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Review: Die Zwerge

Wer liebt sie nicht, die kleinen stämmigen Handwerker und Axtschwinger, die seit Tolkien in kaum einem Fantasy-Universum fehlen dürfen. Die mittlerweile fünfteilige Buchreihe Die Zwerge des deutschen Autors Markus Heitz stellte die ikonischen Kinder des Berges daher endlich in den Mittelpunkt des Geschehens und konnte damit eine große Schar an weltweiten Fans ansammeln. Mehr als Anreiz genug für King Art, eines der letzten eigenständigen Entwicklerstudios im deutschsprachigen Raum, eine Kickstarter-Kampagne zu starten und weiterführend eine der souveränsten Buch-zu-Videospiel-Umsetzungen aller Zeit zu realisieren. Willkommen bei Die Zwerge.

Von Fans für Fans
Jedem noch so kleinen Winkel dieses Titels merkt man die Liebe zum ursprünglichen Quellmaterial nahezu körperlich an. Entweder sind bei King Art ausschließlich Fans der Romane angestellt oder ein paar wenige konnten mit unfassbarem Elan das gesamte Team anstacheln. So entschied man sich, statt die Geschichte in ein simples Action-Rollenspiel zu verpacken, eine Art interaktives Buch zu gestalten. Das macht Die Zwerge aber keinesfalls zu einem reinen Text-Adventure. Im Gegenteil. Von einem fantastischen Erzähler begleitet erlebt ihr den Verlauf des ersten Romans der Reihe größtenteils aus einer isometrischen Ansicht á la Diablo und dürft euch in teils gigantische Schlachtfelder stützen.

Für Vraccas!
Das Gameplay ist dabei stark taktisch gehalten und lässt euch das Geschehen jederzeit pausieren, um die nächsten Aktionen eurer Charaktere zu planen oder zwischen ihnen hin und her zu springen. Wer sich dies nun allerdings entspannt vorstellt, der ist schief gewickelt. Denn Die Zwerge ist bereits auf dem normalen Schwierigkeitsgrad knochenhart und so kann es durchaus passieren, dass ihr bereits in der ersten Schlacht bzw. dem Tutorial des Titels das Zeitliche segnet. Viel taktisches Geschick, Planung und stahlharte Nerven sind erforderlich, um in den epischen Schlachten, in denen ihr oft zu viert gegen Dutzende Gegner gleichzeitig vorgehen müsst, die Übersicht zu behalten und letztendlich siegreich hervor zu gehen. Schafft man dies jedoch, wird man mit einem fantastischen Gefühl der Befriedigung und natürlich der weiterlaufenden Handlung belohnt.

Nenn mir ein ikonischeres Duo… ich werde warten.
Als Bilderbuch-Einstieg in ein Fantasy-Universum dreht sich dabei alles um den von einem Zauberer aufgezogenen Zwerg Tungdil, der sein gesamtes Wissen über die Welt und sogar sein eigenes Volk lediglich aus Bücher schöpft und daher bei seiner ersten großen Reise genauso aufgeregt ist, die von Heitz bis in kleinste Detail erdachte Welt des „geborgenen Landes“ zu erkunden, wie der Spieler selbst. Auf seinem Weg trifft er auf die Zwergen-Zwillinge Boïndil und Boëndal, die sich ihm anschließen und wohl vor allem Fans der kleinwüchsigen Rasse sofort ans Herz wachsen dürften.

