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Review: Kingdom Hearts HD II.8 Final Chapter Prologue

Es gibt wohl dieser Tage kaum einen Titel, der für Uneingeweihte derart verwirrend ist wie dieser: Kingdom Hearts HD II.8 Final Chapter Prologue. Lasst uns deshalb den Titel kurz auseinander brechen, damit er ein wenig klarer wird: „Kingdom Hearts“, weil wir von einer Compilation von Kingdom Hearts-Titeln sprechen; „II.8“ deshalb, weil die darin enthaltenen Spiele (großteils) nach dem zweiten Teil spielen, es sich aber nicht um Teil III handelt und die 2.5 schon vergeben war; „HD“ ist ein klares Indiz, dass wir es hier mit einem HD-Remake zu tun haben; und „Final Chapter Prologue“ dreht sich um einen ganz bestimmten Teil der Spielesammlung, die als Prolog für das kommende Kingdom Hearts III (das je nach Aussage das finale Kapitel der Reihe oder zumindest das Ende der momentanen Storyline sein wird) dient. Egal, ob ihr jetzt endgültig verwirrt seid oder wissend nickt – das war der komplizierte Teil. Ab jetzt wird es leichter.

Das letzte Puzzlesteinchen
Die Kingdom Hearts-Reihe hat es Neueinsteigern zuletzt nicht gerade leicht gemacht. Mittlerweile gibt es immerhin acht erschienene Spiele auf diversen Plattformen, die noch dazu allesamt eine zusammenhängende Geschichte ergeben. Zwar gibt es Teile, die weniger essentiell sind als andere (Re:Coded, 358/2 Days und χ bieten sich durchaus an, ausgelassen zu werden), aber wer einfach mal in die Reihe hineinschnuppern will, könnte sich, wenn er das falsche Spiel erwischt, überaus verloren fühlen. Lasst es uns deshalb gleich hier aussprechen: Kingdom Hearts II.8 ist definitiv die falsche Compilation für Leute, die keine Ahnung von der Serie haben. Wer hingegen die Reihe bereits kennt, ist hier richtig.

Startet ihr das Spiel, habt ihr die Auswahl zwischen drei Titeln – und wie auch in den anderen HD-Collections der Reihe sind davon eigentlich nur zwei spielbar, der dritte ist nur eine etwa einstündige Zwischensequenz, die sich mit den Ereignissen rund um Kingdom Hearts χ (ein Mobile-Spiel) beschäftigt. Da dessen Storyline auch keine großen Auswirkungen auf die allgemeine Geschichte der Reihe hat, handelt es sich dabei um eine nette kleine Draufgabe, die (nach dem seltsamen Anfang) auch in dank Unreal Engine 4 schöner Grafik präsentiert wird, aber vor allem Komplettisten ansprechen wird. Die beiden „Sahnehäubchen“ der Compilation sind allerdings die beiden andere Spiele – wobei die Frage, welches von beiden euch eher anspricht, wohl vor allem mit eurem Vorwissen zusammenhängt.

Kein tiefer Fall
Der erste Kandidat für den Titel „Highlight der Compilation“ ist Kingdom Hearts Dream Drop Distance HD, eine Umsetzung des 2012 erschienenen 3DS-Titels. Storytechnisch setzt dieser nach dem Ende von Kingdom Hearts II und Re:Coded an und erzählt die Geschichte von Riku und Sora, die für ihre Prüfung zum Keyblade-Meister in verschlafene Welten eintauchen und diese erwecken müssen. Natürlich erwarten uns dabei allerhand Disney-Welten, wie Phantasia, Der Glöckner von Notre Dame oder Tron: Legacy, aber auch Orte, die Serienfans schon lange kennen, wie zum Beispiel Traverse Town, in denen wir allerhand Geschichten erleben, die nicht nur zu den jeweiligen Filmen passen, sondern auch die Haupthandlung vorantreiben, uns mit Gegnern prügeln und versuchen, unsere Aufgabe zu erfüllen.

