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Review: Dragon Quest Builders

Kreativität wird in ein RPG-Korsett gesteckt

Ich liebe Minecraft. Nein, das ist gelogen. Ich liebe Minecraft nicht. Ich liebe die Idee hinter Minecraft. Unendlich viele Blöcke zum Bauen, Gestalten, Kreieren. Schier grenzenlose Kreativität, die Jung und Alt fasziniert und sich zu einem gesellschaftlichen Phänomen der Mainstreamkultur entwickelt hat. Das freut mich, das ist wichtig und es wird Videospiele für immer prägen. Aber… Spaß macht mir Minecraft nicht. Da fehlt etwas.

Das Feuer des Schaffens

Vorhang auf für Dragon Quest Builders. Hier werden die altehrwürdige japanische Rollenspielreihe und das globale Phänomen Minecraft miteinander vereint. Auch hier gibt es viele Blöcke zum Bauen, Gestalten und Kreieren. Es gibt aber auch eine Handlung, die den Spieler in eine Welt nach ihrem Untergang führt. Nach einer Katastrophe wird der Großteil der Menschheit ausgelöscht.

Viel mehr noch, sie verliert ihre Fähigkeit des Erschaffens. Niemand kann mehr etwas bauen, kochen, herstellen. Bis auf den Erbauer, der von einer scheinbar übermenschlichen Macht wieder ins Leben gerufen wird. Als Erbauer müsst ihr die Welt wieder aufbauen und den Menschen das Bauen wieder beibringen. Ihr seid also ein wenig Prometheus, der den Menschen das Feuer bringt. Das Feuer bringt Leben, führt aber auch zu Problemen, wie ihr als Erbauer schnell merken werdet.

Schaffe, schaffe, Häusle baue

Baut eure Stadt auf. Je größer diese wird, desto mehr einsame Seelen schließen sich euch an. Nach dem Weltuntergang herrscht Zwietracht zwischen den Menschen. Die Leute vertrauen und helfen sich nicht und so ist ihnen der Aufbau einer friedlichen Stadt zuerst fremd. Schnell gewöhnen sich die Bewohner jedoch an das Konzept und fangen damit an, euch Aufgaben zu stellen. Quests also, denn es handelt sich immer noch um ein Rollenspiel. Diese Quests schicken euch außerhalb der Stadtmauern. Hier lauern viele Gefahren in Form von giftigen Gebieten und aggressiven Monstern, aber auch die Chance auf wichtige Ressourcen. Materialien wie Holz, Stein, Erz und Metall, mit denen ihr als Erbauer neue Dinge herstellen könnt.

Dinge wie Möbel, Mauern, Werkzeuge und Waffen. Waffen benötigt ihr zur Selbstverteidigung, denn immer wieder greifen Monster die Stadt an. Je größer eure Stadt wird, desto stärker werden die Gegnerhorden. Werkzeuge wie Kochfeuer, Spinnräder und Öfen schalten wieder neue Objekte frei, die ihr bauen könnt. Im Laufe der Handlung erhaltet ihr Portale, die euch auf neue Inseln transportieren. Mit neuen Ressourcen, neuen Gegnern und neuen Gebieten. Ob in der ersten oder der zwölften Stunde eures Abenteuers: Ständig wird etwas Neues freigeschaltet. Der rote Faden des Fortschritts und des Freischaltens hält euch ständig bei Laune. Hier spielt Square Enix seine Stärke als Rollenspielentwickler blendend aus.

Design und Grenzen vs. Kreativität

Dieser Expertise als Entwickler ist es wohl zu verdanken, dass Dragon Quest Builders anders als Minecraft und viele Minecraft-Klone ist. Ein leerer Raum besteht aus einer Wand, mindestens zwei Blöcke hoch, einer Lichtquelle und einer Tür. Mit einem Bett wird aus dem leeren Raum ein simples Schlafzimmer. Dieser Raum erhöht die Lebensleiste der Bewohner der Stadt um 10 Prozent. Je luxuriöser das Schlafzimmer, desto länger die Lebensleiste. Je luxuriöser und umfangreicher die Stadt, desto höher der Level der Stadt. Ja, in Dragon Quest Builders hat die Stadt ein Level, nicht der Charakter.

Wie viele Gegner der Erbauer auch umbringen mag, stärker, schneller, größer wird er dadurch nicht. Einzig das Verbessern der Stadt führt zum Fortschritt. Dieses Korsett aus Regeln kann für Minecraft-Puristen zu straff sein und sie in ihrer Kreativität zu sehr limitieren. Bei Dragon Quest Builders handelt es sich aber um geplante Designentscheidungen, um ein durchdesigntes Videospiel mit dem Kreativitätssinn des Minecraft-Genres unter einen Hut zu bringen. Anders gesagt: Während Minecraft eine große Kiste Lego ist, wird bei Dragon Quest Builders eine Bedienungsanleitung dazu gelegt, deren Anweisungen man befolgen muss.

