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Review: Civilization VI (Switch)

Die Menschheitsgeschichte im Taschenformat.

Mit Civilization erschuf Sid Meier vor über 25 Jahren ein Strategiespiel mit einem gewaltigen Fokus: Nicht einen einzelnen Konflikt oder eine bestimmte Epoche, nein, gleich die ganze Geschichte der Menschheit von der Antike bis in eine nahe Zukunft wollte er simulieren. Der Erfolg dieses Konzepts machte die Serie zu einer Legende, die sich allerdings vor allem auf PCs durchsetzte. Zwar gab es einige Konsolenversionen von frühen Titeln, aber danach wurde es – abgesehen vom konsolenexklusiven, vereinfachten Civilization Revolution – in der Controller-Welt ruhig um die Serie. Jetzt gibt es wieder ein vollwertiges Civilization für eine Konsole – und das sogar optional im praktischen Taschenformat: Zwei Jahre nach dem PC-Release hat Civilization VI die Switch erobert.

Eindeutig Civilization …

Für all jene, die das Spiel noch nicht aus der PC-Fassung kennen, hier eine ganz grundlegende Einführung (alle anderen können die folgenden Absätze auslassen und direkt zu unseren Kommentaren zur Switch-Version springen): Civ VI ist sowohl ein klassisches Civilization als auch sein eigenes Ding innerhalb der Serie. Klassisch insofern, als dass man sein Volk mit einem ersten Siedler (und hoffentlich gleich darauf seiner ersten Stadt) beginnt und von hier aus daran arbeitet, sein Imperium aufzubauen. Zu Beginn noch mit eingeschränkten, primitiven Methoden, später dank Forschung mit immer ausgefeilteren Möglichkeiten ausgestattet, baut ihr Einheiten, erweitert eure Städte und errichtet Weltwunder – immer auf der Jagd nach einer der möglichen Siegbedingungen, die unter anderem über die Eroberung der anderen Völker, aber auch durch einen Sieg der Wissenschaft oder Kultur erreicht werden können.

… mit Eigenheiten

Sein eigenes Ding ist Civilization VI deshalb, weil es viele Kleinigkeiten anders angeht als seine Vorgänger. Zwar verwirft man die grundlegenden Veränderungen, die Civ V der Reihe gebracht hat, nicht (Hexfelder, nur eine Einheit pro Feld), bringt aber etliche Eigenheiten mit sich, die so noch nie in der Reihe zu sehen waren. Städte bestehen jetzt nicht mehr aus einem Feld, in dem eigentlich alles gebaut wird, sondern müssen von euch nach und nach mit Bezirken erweitert werden, die eure Siedlungen in verschiedene Richtungen spezialisieren. Auch Wunder belegen ihr eigenes Hexagon, sodass ihr beim Ausbau eurer Städte schon sehr darauf achten müsst, wo ihr was errichten könnt, welche Felder frei bleiben sollen, ob überhaupt noch Platz dafür ist und welche speziellen Bedingungen ihr für gewisse Erweiterungen erfüllen müsst.

Im Labor

Aber auch sonst müssen sich Civ-Veteranen umstellen: So gibt es diesmal neben dem (entschlackten) Forschungsbaum auch einen eigenen Kultur-Tree. Beide funktionieren nach demselben Prinzip, das Civ-Veteranen grundsätzlich schon aus den Vorgängern kennen: Ihr wählt aus den vorgegebenen Möglichkeiten aus, was erforscht werden soll, und müsst dann warten, bis euer Volk genügend Punkte generiert hat, um die neue Erkenntnis freizuschalten. Dadurch bekommt ihr neue Einheiten, Gebäude, aber auch Regierungsformen und Sozialpolitiken sowie natürlich neue, darauf aufbauende Forschungsmöglichkeiten, die ihr für die Zukunft eures Volkes nutzen könnt.

Soweit, so bekannt. Neu ist allerdings folgendes: Geht euch das zu langsam, solltet ihr versuchen, einen Boost für das spezielle Forschungsziel zu erhalten, was die benötigte Zeit drastisch verkürzt. Das geht einerseits durch das Erreichen gewisser Vorgaben (z.B. könnt ihr Segeln schneller erreichen, wenn ihr eine Stadt an der Küste habt), allerdings könnt ihr Boosts auch unter anderem über große Persönlichkeiten, Weltwunder oder auch Spionage erhalten. Diese – und noch viele weitere – Veränderungen zwingen auch Civ-Veteranen, ordentlich umzudenken und erfordern eine gewisse Einarbeitungszeit, bis man sich in dem Spiel zurechtfindet. Denn eines ist klar: Nach dem für viele Fans zu sehr entschlackten, aber relativ einsteigerfreundlichen Teil V hat Firaxis diesmal die Komplexitätsschraube ordentlich angezogen.

Port wie Portabel?