Ganz kann das Spiel zwar nicht verleugnen, dass es ursprünglich auf einem Handheld erschien, aber dennoch spielt sich der Titel auch auf dem Fernseher gut und kann auch in Sachen Umfang überzeugen. Auf der Strecke blieben natürlich 3D-Modus, Touchscreen-Eingaben (die mal besser, mal schlechter ersetzt wurden) und Street-Pass-Features, ansonsten handelt es sich aber um Kingdom Hearts 3D mit all seinen guten, aber auch schlechten Seiten. Noch immer erinnert das Aufziehen der auf unserer Seite kämpfenden Traumkreaturen ein bisschen zu sehr an eine Haustiersimulation und das Drop-System sorgt zwar für Zeitdruck, schlägt aber manchmal einfach zum falschen Zeitpunkt zu. Letzteres ist eine integrale Spielmechanik für das Spiel, in dem man Sora und Riku abwechselnd spielt. Eine Zeitleiste zeigt an, wie lange es dauert, bis automatisch zum jeweils anderen Charakter gewechselt wird (man kann aber auch freiwillig springen, was aber auch ein paar Nachteile mit sich bringt). Dumm gelaufen, wenn dies mitten in einem Boss-Encounter passiert, den man dann beim Zurückwechseln wieder von vorne beginnen muss. Das war schon auf dem 3DS lästig, aber auf der PS4, auf der man vielleicht doch längere Sessions spielt, stört es fast noch mehr.

Dafür gefällt das Flowmotion-System, das euch auch schnelle (wenn auch bisweilen etwas unkontrollierte) Reise durch die diversen Locations erlaubt und im Kampf für einige spektakuläre Einlagen sorgt, indem ihr Wände entlang lauft, Geländer entlanggleitet oder auch durch die Luft wirbelt. Auch grafisch weiß die Umsetzung durchaus zu gefallen, auch wenn ihr euch natürlich keine Wunder erwarten solltet – gegen die anderen beiden Einträge der Compilation zieht Dream Drop Distance auch aufgrund seiner Handheld-Vergangenheit deutlich den Kürzeren. Dafür handelt es sich dabei um das einzige vollwertige Spiel in der Sammlung. Da es außerdem die Story (wenn auch nur mäßig) Richtung Teil III treibt, ist es vor allem für jene, die den 3DS-Teil bislang aus irgendwelchen Gründen ausgelassen haben, vermutlich das Highlight der Sammlung.

Ein Blick in die Zukunft
Doch auch für all jene, die ohnehin schon alle Kingdom Hearts-Teile kennen, bietet diese Sammlung etwas Neues. Hinter Birth by Sleep 0.2: A Fragmentary Passage verbergen sich nämlich neue Spielinhalte, eine neue Episode rund um Aqua (eine der Protagonistinnen aus dem PSP-Teil Birth by Sleep) und ein Einblick darauf, was uns in Kingdom Hearts III erwartet. Während die Rahmenhandlung nach Dream Drop Distance spielt und uns ein weiteres Mal in winzigen Schritten Richtung KH III führt (und damit den Titel „Final Chapter Prologue“ der Compilation rechtfertigt), dreht sich der Inhalt der Episode um Aqua, die nach den Ereignissen von Birth by Sleep im Reich der Dunkelheit feststeckt. Und ja, es hilft, sich an die Ereignisse aus dem PSP-Teil zu erinnern, denn abgesehen von einer kurzen Textzusammenfassung lässt euch das Spiel mit Informationen zu den auftretenden Charakteren und den vorangegangenen Ereignissen ein wenig im Regen stehen.

Dafür punktet A Fragmentary Passage auf anderen Fronten: Dank Unreal Engine 4 zeigt sich die Serie in einer bisher nicht gekannten grafischen Pracht mit neuen, deutlich weitläufigeren Arealen, die die relativ kleinen Räume der Vorgänger leicht vergessen lassen. Hier haben wir es eindeutig nicht mehr mit einem Handheld-Port oder einem Spiel aus der vorletzten Konsolengeneration zu tun, sondern mit einem Titel, der für eine aktuelle Konsole mit aktueller Engine entwickelt wurde. Was wir zu sehen bekommen, ist gleichzeitig schön detailliert, passt aber auch ohne gröberen Bruch zu dem, was wir bislang in der Reihe zu sehen bekommen haben – ein schöner Ausblick darauf, wie Kingdom Hearts III eines (hoffentlich nicht mehr allzu fernen) Tages aussehen wird. Spielerisch haben wir hingegen ein wenig eine Rückbesinnung, denn das Gameplay erinnert über weite Strecken an die Einfachheit, die die Konsolen-Teile hatten, wenngleich Aqua natürlich einige spezielle Fähigkeiten (wie das Lockshot-System) aus dem PSP-Ableger mitgebracht hat. Das ist allerdings durchaus kein Nachteil, sondern sorgt dafür, dass das gute, alte Kingdom Hearts-Gefühl sofort zurückkehrt.

