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Kolumne: Pokémon GO – Ein Jahr danach

Wir haben die Bilder noch alle im Kopf. Massen an Menschen laufen in Städten umher, mit dem Handy in der einen und der Akku-Batterie in der anderen Hand. Tagesnachrichten berichten darüber, gewiefte Cafés und Restaurants locken Spieler mit Spezialaktionen, jeder spricht darüber. Und nun? Nun sind über 12 Monate vergangen. Daher lohnt sich der erneute Blick auf Pokémon GO und wie es sich im letzten Jahr entwickelt hat. Eines gleich vorweggenommen: Ja, Leute spielen das immer noch.

Die Sache mit den Zahlen

Mit Zahlen und Mobile Games ist es immer so eine Sache. Apple und Google geben keine genauen Zahlen raus und Niantic, die Entwickler von Pokémon GO, tun dies ebenfalls nicht. Daher bleibt nichts Anderes übrig, als auf Unternehmen wie Apptopia zu vertrauen. Diese Unternehmen nutzen spezielle Software, die beide App-Stores analysiert und möglichst genau Daten abliefern soll. Apptopia nach wurde das Spiel 752 Millionen Mal heruntergeladen und hat 1,2 Milliarden US-Dollar Erlöse generiert. Eine wichtige Kennzahl bei Online-Games jeder Art sind die MAU, die Monthly Active Users. Hier kann Pokémon GO 60 Millionen monatlich aktive User vermelden. Zu Spitzenzeiten waren das 100 Millionen. Ebenfalls ein guter Indikator für den Erfolg eines Spiels, die Top Grossing Charts. Wer hier stets in den Top 10 vertreten ist, macht viel Geld.

Pokémon GO

Hype war 2016

Ja, Pokémon GO ist immer noch sehr erfolgreich, macht immer noch sehr viel Geld und wird immer noch von sehr vielen Menschen gespielt. Dennoch, viele Leute glauben nicht so wirklich an den kontinuierlichen Erfolg. Aus eigenen Anekdoten weiß man ja, “keiner meiner Freunde spielt das mehr” oder “ich sehe niemanden auf der Straße, der noch Pokémon fängt”. Schuld daran dürfte der Sommer 2016 sein. Der riesige Erfolg gekoppelt mit der Medienexplosion machte aus Pokémon GO ein Event, das es so vorher noch nie gegeben hatte. Ein Ausdruck unserer modernen Gesellschaft, in der das Smartphone ein fester Bestandteil des täglichen Lebens ist. Nun ist aber Sommer 2017. Der Launch-Hype ist vorbei, trotzdem wollte es sich Niantic nicht nehmen lassen, groß Geburtstag zu feiern.

Pokémon GO

Ein unglücklicher Geburtstag

Das Pokémon GO Fest sollte die alten Bilder in Erinnerung rufen. Über 20.000 Leute kauften sich Tickets für das Event und reisten aus allen Ecken der USA nach Chicago. Teilweise bezahlten sie 200 US-Dollar für den Eintritt auf dem Schwarzmarkt und damit das Zehnfache des ursprünglichen Preises. Jung und Alt, teilweise in Cosplay versammelten sich mit ihren Wasservorräten, Akku-Batterien und natürlich Smartphones. Die Freude hielt aber nicht lange an. Was geschieht, wenn 20.000 Leute im relativ kleinen Raum gleichzeitig auf das Mobilnetz zugreifen möchten? Das Mobilfunknetz bricht zusammen. Was denn auch sonst.

Während das Spiel also auf der ganzen Welt tadellos zugänglich war, konnten die Teilnehmer des Events nicht spielen. Warum gerade Niantic, ehemals ein internes Startup von Google und Entwickler von Ingress, das Pokémon GO in Grundzügen sehr ähnelt, das nicht einkalkuliert hatte, ist sehr verwunderlich. So nahm das Drama seinen Lauf. Zuerst wurde das Event um eine Stunde verschoben, danach der Niantic-CEO offen ausgebuht, und als nach Stunden das Spiel immer noch nicht lief, warf jemand eine volle Wasserflasche in die Richtung der stets positiven Moderatorin auf der Bühne.

Eine Katastrophe. Immerhin erhalten alle Teilnehmer ihr Geld zurück, bekommen zusätzlich PokéCoins im Wert von 100 US-Dollar (mit denen lassen sich Items im Spiel kaufen) und die eigentlich geplanten Challenges wurden wie durch ein Wunder alle geschafft, obwohl die meisten Leute das Spiel überhaupt nicht spielen konnten.

