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Review: Die Säulen der Erde, Buch 3: Das Auge des Sturms

Das große Finale

Daedalics Literaturversoftung Die Säulen der Erde geht in die dritte und letzte Runde. Kann sich die Umsetzung des bekannten Mittelalterromans von Ken Follett ein weiteres Mal steigern oder geht ihr im letzten Anlauf ein wenig die Luft aus? Wir haben das Ende gesehen und blicken auf die finale Episode, bevor wir ein Gesamtfazit ziehen.

Raus aus England

Die Geschichte von Teil drei beginnt dort, wo Kapitel zwei endete – deshalb an dieser Stelle eine Spoilerwarnung für den kommenden Absatz, wenn ihr die vorangegangenen Episoden noch nicht gespielt habt bzw. Roman oder Verfilmung nicht kennt: Jack Builder hat Kingsbridge vor Monaten verlassen, als klar wurde, dass seine große Liebe Aliena nicht ihn, sondern seinen Adoptivbruder heiraten wird. Dass sie dieser Ehe nicht aus Liebe zugestimmt hat, sondern um ihren Bruder weiterhin finanziell dabei zu unterstützen, eines Tages das Erbe seines Vaters anzutreten, war kein großer Trost. Mittlerweile ist allerdings alles anders: Der Kathedralenbau in Kingsbridge ist unterbrochen und die Ehe zwischen Aliena und Alfred gescheitert – auch deshalb, weil erstere einen Sohn zur Welt brachte, der definitiv nicht von ihrem Mann stammte. Der dritte Akt des Dramas beginnt, als Aliena nach Europa reist und sich auf die Spuren ihrer großen Liebe begibt, um wieder mit Jack vereint sein zu können. Und das ist natürlich nur der Auftakt zu allerhand neuen Intrigen und Winkelzügen rund um den Kathedralenbau in Kingsbridge, die nun endlich auf das große Finale hinsteuern …

Text, Text, Text

Doch verlassen wir an dieser Stelle das Spoiler-Territorium und sehen uns das Spiel an sich an. Wer die bisherigen Teile kennt, weiß bereits, was ihn erwartet: Ein Hybrid aus der Telltale-Mechanik, jede Menge Entscheidungen treffen zu müssen (wobei euch das Spiel meist im Unklaren lässt, ob diese spezielle Wahl Auswirkungen hat, bis ihr dem Resultat begegnet) und dem klassischen Point’n’Click-Adventure, bei dem ihr Gegenstände betrachten, Gespräche führen sowie Items einsammeln und an den richtigen Stellen verwenden müsst. Letzteres war schon in den vorigen Kapiteln eher leichtes Beiwerk, im letzten Abschnitt rückt es nochmals ein wenig mehr in den Hintergrund und lässt den Dialogen mehr und mehr Platz. Dadurch wird das Spiel mehr als zuvor zum interaktiven Roman, der euch Gesprächen lauschen lässt, die noch immer gut vertont, aber nach wie vor etwas zu langatmig geraten sind – dass sie auch nicht lippensynchron sind, ist da schon weniger schlimm. Dazu kommen noch vereinzelte Abschnitte, in denen man wirklich nur noch zuhört und mitliest, weil man nicht mal mehr Entscheidungen treffen darf. Das kann schnell ein wenig eintönig werden.

Konsequenzen

Schon seit dem ersten Teil haben wir uns gefragt, wie stark unsere Entscheidungen Auswirkungen auf die Handlung haben werden. Tatsächlich ist es der dritte Teil, in dem wir uns plötzlich für unsere Taten rechtfertigen müssen und zum Teil lange zurückliegende Entscheidungen zurückkommen, um uns zu jagen. Auch hier muss man allerdings sagen, dass in unseren Testläufen die Änderung am Gesamtplot eher gering ausfiel (was zu erwarten war), es im Detail allerdings durchaus zu Unterschieden kam. Dennoch ist es schön zu sehen, dass wir nicht gänzlich umsonst gewählt haben. Der Gedanke „oh, das hätte ich vor (In-Game)-Jahren besser bedenken sollen“ schlich sich öfter ein, vor allem, da manchmal die kleinen Aussagen, denen wir kaum Gewicht zugerechnet hätten, verhältnismäßig große Tragweite haben. Wie bei vielen Spielen dieser Art stellt sich allerdings die Frage, ob das ausreicht, dass man die Story ein zweites Mal angeht, vor allem, da eure Entscheidungen oft so weit zurückliegen, dass es nicht ausreicht, einfach das letzte Kapitel noch einmal zu spielen und stattdessen ein neuer Durchlauf nötig wird.

Fazit

Wertung - 7.5

7.5

Multi-mediales Lese-abenteuer

Als jemand, der durch die Verfilmung den Roman kennen- und lieben gelernt hat, habe ich mich auch wegen Daedalics bisherigen Spielen sehr auf Die Säulen der Erde gefreut. Nach dem dritten Teil ist es nun an der Zeit, ein Gesamtfazit zu ziehen. Und dieses fällt gespalten aus: Ja, die Umsetzung des Romans erzählt, wenn auch verkürzt, dieselbe packende Mittelalter-Geschichte – und die funktioniert auch in diesem Medium wunderbar. Aber nein, es ist den Entwicklern nicht ganz gelungen, daraus ein gelungenes Spiel zu machen. Lange Dialoge, ein großer Fokus auf die Exposition der Geschichte, die aber im letzten Teil eher rasch zu Ende erzählt wird, treffen auf ein Gameplay, das sich mehr auf Entscheidungen über Gesprächsverläufe denn klassische Adventure-Tugenden stützt. Ja, vielleicht ist hier Daedalic sein eigener Ruf als einer der letzten Verfechter des Point’n’Click-Adventures im Wege, aber auch die Tatsache, dass unsere Entscheidungen (trotz eines in dieser Hinsicht interessanten letzten Teils) nicht das Gewicht haben, die Handlung maßgeblich zu ändern, fällt hier ins Gewicht. So bleibt ein interessanter Versuch, den Roman in ein neues Medium zu transportieren, der zumindest einmal durchaus Spaß macht, sobald man akzeptiert hat, dass es sich hier wirklich weniger um ein Spiel denn einen interaktiven Roman handelt. Ob man unmittelbar danach erneut für alternative Entscheidungen (und/oder fehlende Achievements) durchstarten will, ist fraglich. Dennoch hat mich Säulen der Erde gut genug unterhalten, dass ich irgendwie auf eine Umsetzung des Sequel-Romans „Die Tore der Welt“ hoffen würde. Dann aber bitte mit etwas mehr klassischen Adventure-Tugenden oder zumindest Entscheidungen, die auch den Gesamtplot mehr ducheinanderwürfeln dürfen.

Genre: Adventure
Entwickler: Daedalic
System: PC, PS4, Xbox One, iOS
Erscheint: Erhältlich
Preis: ca. 30 Euro (alle drei Episoden)

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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