Aufgrund der tollen Präsentation, des flüssigen Kampfsystems und der Tatsache, dass A Fragmentary Passage ein völlig neues Spiel ist, hätte der Titel große Chancen, das Highlight der Sammlung zu sein – wenn es denn nicht einen gewissen Haken gäbe: Mit einer Spielzeit von nur rund drei Stunden ist der Blick die Zukunft der Reihe sehr kurz geraten. Zwar kann man mit diversen Aufgaben noch mehrere Kostüme für Aqua freischalten, was vielleicht manche motiviert, noch ein weiteres Mal mit ihr die Welt der Dunkelheit zu erkunden, aber dennoch bleibt der Wunsch nach mehr zurück. Das kann man natürlich positiv sehen, weil es zeigt, dass die Formel noch immer funktioniert und die Vorfreude auf KH III steigt. Andererseits zeigt es auch die Schattenseite dieser Compilation – für den Kaufpreis bekommen wir diesmal eben nur einen 3DS-Port, eine kurze neue Episode und ein Video. Ob das den Preis wert ist, muss jeder für sich entscheiden.

Review Overview

Wertung - 8

8

Gelungene Einzelkomponenten, aber im Vergleich wenig Inhalt

Als Kingdom Hearts-Fan der ersten Stunde war die Sache klar: Nach KH 1.5 HD und 2.5 HD muss auch dieser Titel in meine Sammlung. Dafür gab es natürlich primär zwei Gründe: Erstens die Vollständigkeit – zwar habe ich Dream Drop Distance schon für den 3DS im Regal stehen, aber nun ist auch der letzte Teil der Reihe auf einer Sony-Konsole spielbar. Aber viel wichtiger zweitens: A Fragmentary Passage ist zum ersten Mal seit langem ein neues Spiel in der Reihe und gleichzeitig der lang ersehnte erste Ausblick auf Kingdom Hearts III. Doch nachdem ich die Compilation ausführlich gespielt habe, bleibt ein seltsames Gefühl zurück. Natürlich ist Dream Drop Distance ein gutes Spiel und auch gelungen geportet worden – das beste Spiel der Reihe ist es dennoch nicht. Und A Fragmentary Passage ist eine wunderbare Demo, wie KH III einmal sein wird, wenn es denn endlich mal fertig wird, aber ist dennoch so kurz, dass es sich fast (aber eben doch nicht ganz) wie eine Demo-Version anfühlt. Klar, es gibt eine gewisse Replayability und dann doch ein paar Inhalte, die das Spiel aufwerten, aber dafür, dass es für viele wohl einer der wichtigsten Gründe sein wird, die Collection zu kaufen, hätte es schon ein wenig mehr sein können, denn auch das Video zu Kingdom Hearts χ ist zwar nett, aber nichts, was uns länger beschäftigt. Bedenkt man, dass man Ende März mit Kingdom Hearts HD 1.5 & 2.5 Remix eine Compilation mit vier Spielen und zwei Videos für die PS4 zum selben Preis bekommt, fragt man sich doch ein wenig, ob Kingdom Hearts 2.8 nicht entweder billiger in den Handel kommen und/oder dem Rerelease von KH 1.5 & 2.5 für PS4 gleich beiliegen hätte sollen. Und das ist eigentlich schade, denn technisch gibt es hier wirklich nichts zu meckern und beide Spiele sind durchaus gelungen. Aber das Gefühl, viel Geld für vergleichsweise wenig Inhalt hinzulegen, bleibt – wenn auch vor allem im direkten Vergleich.

Genre: Action-RPG
Entwickler: Square Enix
Erscheint: erhältlich
Preis: ca. 50 Euro
System: PS4
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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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