Pokémon GO

Quelle: Niantic

Konsequenzen

Ein Trauerspiel, das Konsequenzen nach sich ziehen dürfte. Wer die Pokémon Company kennt, weiß, wie streng das Unternehmen ist. Alles muss abgesegnet werden, um die Marke komme was wolle vor Schaden zu schützen. Ein katastrophales Event wird Pokémon nicht in den Ruin treiben, trotzdem werden die Japaner Niantic zu einem langen Gespräch einladen. Wenn die größten Fans der USA, die teilweise viel Geld bezahlt haben, auf eine derart schlampige Planung treffen, muss das Konsequenzen nach sich ziehen.

Ebenfalls “not amused” dürfte Nintendo selbst sein. Nintendo ist zwar nur indirekt an Pokémon GO beteiligt, was an den komplizierten Eigentümer-Verhältnissen zwischen Nintendo, Creatures und Game Freak liegt, Nintendo besitzt aber die Markenrechte an Pokémon selbst und allen Charakteren des Spiels. Generell wird Pokémon an erster Stelle mit Nintendo in Verbindung gebracht, womit sich das Unternehmen aus Kyoto die Pokémon GO Fest-Katastrophe ebenfalls noch mal genauer anschauen wird.

Pokémon GO

Quelle: TechCrunch

Die Zukunft

Ein Jahr Pokémon GO ist vorüber. Das Spiel hat viele Auf und Abs miterlebt, Unmengen an Geld generiert und je nach persönlichem Empfinden sehr viel Freude oder Frust beschert. Vielen ehemaligen Spielern dürfte es ein Rätsel sein, wie sich Pokémon GO als eines der größten Mobile Games der Welt etablieren konnte. Wirklich stark verbessert hat sich das Spiel nun wirklich nicht. Und es liegt immer noch eine Unmenge an Potenzial im Konzept, das noch nicht umgesetzt wurde.

Vielleicht wird Nintendo nach den eigenen Apps, teilweise erfolgreich wie Fire Emblem: Heroes, teilweise weniger erfolgreich wie Super Mario Run, sich nun stärker involvieren. Vielleicht wird Niantic nach der Klatsche des Pokémon GO Fests die eigenen Prioritäten neu setzen, das Team aufstocken, neue Features schneller umsetzen und das Spiel generell interessanter gestalten. Aber auch nach 12 Monaten scheint Niantic immer noch vom Erfolg Pokémon GOs überwältigt zu sein.

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Notable Replies

  1. Ich hab’s vorigen Sommer auch gespielt, die meiste Zeit (des Sommers) sogar gern! Ich habe viele neue Leute kennen gelernt, die eine oder andere Freundschaft dazu gewonnen, die Stadt besser kennen gelernt und ich war körperlich sehr aktiv und gerade das war ich zuvor lange nicht mehr! Es war schon ein sehr spannendes Phänomen. Ich habe es aber auch nur aus den Gründen den ganzen Sommer durchgehalten - nicht etwa wegen der mehr oder weniger gut umgesetzen 3D-Pokemon. Aufgehört hat es wegen folgenden Hauptgründen: es kam der kühle Herbst, die Uni begann wieder (Vollzeit), die meisten meiner Freunde spielten es auch nicht mehr (und die paar anderen sind nicht alle in Wien gewesen), die Neuerungen brachten immer 1 gute Sache und dafür 2-3 schlechte. Es machte zunehmend weniger Spaß…

    Jetzt 1 Jahr später, so möchte man generell davon ausgehen, hätte das Unternehmen Niantic einiges verbessern und erweitern dürfen. Scheint wohl nicht der Fall, soweit ich aus eurer Kolumne rauslesen konnte. Sehr schade, denn es gäbe viel Potential, wie ihr es auch schreibt.
    Oh und bei meinem Smartphone ging damals der Vibrationsmotor flöten, aufgrund der Überhitzung (Sonne + Akkulader + Display + Internet + GPS…), mittlerweile funktioniert es wieder, aber die etwa 10 Monate mit der Auswahl “stumm” oder “Klingelton” waren ärgerlich. :see_no_evil:

  2. Avatar for amax amax says:

    Ich bin kein großer Smartphone Spieler, bei Pokemon bin ich jedoch gern dabei :slight_smile: War voriges Jahr auch überrascht, wie viele Leute es spielten und wie weit der Hype von den Medien getragen wurde. Selbst mein Opa erzählte davon, obwohl er sonst mit Games nichts am Hut hat :smile:
    Etwa im Herbst habe ich die App deinstalliert, da ich nicht mehr spielte. Erst dieses Jahr im Mai hab ich mal wieder reingesehen, da ja neue Pokès dabei waren.

  3. Ich spiele es seit Release, bin mittlerweile auf Level 37, Icognito bzw. die “neuen” legendären Arktos und Lugia fehlen mir noch, sonst habe ich den regionalen Pokedex vervollständigt.

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