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Review: Halo Wars: Definitive Edition

In wenigen Tagen erscheint Halo Wars 2 für die Xbox One und Windows 10. Das erste Halo Wars erschien 2009 ausschließlich für die Xbox 360, erst jetzt kommen PC- und Xbox One-Spieler im Rahmen der „Definitive Edition“ in den Genuss dieses Strategie-Klassikers. Die überarbeitete HD-Version ist derzeit jedoch nicht separat erhältlich, sondern nur für Vorbesteller und Käufer der Ultimate Edion von Halo Wars 2. Auch nach rund acht Jahren ist Halo Wars ein tolles Strategiespiel.

Über ein Jahrzehnt lang haben Microsofts Ensemble Studios einige der unterhaltsamsten Echtzeitstrategiespiele, wie die Age of Empires-Reihe oder Age of Mythologies, für den PC produziert und fast die Hälfte der Zeit versucht, nebenbei ein Konzept zu entwickeln, um ihr Lieblingsgenre wohnzimmerfähig zu machen. Wem also sonst die Halo-Lizenz anvertrauen, damit sie zu ihren kreativen Wurzeln zurückkehren kann – Halo war ursprünglich als Strategie-Spiel geplant –, und die nun sogar revolutioniert werden soll? Es war eine der Grausamkeiten der Videospielgeschichte, dass dieses texanische Studio zwar viele der besten Strategiespiele entwickelte, aber direkt nach der Entwicklung von Halo Wars geschlossen wurde. Die vorliegende Definitive Edition stammt daher auch von Behaviour Interactive. Das kanadische Entwicklerstudio hat zuletzt Warhammer 40,000: Eternal Crusade, entwickelt.

Revolution aus der Vergangenheit
Um etwas mehr Freiraum in Sachen Figurenwahl und -design zu haben, hat Ensemble die Handlung des Spiels zwei Jahrzehnte vor den Abenteuern des Master Chief angesetzt, der dieses Mal gar nicht in Erscheinung tritt. Stattdessen tritt eine Reihe neuer Charaktere in den Vordergrund, die allesamt auf dem UNSC-Kriegsschiff Spirit of Fire stationiert sind und dank ihrer lebendigen Charakterzüge Spartan-117 keine Sekunde missen lassen. Dies liegt aber auch an der spannenden Story aus der Feder von Eric Nylund, Autor der tollen Halo-Romane sowie der aufwendig produzierten Zwischensequenzen.

Die Einzelspielerkampagne wird euch durch insgesamt 15 abwechslungsreiche Missionen lotsen und je nach gewähltem der vier Schwierigkeitsgrade zwischen sechs und acht Spielstunden strategische Kriegsführung bieten. Das Gameplay gestaltet sich dabei relativ klassisch: Basen bauen, Truppen produzieren, Ziele erobern. Ersteres präsentiert sich in Halo Wars sehr individuell und lässt euch Gebäude nur in dafür vorgesehenen Slots an der Hauptbasis errichten. Dank dieser intelligenten Gameplay-Entscheidung fällt die mühselige Platzierung einzelner Gebäude weg: Ihr müsst nur die Baubefehle mithilfe eines Kreis-Menüs an den Slot vergeben und habt den Kopf frei für anderes. Als Ressourcen dienen dabei Anforderungspunkte, die mit Hilfe spezieller Gebäude automatisch generiert werden, und Reaktoren, deren Anzahl entscheidet, auf welche erweiterten Technologien ihr Zugriff habt. Diese Vereinfachung des gesamten Wirtschaftssystems mag für Profi-Strategen zwar simpel erscheinen, allerdings hat jede Basis nur begrenzte Bauplätze zur Verfügung, was euch zu überlegtem Handeln zwingt.

Steht die Infrastruktur, gilt es Truppen zu produzieren. Die UNSC sowie die außerirdische Allianz bieten ein beachtliches Repertoire an bekannten Einheiten wie Warthogs oder Banshees, aber auch neue wie wuchtige Mechs, Flug-Bomber und andere. Dabei verfügen alle Figuren über eine sekundäre Angriffsfunktion, die situationsbedingt sogar eine Schlacht entscheiden kann, wenn beispielsweise ein Spartan ein gegnerisches Fahrzeug kapert.

Alles im Griff!
Die Basis des Ensemble-eigenen Steuerungskonzeptes bietet ein gewohntes Bild: Mit den Analogsticks könnt ihr die Kamera über das Feld bewegen und drehen, mit der A-Taste wählt ihr einzelne Einheiten aus oder gebt Marsch- und Angriffsbefehle per Druck auf den X-Knopf. Was den Titel aus der grauen Masse der Unspielbarkeit heraushebt, sind viele unscheinbare Features: So könnt ihr mit einem Tastendruck alle eure Einheiten auf einmal auswählen, was zunächst wenig Sinn ergibt. Allerdings werden alle Markierten als Auswahlkästen am unteren Bildschirmrand angezeigt, und ihr könnt mit dem rechten Trigger zwischen ihnen umherschalten und so schnell und gezielt eine bestimmte Einheit auswählen. Leider kann man nur in eine Richtung durch die Liste navigieren, wenn ihr also in der Hitze des Gefechts aus Versehen einmal zu oft drückt, müsst ihr euch mühsam weiter durch die gesamten Truppen schalten, bis ihr wieder bei eurer Auswahl angekommen seid.

