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Review: Final Fantasy XII: The Zodiac Age

Wir schrieben das Jahr 2006, als Square Enix mit Final Fantasy XII einen Versuch unternahm, frischen Wind in ihre berühmte Rollenspielreihe zu bringen. Das Resultat entzweite die Fans – manche halten Teil zwölf für einen der besten, wenn nicht sogar den besten Teil der Serie, während andere der Meinung sind, dass hier alles, was an Final Fantasy wichtig war, zu kurz kam. Doch wie hält sich Final Fantasy XII heute, ein Jahrzehnt nach dem Release? Das HD-Remaster mit dem Untertitel The Zodiac Age gibt uns eine zweite Chance für einen ersten Eindruck.

Geschichtsstunde

Das kleine Königreich Dalmasca konnte sich lange aus den großen Konflikten in Ivalice heraushalten, doch zu guter Letzt wurden sie doch überrollt: Das Imperium von Archadia annektiert das Land, der König wird ermordet und die junge Prinzessin Ashelia begeht – so die offizielle Version – Selbstmord. Zwei Jahre später ist der Besatzungszustand Alltag für die Bewohner des Reiches. Der junge Vaan schlägt sich mit Botendiensten und Taschendiebstählen durch und träumt mit seiner Freundin Penelo von einer besseren Zukunft. Beim Versuch, in den Palast einzusteigen und Schätze zu entwenden, trifft er auf Luftschiffpiraten Balthier, seine Kopilotin Fran sowie auf Ashe, ein wichtiges Mitglied des Widerstandes mit einem großen Geheimnis. Abgerundet wird die ungleiche Truppe durch Basch, einen Ritter, der den König von Dalmasca ermordet haben soll und deshalb zum Tode verurteilt wurde. Kann es ihnen gelingen, die Geschicke ihrer Heimat wieder zum Besseren zu wenden und das Imperium aus Dalmasca zu vertreiben?

Star Wars trifft Game of Thrones

Als Final Fantasy XII herauskam, wurde die Geschichte oft mit Star Wars verglichen, was vor allem daran lag, dass etliche Charaktere ein Äquivalent aus der Sternensaga haben und auch die Grundgeschichte mit dem Kampf einer Rebellion gegen ein Imperium zu Vergleichen führt. Zehn Jahre später würden wir allerdings einen Vergleich mit einem jüngeren Pop-Culture-Phänomen anführen: Game of Thrones. Nein, wir meinen damit nicht, dass ständig Hauptfiguren draufgehen, sondern vielmehr, dass die Geschichte von FF XII sehr politisch ist. Natürlich bewegen wir uns immer noch in einer Fantasy-Welt voller Magie, fremder Kreaturen und auch zauberhafter Technologie, aber dennoch geht es in der Handlung um einflussreiche Persönlichkeiten und Machtspielchen von Fraktionen innerhalb der Reiche. Hier merkt man, dass Final Fantasy XII vom Team hinter Final Fantasy Tactics entwickelt wurde, die schon diesem Titel eine komplexe politische Geschichte verpassten. Vielleicht ist es die Tatsache, dass wir FF XII bereits gespielt hatten oder es lag daran, dass wir durch Game of Thrones und ähnliche Serien mittlerweile komplexere Geschichten gewohnt sind, aber es fiel uns in The Zodiac Age leichter den Überblick zu behalten als damals vor zehn Jahren. Oder lag es doch daran, dass wir dank der neuen Fast Forward-Funktion weniger Zeit in Kämpfen und beim Erkunden verbrachten und so weniger Zeit zwischen den Story-Beats verging?

Fast Forward

Eine der größten Veränderungen zwischen den Vorgängern und Final Fantasy XII ist, dass das Erkunden der Schauplätze wesentlich mehr Raum bekommen hat. Waren die einzelnen Locations in den Teilen davor oft recht kompakt designed, lädt Ivalice zum Erkunden ein. Diese Entscheidung spaltete schon 2006 die Spielerschaft: Während eine Fraktion es toll findet, endlich weitläufige Landschaften und Dungeons besuchen zu können, würde die andere lieber so wie früher schneller der Story folgen können, und es vorziehen, schneller von A nach B zu kommen. Letzteren hilft in The Zodiac Age die schon erwähnte Fast Forward-Funktion, durch die das Spiel auf Buttondruck wahlweise mit doppelter oder gar vierfacher Geschwindigkeit abläuft. Ja, natürlich hat es etwas Skurriles, wenn die Party plötzlich mit wahnwitzigem Speed durch die Gegend läuft und es ist auch nicht immer ganz leicht, in diesem Modus präzise zu navigieren, aber es macht die langen Laufdistanzen tatsächlich deutlich erträglicher und hilft dem Pacing des Spiels ungemein, ohne die Inhalte des Originals zu beschneiden. Ein guter Kompromiss, wie wir finden.