Wenn Kopfkino und richtiges Kino verschmelzen
Während ihr nun also abwechselnd über eine an Brettspiele angelehnte Weltkarte oder durch liebevoll designte Ruinen, Wälder, Dörfer und Länder streift, wird die Geschichte nicht nur durch ihre Dialoge, sondern durch einen vor allem an Tungdil gebundenen Erzähler vermittelt. Dieser beleuchtet Tungdils Gedanken zu etwaigen Situationen, beobachtbare Details oder schlicht die Umgebung mit einer beeindruckend mitreißenden Art, welche es vermag wie bei einem guten Hörbuch alleine durch das gesprochenen Wort und das dadurch provozierte Kopfkino eine dichte Atmosphäre zu vermitteln. Dabei wäre der Titel aber optisch gar nicht so sehr darauf angewiesen, wie man dies vielleicht vermuten könnte. So muss sich Die Zwerge optisch keineswegs vor großen AAA-Titeln verstecken und kann seine teilweise ein stellenweise matschigeren Texturen durch wunderschöne Lichteffekte, hübsche Animationen und nette Physik-Spielereien absolut wettmachen.

Kein Idiotenschutz
Die grafisch natürlich weniger beeindruckende Weltkarte bietet wiederum erstaunlich viel Platz für Freiheiten. So müsst ihr zwar eure Finanzen und Vorräte einteilen, regelmäßige Abstecher zu Händlern einplanen und es empfiehlt sich nicht einfach gedankenlos durch das Land zu ziehen, abgesehen davon könnt ihr euch aber von einem mitreißenden, orchestralen Soundtrack begleitet, relativ frei durch die große Spielwelt bewegen. Spannend ist dabei auch, wie stark sich eure Entscheidungen auf den weiteren Verlauf des Spiel auswirken. Ob ihr einem Händler oder einem Dorf helft, ob ihr euch selbstsicher oder zurückhaltend gebt oder einfach nur die Wahl eures Schlafplatzes kann schwerwiegende Folgen haben und wer unüberlegt handelt, kann sich leicht in brenzlige Situationen bringen oder sogar den eigenen Tod provozieren.

Warte, dieser Busch sieht komisch aus!
Auch wer die Bücher gelesen hat und sich dabei dachte: „Hach das hätte ich jetzt aber anders gemacht“, kommt so voll auf seine Kosten und durch die unzähligen Entscheidungen, die man in der gut 20-30 Stunden langen Kampagne trifft ist dessen Wiederspielwert auch beim zweiten Mal Durchgang noch absolut gegeben. Vor allem da die Welt mit kleinen Geheimnissen und optionalen Rätseln gespickt ist, die oft in erster Linie gutes Zuhören verlangen und leicht zu übersehen sind. Aber auch Neueinsteigern wird natürlich nichts vorenthalten und wer schön aufmerksam durch die Welt zieht, bekommt eine Vielzahl interessanter Details präsentiert, die so nicht einmal in der Romanvorlage enthalten waren.

Zwerge brauchen keinen Schnickschnack 
Kritik gibt es nur für die relativ minimalistisch gehaltenen Rollenspiel-Elemente des Titels. So gibt es keine sammelbaren Rüstungen oder Waffen und die meisten der 15 spielbaren Charaktere verfügen lediglich über knappe vier bis sechs verschiedene Fertigkeiten, die teils auch bei mehreren Figuren vertreten sind. Dies sorgt dafür, dass es dem Kampfsystem mit der Zeit ein wenig an Abwechslung mangelt, worüber die mitreißende Story und die liebevoll gestalteten Charaktere allerdings problemlos hinwegzutrösten vermögen.

Review Overview

Wertung: - 8.5

8.5

Traumhafte Buchumsetzung

Die Zwerge ist nicht der fünfhundertste Diablo-Klon und wer sich mit seinem ganz persönlichen Charakter in einer Fantasywelt verewigen möchte, hat hier ohne Frage Dutzende bessere Optionen. Aber Die Zwerge ist eine meisterhafte Mischung eines spannenden Action-RPGs mit der Atmosphäre und dem Detailgrad eines Hörbuchs. Und eben diese Kombination schafft ein fantastisches Spiel, das sich Fans der Bücher aber auch allgemein Fans spannender Fantasy-Geschichten, denen die Bücher bisher entgangen, sind nicht entgehen lassen sollten.

Genre: RPG
System: PS4, Xbox One, PC
Entwickler: King Art
Erscheint: Erhältlich
Preis: ca. 40 Euro

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