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Kolumne: Rassisten haben bei Marvel nichts zu lachen

Marvel schockt misogyne und rassistische Comicleser mit den neusten Änderungen ihrer aktuellen Veröffentlichungen!

Nicht nur ist Marvels beliebteste Gottheit „Thor“ nun zur Weiblichkeit übergegangen, sondern hat auch der ikonische Held „Captain America“ nun eine dunklere Hautfarbe. Das nahmen sich natürlich einige Fans (und unzählige die noch nie in ihrem Leben ein Comicbuch gelesen haben) zum Anlass, frei nach dem Motto „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ ihrem Unmut darüber Luft zu machen. Richtig gelesen: Captain America ist nun schwarz und Thor ab sofort eine Frau. Die Konservativen sind auf den Barrikaden. Deswegen erkläre ich euch heute mal, was es mit der ganzen Sache wirklich auf sich hat und wieso ich mir überhaupt keine Sorgen über dieses nun ach so „befleckte Kulturerbe“ mache.

Vor einigen Wochen hat Marvel angekündigt, dass nach aktuellen Ereignissen innerhalb des Marvel Comic Universums Sam Wilson, vorher bekannt als der Superheld „Falcon“ (genau der aus „The Return of the first Avenger“), in Zukunft das Kostüm von Steve Rogers (dem eigentlichen Captain America) tragen wird. Dort fingen dann bereits die Hasstiraden im Internet an. Denn die, die am lautesten schreien haben meist am wenigsten Ahnung von der Materie. Steve Rogers ist nicht auf einmal schwarz geworden, sondern eine andere Figur (welche es bereits seit 1969 in den Comics gibt) trägt nun das Kostüm. Das Ganze passierte, weil Steve Rogers in den Comics gerade das Superserum verloren hat, welches seinen Körper so leistungsfähig machte. Sam Wilson, ein langjähriger Freund und Avenger wird daher höchstwahrscheinlich nur temporär als Captain America auftreten. So lange, bis Steve Rogers wieder bereit für den Dienst ist.

nix is faul im Staate Dänemark...
nix is faul im Staate Dänemark…

Wichtig ist zudem zu wissen, dass solche Veränderungen bereits seit Jahrzehnten immer wieder auftraten. Falcon ist nicht einmal der erste Afroamerikaner der das Kostüm von Captain America trug. Zuvor gab es zahlreiche andere Personen, die Steve Rogers als den ersten Avenger abgelöst hatten. Darunter auch Isiah Bradley, einem schwarzen Supersoldaten aus dem Projekt: Rebirth. Auch Donnergott Thor, der jetzt plötzlich sehr weiblich aussieht, war nicht immer nur der blond gelockte Odinssohn. Thor ist der, der sich als würdig erwiesen hat, dessen Hammer Mjölnir zu benutzen. Auf dem Hammer lastet nämlich ein starker Zauber, der seinem Träger, so sollte er (oder sie!) denn würdig sein, die Kraft von Thor verleiht. Ãœber die Jahrzehnte kamen auch hier einige Figuren zusammen. Darunter auch ein paar skurrile Kreaturen, wie Beta Ray Bill (ein Außerirdischer mit einem Pferdekopf), Steve Rogers (ja, Captain ist würdig!) oder gar einem Frosch (das zu erklären würde jetzt zu weit führen). Thor ist übrigens auch hier nicht einfach „ab sofort eine Frau“, sondern wird diese neue, weibliche Figur zu Thor, da sie sich als würdig erwiesen hat, als der bisherige Thor es nicht mehr war. Auch das deutet auf eine temporäre Änderung hin, die sehr leicht rückgängig gemacht werden kann. Ist der männliche Thor wieder würdig, kriegt er auch seinen Hammer zurück.