Zurück zum Anfang

Neben euren üblichen Aufgaben wie dem Beschaffen bestimmter Ressourcen oder dem Bau bestimmter Räume, kommt es während der Handlung immer wieder zu größeren Angriffen der Monster auf eure Stadt. Hier müsst ihr eure Verteidigung mit mächtigen Wänden oder Fallen entsprechend planen und starke Waffen anlegen. Quest für Quest entdeckt, baut und kämpft ihr euch so durch die Geschichte, die in einen Bosskampf mündet. Ist der Boss erledigt, folgt aber kein Game Over-Bildschirm. Stattdessen wird das zweite von insgesamt vier Kapiteln freigeschaltet. Im zweiten Kapitel reist ihr in eine andere Welt, die von einem Virus befallen wurde. Inmitten eines giftigen Sumpfes sollt ihr eine komplett neue Stadt aufbauen.

Hier traut sich Dragon Quest Builders etwas, das vielen Spielern sauer aufstoßen könnte: Ihr verliert alles. Eure mächtigen Waffen, eure Ritterrüstung, eure große Lebensleiste. Alles wird wieder auf Null gesetzt. Nur etwas Wissen aus der vorhergegangenen Welt reist mit. Der Schock ist schnell überwunden, denn in der zweiten Welt werden andere Schwerpunkte gesetzt. Hier geht es um das Heilen der kranken Menschen. Ihr baut also ein Krankenhaus auf, in einer komplett neuen Welt, mit teilweise komplett neuen Gegnern und neuen Ressourcen. So erhaltet ihr zum Beispiel auch eine Angel und könnt Fische fangen.

Kleine Schnitzer

Wem das gar nicht zusagt, kann nach dem Ende des ersten Kapitels den Sandkasten-Modus starten und sich hier austoben. Das Spielen der Kapitel ist aber auch hier sinnvoll, da Herausforderungen innerhalb der Handlung zusätzliche und mächtige Werkzeuge für den Sandkastenmodus freischalten. Dieser erzwungen Neuanfang mit jedem Kapitel mag verrückt klingen, doch ich konnte mich schnell daran gewöhnen und auch wertschätzen. Ein Neuanfang bedeutet der Beginn einer neuen Stadt, eines neuen Projektes. Habe ich in Kapitel 1 noch eine riesige, im Endeffekt aber ineffiziente Burg gebaut, fokussierte ich mich im zweiten Kapitel auf ein möglichst platzsparendes Design. An was ich mich leider gewöhnen musste, ist das Kampfsystem.

Dragon Quest Builders ist nicht genug Rollenspiel, um ein rundenbasiertes Kampfsystem zu verwenden. Stattdessen finden die Kämpfe in Echtzeit statt und versuchen erst gar nicht, aufregend oder unterhaltsam zu sein. Stumpf müsst ihr auf den Knopf drücken und nah genug am Gegner stehen, um ihn zu treffen. Der Kampf ist nur Mittel zum Zweck, was ihn aber auch nicht besser macht. Kombos wären gut gewesen oder einfach nur besseres Feedback beim Schwingen der Waffe. Recht schnell entpuppt sich das Kämpfen als schwächstes Element des Spiels. Das stärkste Element ist klar das Bauen. Das Bauen von Räumen, Fallen und Gebäuden macht Spaß, auch wenn durchaus Verbesserungsbedarf besteht. Bauen an sich ist simpel und geht flott von der Hand, leider schleichen sich hier aber auch Fehler ein.

Eine Funktion zum Zurückspulen gibt es nicht, was das genaue Hinlegen einer Konstruktion zur Geduldsprobe machen kann. Die Menüs sind übersichtlich aufgebaut, könnten aber mehr Funktionalität vertragen. Eine Questübersicht gibt es nicht, stattdessen müsst ihr wieder mit dem Quest-Geber sprechen, um die Details der Aufgabe erneut lesen zu können. Das ist umständlich, nervig und durchbricht den Rhythmus aus Suchen, Sammeln und Bauen. Auch ist die Fortbewegung zu starr in den Gebieten außerhalb der Stadt, was das Manövrieren in engen Tunnels oder beim Klettern von Bergen erschweren kann.

Fazit

Wertung - 8.5

8.5

Minecraft mit Struktur

Dragon Quest Builders hat mich aufgrund von zwei Dingen überrascht: Wie gut das Minecraft-Konzept in einem engen Regelkorsett funktionieren kann und wie interessant die Welt geworden ist. Das Spiel bietet keine epischen Filmsequenzen, hat aber seinen witzigen Charme und scheut sich auch nicht vor dunklen Themen wie Hoffnungslosigkeit, Hass und Zwietracht innerhalb einer Gesellschaft. Gleichzeitig verkörpert es aber auch die Botschaft der Hoffnung und des Aufbaus. Dabei schadet es natürlich auch nicht, dass die Musik gewohnt fantastisch ist und selbst nach etlichen Stunden auch weiterhin bleibt. Das Spiel könnte etwas schärfer aussehen, aber ob nun im Dock oder in den Händen, Dragon Quest Builders lädt zum endlosen Aufbau in einer untergegangenen Welt ein, beziehungsweise für die Dauer der Akkulaufzeit. Wenn euch Dragon Quest Builders erst mal packt, wird es euch so schnell nicht mehr loslassen. Zu viel Spaß macht der Aufbau einer neuen Welt. Block für Block. Stunde für Stunde.

Genre: Rollenspiel
System: Nintendo Switch
Entwickler: Square Enix
Erscheint: 9. Februar
Preis: ab ca. 45 Euro

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