Bin ich KI-Programmierer?

Natürlich laufen (wenn man die Beschleunigung nicht beendet) auch die Kämpfe in erhöhter Geschwindigkeit ab, was kein Problem ist, wenn man die Gambits richtig eingestellt hat. Dahinter verbirgt sich ein System, mit dem ihr die KI eurer Protagonisten programmieren könnt, sodass sie im Kampf ohne manuelle Anweisungen in eurem Sinne handeln. Habt ihr zunächst nur zwei Slots, in die ihr Kommandos der Marke „wenn diese Bedingung eintritt, mach das“ eintragen könnt, wächst die mögliche Anzahl der Regeln zusehends, sodass die richtige Planung und Reihenfolge der Kommandos eine große Rolle spielt. Natürlich kann man auf dieses Hilfsmittel weitgehend verzichten, wenn man der Meinung ist, man will spielen und nicht dabei zusehen, wie die Party die Gegner von selbst plättet (denn ja, das ist durchaus möglich), andererseits ist es eine mächtige Komfortfunktion, die sowohl die häufigen Begegnungen mit Trashmobs (die hier übrigens das erste Mal in der Reihe nicht mehr in einem speziellen Kampfarena, sondern direkt in der Landschaft stattfinden) rasch ablaufen lässt, als auch so manche hektische Situation in Bosskämpfen entschärfen kann, da man zumindest auf einige Standardprobleme automatische Antworten programmieren kann. Allerdings sollte man sich auch bewusst sein, dass es keine maßgeschneiderte Lösung für alle Situationen gibt. Gerade bei Bossen oder wenn ihr euch als Kopfgeldjäger auf die Jagd nach speziellen Kreaturen macht, müsst ihr damit rechnen, dass ihr eure Gambits tunen müsst, um eine Chance zu haben. Schade nur, dass die Entwickler es nicht vorgesehen haben, ganze Gambit-Sets abzuspeichern, um so schnell zwischen verschiedenen Taktiken wechseln zu können.

Lizenz zum Töten

Durch die Kämpfe sammeln wir zwei Arten von Punkten: Erfahrungspunkte, durch die die Figuren nach und nach im Level aufsteigen, und Lizenzpunkte, mit denen wir unsere Charaktere weiterentwickeln können. Letzteres läuft auf einer Art Schachbrett ab, auf dem wir gegen Punkte neue Lizenzen erwerben können, die dann zum Beispiel die Benutzung neuer Fähigkeiten und Zaubersprüche (die wir aber trotzdem noch in Shops kaufen müssen), aber auch die Möglichkeit, gewisse Rüstungen und Waffen tragen zu können, freischalten. Hier gibt es in The Zodiac Age auch für jene, die FF XII schon kennen, eine wichtige Veränderung: Gab es damals nur ein Lizenzbrett, wodurch die Charaktere potenzielle Alleskönner waren, müssen wir uns nun zwischen zwölf Klassen und dem dazugehörigen Lizenzbrett entscheiden – immerhin trägt ein Magier nicht unbedingt schwere Rüstungen oder schwingt Zweihandäxte, wohingegen ein Krieger nicht wissen muss, wie Magie funktioniert. Dieses System entstammt der nur in Japan erschienenen International Zodiac Job System-Version, wurde allerdings für die HD-Fassung überarbeitet: Statt nur einem „Job“ können wir zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten wählen, wodurch theoretisch alle zwölf Klassen im Spiel sind. Dennoch erfordert diese Änderung ein Umdenken bei all jenen, die das Original gewohnt sind, da man die diversen Spezialitäten der Charaktere berücksichtigen muss. Selbst bei einem Taktikfehler und einem daraus resultierenden Game Over sorgt The Zodiac Age aber dafür, dass der Frustfaktor nicht zu sehr ansteigt: Anders als im Original wird bei jedem Raumwechsel automatisch gespeichert, wodurch selbst bei einer Niederlage die Laufwege zurück kurz bleiben.

Einmal polieren, bitte!