Es ist natürlich ein kompliziertes Diskussionsthema. Böse (falsch liegende) Zungen behaupten, dass sei alles nur ein PR-Gag und würde nur gemacht werden, um die Verkaufszahlen anzukurbeln. Die Wahrheit ist jedoch, dass sich Verkaufszahlen von Comics trotz sehr erfolgreicher Verfilmungen, auf einem relativ geringen Niveau befinden. Natürlich können solch medienwirksame Aktionen kurzzeitig helfen – in der Realität würde das allerdings nur einen kurzzeitigen Anschwung bedeuten. Zudem verkaufen sich Comics mit nicht-weißen Figuren leider immer noch schlechter. Ebenfalls sind Comics in denen Frauen die Hauptrolle spielen leider noch nicht auf einem ähnlichen Verkaufslevel wie bei männlichen Superhelden. Veränderungen, wie sie Marvel nun in diesen beiden Fällen durchführt, sind daher nicht nur als PR-Stunt zu verstehen, sondern sind auch ein ganz klares Statement. Es ist eine schöne Geste, ein guter Schritt um verschiedene Rassen, Geschlechter oder Sexualitäten repräsentiert zu haben. Erinnert sich noch einer an DCs Aufreger von vor zwei Jahren? Wo es hieß, dass Green Lantern auf einmal Homosexuell sei? Das ganze hat sich dann zwar als ziemlich lahme Storyline eines Paralleluniversums entpuppt, der Gedanke war dennoch positiv. Die Tatsache, dass nun auch Menschen mit anderem kulturellen oder familiären Hintergrund ein paar weitere Idole bekommen, mit denen sie sich identifizieren können, ist einfach nur fair und richtig.

Beta Ray Bill
Beta Ray Bill

Doch wäre da nicht das Internet…
Das Internet hat die Welt verändert. In vielerlei Hinsicht zum Guten. Die Menschheit ist kollektiv zusammengerückt, Wir gelangen schneller und effektiver an Informationen. Wir teilen und vernetzen uns 24/7, 365 Tage im Jahr. Die Schattenseite dieser Technologie ist allerdings, dass in diesem mehr oder weniger rechtsfreien Raum auch jeder Hinterwäldler zu allem seine uninformierte Meinung äußern darf. Versteht mich nicht falsch. Es ist gut eine eigene Meinung zu haben. Es ist gut, Dinge zu hinterfragen. Jedoch sollte man dieses Recht nur in Anspruch nehmen, wenn man tatsächlich weiß wovon man spricht. Im Zuge dieser eigentlich recht trivialen Diskussion (immerhin sind auf den gleichen News-Seiten viel gravierendere Probleme nur einen Klick entfernt), sind allerdings ein paar Idioten ins Scheinwerferlicht getreten, um ihren Senf auf dem Hot Dog des World Wide Webs zu hinterlassen. Ein paar davon stelle ich euch hier mal zur Schau. Für die Wissenschaft, versteht sich (freundlich zur Verfügung gestellt von Bild.de)

omfg1

Ich glaube ganz Nordeuropa und dessen Kultur wird es gerade noch so verkraften, dass eine männliche Fantasiefigur aus einem Comicbuch für Kinder und junge Erwachsene für ein paar Monate zu einer weiblichen Fantasiefigur aus einem Comicbuch für Kinder und junge Erwachsene gemacht wurde. Annika scheint gewisse Probleme mit ihrem eigenen Dasein zu haben, wenn sie es so verwerflich findet, dass nun mal eine Frau am Hammer ist.

omfg3

Offenbar findest du Toleranz entgegen deiner Aussage doch nicht so OK, da „übertreiben“ für dich ja wie es aussieht schon die minimalste Änderung einer Geschichte bedeutet. Auch hier denke ich, hast du vermutlich weitaus größere Sorgen als eine Änderung in einem Comicbuch. Was fällt diesen Autoren auch ein, stets einen Homosexuellen und einen Juden und einen Moslem und eine Frau und einen Chinesen in ihre Geschichten einzubauen? Man könnte ja fast auf die Idee kommen, dass sie vor haben Dinge abwechslungsreicher zu gestalten! Wo kämen wir denn da bitte hin? Was kommt als nächstes? Eine Frau als deutsche Bundeskanzlerin? Ein schwarzer US-Präsident? Fliegende Schweine?

omfg4

Lieber Bernd, selbst wenn es so etwas wie eine Frauenquote bzw. gar eine Schwarzenquote in Comics gäbe, wäre diese auch nach der jüngsten Änderung in einem unfassbaren Ungleichgewicht. Dass dir ein paar Seiten in einem Comicbuch, welches du vermutlich eh niemals kaufen wirst, nun definitiv zu viel sind, ist bedauerlich. Offenbar umgibst du dich ausschließlich mit weißhäutigen Männern, weswegen dein Kulturschock sicher nachvollziehbar ist. Ein Idiot bleibst du trotzdem.

omfg5

Hallo Michael. Ich habe eigentlich nicht viel anzumerken, möchte dich an dieser Stelle einfach nur zum komplett sexlosen Rest deines Lebens beglückwünschen.

(diese Kolumne ist ein Gastbeitrag von Marc Kemper)

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