Ebenfalls Abhilfe in Krisensituationen schafft das Digipad, das euch erlaubt, per Druck zu euren Basen, aktuellen Gefechten und Einheitenverbänden zu springen. Besonders hilfreich ist dabei letztgenannte Funktion, die automatisch einzelne Gruppen von Einheiten erkennt und es euch einfach macht, zwischen ihnen zu wechseln. Wenn ihr beispielsweise eine riesige Armee in das gegnerische Lager schickt und einige Soldaten abkapselt und über einen anderen Weg führt, erkennt das Spiel, dass es sich dabei um zwei unabhängige Gruppierungen handelt und wählt per Tastendruck entsprechend eine der beiden Gruppen aus.

Alles in allem erlauben euch diese Shortcuts den Fokus auf eure Taktik und das Kriegsgeschehen, ohne euch mit mühsamer Einheitensuche oder dem Scrollen zur Schlacht zu belasten. Kämpfen, zur Basis springen, Einheiten produzieren und wieder zurück – eine Sache von Sekunden. Bekanntlich ist das Strategie-Genre ein Mehrspieler-freundliches, und dieser Tradition bleibt auch Halo Wars treu. Besonders löblich ist der integrierte Koop-Modus, der es euch erlaubt, gemeinsam mit einem Freund die Kampagne durchzuspielen. Dabei muss jeder seine eigenen Truppen produzieren, während man auf denselben Ressourcenpool zurückgreift. Die Arbeitsteilung funktioniert im Allgemeinen ganz gut, jedoch wird es in stressigen Situationen und bei höheren Schwierigkeitsgraden dann doch auch mal chaotisch, wenn man sich nicht gut abspricht.

Stressig wird es auch in den Multiplayer-Matches mit bis zu sechs Spielern, wobei man leere Plätze wahlweise mit intelligenten CPU-Kollegen füllen kann. Bevor es in die Schlacht geht, müsst ihr euch allerdings für einen der jeweils drei Helden pro Partei entscheiden, die allesamt individuelle Spezialeinheiten und -fähigkeiten besitzen. Die Menschen dürfen auf Spezialangriffe wie Artilleriefeuer oder Teppichbombardement  zurückgreifen, während die Covenant mächtige Helden auf dem Schlachtfeld beschwören können, die allen anderen überlegen sind. Trotz dieser zwei unterschiedlichen Ansätze sind die beiden Parteien gut ausbalanciert, und die verschiedenen Heldenfähigkeiten sorgen für interessante, taktische Spiele, die Strategie-Fans auch über einen längeren Zeitraum hinweg unterhalten werden.

Neben einigen spielerischen Detailverbesserungen wurde bei der Definitive Edition vor allem optisch einiges aufgewertet. Euch erwarten feinere Texturen und bessere Animationen der Charaktere und Fahrzeuge. Vor allem viele aus den Halo-Shootern bekannte Waffendetails oder Bewegungsabläufe begeistern und sorgen bei Fans für ein wolliges Déjà-vu-Erlebnis.

Auch das Leveldesign hat nun deutlich mehr Details zu bieten. So wirken die Landschaften deutlich weniger steril. Der Spundtrack ist nach wie vor ein Genuss, der euch zu den typischen Klängen der Halo-Serie in den Kampf schickt. Nur die deutsche Sprachausgabe stammt eher aus der unteren Qualitätsschublade, aber auch hier wird der zweite Teil deutlich mehr zu bieten haben. Dafür können sich die aufwendigen Renderzwischensequenzen auch heute noch sehen lassen.

Review Overview

Wertung - 8

8

2009 hat Halo Wars gerockt! Heut ist zwar etwas vom Glanz verflogen, aber mal ehrlich: welche guten Echtzeitstrategiespiele sind sind in den letzten neun Jahren auf den Konsolen erschienen? Bekanntlich nicht viele. Noch trauriger: eine gelungene Koop-Echtzeitstrategiekampagne wie hier gibt es selbst auf dem PC nur selten. So macht die Halo Wars: Definitive Edition vor allem Lust auf den dieser Tage erscheinenden Nachfolger. PC-Spieler (ja, hier gibt es eine gelungene Maus-Steuerung), die damals nicht das Original gespielt haben, können hier kaum etwas falsch machen. Von der Story über das merklich durchdachte Gameplay bis hin zum balancierten Multiplayer-Part haben die Ensemble Studios – Gott habe sie selig – vieles richtig gemacht und ihre Nachfolger machen mit aufgefrischten Texturen und einigen Gameplayverbesserungen gute Arbeit. Hat man sich an das Steuerungslayout erst einmal gewöhnt, flitzt man nur so über das Schlachtfeld und verteilt Befehle an seine Truppen, ohne auch nur einen Gedanken an Maus und Tastatur zu verschwenden. Ein Lob auch an die ausbalancierten Parteien, die im Multiplayer für unzählige Stunden Spielspaß sorgen werden. Und dann steht auch schon Halo Wars 2 bereit. Dieses Spiel sollten nicht nur Strategiespiel-Fans und eingefleischte Halo-Jünger gespielt haben.

Genre: Strategie
Entwickler: Behaviour Interactive
Erscheint: 17. Februar 2017
Preis: 85 Euro (ist in der Ultimate Edition Xbox One enthalten)
System: Xbox One, Windows 10

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