Aus den bisherigen Absätzen habt ihr vermutlich schon herausgelesen, dass The Zodiac Age mehr ist als „nur“ ein grafischer Aufputz, um ein PS2-Spiel ins HD-Zeitalter zu holen, da hier ordentlich am Gameplay geschraubt und das Balancing überarbeitet wurde. Dennoch wurde bei all den spielerischen Veränderungen nicht auf die Überarbeitung der Präsentation vergessen. Die Grafik wurde ordentlich aufpoliert und gefällt mit knackigen Texturen und schönen Modellen, die vor allem in den Städten gut zur Geltung kommen. Leider verhindert auch die Überarbeitung allerdings nicht, dass so mancher Dungeon und auch die Oberwelt verhältnismäßig leer und uninteressant daherkommen. Ebenfalls Verbesserungen gab es an der Audiofront, bei der die Musik neu eingespielt wurde. Das Resultat gefällt und passt zur Atmosphäre, auch wenn nur wenige Musikstücke an den Ohrwurmcharakter der Soundtracks der Vorgänger heranreichen. Nach wie vor großartig ist die englische Synchro, die mit etlichen Dialekten spielt. Einzig dass an manchen Stellen der Mix zwischen Musik und Stimmen besser sein könnte, stört das Bild.

Review Overview

Wertung - 8.5

8.5

Mehr als nur bessere Grafik

Falls ihr „Spiele, die ich vermisse #140“ zum Thema Final Fantasy XII gelesen habt (wenn nicht, folgt dem untenstehenden Link), wisst ihr, dass mich das Thema „Was würde ich über Final Fantasy XII in einem Review schreiben?“ schon seit Jahren verfolgt. Das liegt – kurz zusammengefasst – daran, dass ich zur Fraktion jener FF-Fans gehöre, die vor zehn Jahren von dem Spiel enttäuscht waren. Ja, ich verstehe, warum es Spieler gibt, die es für den besten Teil der Serie halten, aber ich beklagte damals vor allem, dass durch das Mehr an Erkunden und Kämpfen der Storyfokus verloren ging, der für mich bis dahin Final Fantasy ausmachte. Ich war zwar bereit, The Zodiac Age eine Chance zu geben, aber darauf vorbereitet, nun auch offiziell in einem Review zu sagen „Leute, das war für mich der schlechteste Teil der Serie“. Doch dann geschah etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte: Ich hatte Spaß. Ich fühlte mich motiviert, der Story, die ich großteils vergessen hatte, zu folgen. Und was ich eher als Pflichtübung angesehen hatte, war plötzlich wieder interessant. Das heißt nicht, dass mich nicht noch immer dieselben Dinge stören wie anno dazumal. Die Charaktere sind weitgehend vielschichtiger als in den Vorgängern, aber ausgerechnet Protagonist Vaan bleibt furchtbar blass. Vor allem aber sind die Laufwege immer noch viel zu lang. Die Oberwelt und auch so mancher Dungeon sind weitläufig, aber leider auch relativ leer und wirken dadurch eher wie ein Mittel zum Zweck, um das Spiel größer zu machen. Dadurch ging das Pacing der Story für mich völlig verloren – bis ich am Ziel ankam, wusste ich zum Teil schon nicht mehr, warum ich überhaupt dorthin wollte; in The Zodiac Age sind die Wege nicht kürzer geworden, aber durch die Einführung von Fast Forward sind wir schneller am Ziel, was das Spiel deutlich flüssiger macht und die Story nicht im Erkunden versickern lässt – deshalb ist es für mich definitiv DAS Feature des Spiels. Aber auch das neue Job-System weiß zu gefallen. Und auch wenn ich das Gambit-System damals kritisiert habe, da es das Spiel sich selbst spielen lässt, habe ich es mittlerweile sehr zu schätzen gelernt. All dies ließ tief in mir nach und nach eine klare Erkenntnis reifen: Nein, FF XII ist für mich mit den Änderungen durch Zodiac Age nicht mehr der schlechteste Teil der Reihe. An VI, VII, IX und X wird es zwar wohl nie herankommen, aber den letzten Platz hat es klar „verloren“ und einen deutlichen Satz nach oben gemacht. Daraus lässt sich wohl auch eine klare Empfehlung ableiten: Gefiel euch XII, macht ihr mit Zodiac Age sowieso nichts verkehrt. Aber auch, wenn euch das Original nicht zugesagt hat, könnte sich ein zweiter Blick durchaus lohnen. Der beste Beweis ist wohl, dass es mich, einen großen FF XII-Skeptiker, bekehrt hat. Und das ist durchaus eine Leistung, die man anerkennen muss.

Mehr über Final Fantasy XII: Spiele, die ich vermisse #140: Final Fantasy XII

Genre: Rollenspiel
System: PS4
Entwickler: Square Enix
Erscheint: Erhältlich
Preis: ca. 45 Euro

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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