise – auf Englisch Journey – vergleichen wollen. Dieser Vergleich entspricht aber nicht ganz der Wahrheit. Es ist eher ein Spaziergang im Regen. Von melancholischer Schönheit und der mysteriösen, teils angespannten Stimmung der Stadt durchsetzt, suchen der Junge und das Mädchen den Ausgang aus ihrem Albtraum und versuchen der Nacht ein Ende zu setzen. Einzeln von Einsamkeit geplagt, bildet sich ein emotionales, wenngleich wortloses Band zwischen ihnen und stellt sich gegen das übermächtige Geschöpf, das ihnen die letzte Hoffnung rauben möchte.

Es ist kein allzu langer*, aber ein erinnerungs- und erfahrungswürdiger Spaziergang durch die düsteren Straßen der Stadt. In der es regnet. Ohne Unterlass.

 

Tropf. Tropf. Tropf.

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(* Ihr könnt mit ungefähr vier Stunden Spielzeit für euren ersten Durchlauf vorstellen, vielleicht etwas mehr oder etwas weniger, je nach eurer Spielweise. Nach dem ersten Durchgang wird ein New Game + Modus freigeschaltet. In diesem sind überall in der Welt „Erinnerungsblasen“ versteckt, die der Handlung mehr Kontext verleihen.)

(Konstantinos Fotopoulos)

WERTUNG: 4/5
System: PS3 (PSN)
Entwickler: PlayStation C.A.M.P.
Spieler: 1
Preis: ca. 13 Euro

 

Review Overview

Wertung - 8

8

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