All das, was wir bis jetzt gesagt haben, gilt natürlich für alle Versionen von Civ VI – sei es PC/Mac, iOS oder eben jetzt Switch. Lasst uns deshalb spezifischer diesen Port betrachten, denn nicht umsonst ist immer ein wenig Skepsis angesagt, wenn ein Maus-lastiger Titel den Weg auf eine Konsole antritt. Hier haben wir allerdings eine gute Nachricht: Auch wenn das Interface wie auf dem PC aussieht und einladen würde, eine Maus zu verwenden, lässt sich das Spiel in den meisten Fällen hervorragend mit Controller und/oder Touch steuern. Vor allem die Kombination dieser beiden Steuerungsarten (natürlich nur im Handheld-Modus möglich) kann punkten, da man so diverse Schwächen der einzelnen Methoden ausgleichen kann: Die genauere Steuerung per Controller punktet in Detailmomenten, während der Touchscreen in anderen Szenarien intuitiver ist. Zusammen lassen sie Maus und Tastatur nur selten vermissen – Ausnahmen wie einige schlecht angepasste Screens bestätigen hier allerdings die Regel.

Das alles auf der Switch?

Nachdem wir bei Civilization Revolution schon gesehen haben, wie sich Firaxis ein Civilization für Konsolen vorstellt – kürzere Spielzeit, Vereinfachungen an allen Ecken und Enden – fragt man sich natürlich, ob Civ VI für die Switch abgespeckt oder angepasst wurde. Die Antwort darauf lautet: Nein … und ja. Civilization VI für die Switch ist eine (fast) vollständige Umsetzung des PC-Titels. Erwartet euch keine Zugeständnisse, die man vielleicht beim Port eines 4X-Spiels auf Konsolen erwarten würde. Alle Gameplay-Systeme sind vorhanden, auch beim Sound und der Grafik müsst ihr kaum Abstriche machen – einzig die geringere Auflösung stört manchmal in Kombination mit dem dadurch größeren Interface die Übersicht. Wo man allerdings zur Schere gegriffen hat, ist beim Umfang. Auf PC wurden etliche Völker samt Szenarien per DLC nachgereicht. Einige von ihnen sind hier bereits ins Spiel integriert, andere aber (noch?) nicht verfügbar. Mehr stört uns da aber, dass auch das erste Add-on Rise and Fall, das das Gameplay noch einmal gehörig erweiterte und umkrempelte, nicht Teil des Spiels ist und auch noch nicht bekannt ist, ob es nachgereicht wird (vom eben erst angekündigten zweiten Add-on Gathering Storm reden wir hier noch gar nicht). Abstriche gibt es auch beim Multiplayer: Dieser funktioniert ausschließlich AdHoc, also mit mehreren Switch-Konsolen lokal. Online-Multiplayer oder ein eigentlich in der Serie traditioneller Hotseat-Modus fehlen. Für manche Spieler sicherlich ein Dealbreaker, während andere Civilization ohnehin eher als Single-Player-Reihe sehen.

Fazit

Wertung - 8.5

8.5

Nur noch ein Zug!

„One more turn“ - „nur noch ein Zug“. Mit diesem Zitat ist Civilization für viele Fans verknüpft – und diese Sucht, nur noch eine weitere Runde zu spielen, ist auch auf der Konsole spürbar. Mein erster Versuch „nur mal kurz in die Switch-Version reinzusehen“ endete rund 200 Züge später; das bekannte Civ-Fieber war wieder da. Das zeigt, dass das Gameplay auch auf einer Konsole hervorragend funktioniert. Die Wahl der Switch ist dabei natürlich günstig – die Standby-Funktion, um wirklich nur kurz „ein paar Züge“ zu spielen, würde ich mir auch am PC wünschen, die Handheld-Funktion erlaubt, auch unterwegs an seinem Imperium zu arbeiten. Die Switch-Version ist ein gelungener Port, die der PC-Fassung – abgesehen vom noch fehlenden Add-on und dem eingeschränkten Multiplayer – kaum nachsteht. Wer Civ VI noch nicht besitzt, aber mit 4X etwas anfangen kann, sollte zuschlagen. Und selbst wer die PC-Version schon besitzt, kann darüber nachdenken, ob er nicht ab und an auch mobil an einem Imperium arbeiten will, das das Potenzial hat „die Zeiten zu überdauern“ …

Genre: Rundenstrategie
Entwickler: Firaxis/Aspyr
System: Switch
Erscheint: erhältlich
Preis: ca. 50 Euro

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Florian Scherz

Bereits früh entwickelte Florian zwei große Leidenschaften: Videospiele und Theater. Ersteres brachte ihn zu einem Informatikstudium und zu Jobs bei consol.MEDIA und Cliffhanger Productions; zweiteres lässt ihn heute (unter anderem) als Schauspieler, Regisseur, Komponist und Lichtdesigner arbeiten. Wenn er gerade keine Musicals inszeniert, spielt oder schreibt, vermisst er auf Shock2 Videospiele von anno dazumal in seiner Blog-Reihe "Spiele, die ich vermisse".

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