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Kolumne: Nein, die Game Awards werden nicht besser

Jedes Jahr das gleiche Versprechen. Die Game Awards sollen einer milliardenschweren aber unglamourösen Industrie den Flair von Hollywood verleihen. Der rote Teppich wird ausgerollt, die edle Trophäe für herausragende Werke des Jahres vergeben, Dankesreden werden vorgetragen und ein Rasierklingenroboter namens Hydrobot macht Werbung für Rasierklingen. Glamour, baby.

Die Game Awards sind wie ihr Organisator Geoff Keighley, ohne den die ganze Veranstaltung wohl erst gar nicht auf die Beine kommen könnte. Keighley genießt Zugang zu Entwicklern und Interviewpartnern, von denen andere Journalisten nur träumen können. Mit “Final Hours” bringt er seltene Entwicklungsgeschichten ans Tageslicht, er ist Kojimas dickster Kumpel und Kanye West führt er durch die E3-Hallen. “Alle Straßen führen nach Geoff Keighley” sozusagen. Dabei spaziert er auf der Grenze zwischen Journalismus und Marketing auf eine Art und Weise, wie nur er es könnte. Unvergessen ist die “Kontroverse” Dorito Pope in 2012, als viele Leute wohl zum ersten Mal mitbekommen hatten, dass Werbung ein integraler Bestandteil einer jeder Unterhaltungsindustrie ist.

So peinlich die Werbung auch sein mag, immerhin gibt es viele Hashtag Neuankündigungen und alle nominierten Spiele für Hashtag Game of the Year sind gerade im Hashtag Sale! Na, das ist doch was! Wer freut sich nicht auf den jährlichen Oscar-Sale, der alle nominierten Filme zum Sparpreis anbietet? “Ihr habt gerade gehört, wie toll unser Spiel ist, jetzt geht es kaufen. 20% Rabatt.” Synergie.
Da ist auch schon das Zauberwort gefallen: die Oscars. “Warum brauchen die Game Awards denn überhaupt Neuankündigungen? Warum geht es denn nicht nur um die Awards? Warum sind die Game Awards nicht wie die Oscars?” hört man auch jedes Jahr aufs Neue. Hier ist die bittere Wahrheit:

Die Oscars sind auch nicht viel besser.

Award Shows sind schlechte Unterhaltungsformate. Manche machen daraus vielleicht einen netten Abend mit Bingokarten, bei Award Shows geht aber um nichts und es passiert auch eigentlich nichts. “Eine Branche feiert sich selbst” heißt es da ganz gerne in Zeitungen und Online-Artikeln. Eine Floskel für “warum würde man sich das denn Bitteschön anschauen wollen?”. Es wird wohl der Oscar an sich sein. Es gibt keinen bekannteren Preis in der Unterhaltungsindustrie. Die vergebende Academy findet ihn natürlich supertoll, die Filmhäuser finden ihn natürlich supertoll, die Schauspieler finden ihn natürlich supertoll aber auch die Zuschauer finden ihn aus irgendwelchen Gründen auch supertoll. Der eigene Geschmack wird von offizieller Seite als richtig honoriert. Der Oscar hat Prägnanz. Da kann der Game Award nicht mithalten. Es fehlt das Prestige, es fehlen die bekannten Gesichter unter den Nominierten und es gibt einfach schon zu viele auf Spieleverpackungen geklebte “Game of the Year” Awards. Bei Filmen zählen nur die Oscars, für Videospiele gibt es nun mal keine Oscars.

Die Game Awards könnten besser sein. Das war das letztjährige Fazit, ist das diesjährige Fazit und es wird das nächstjährige Fazit sein. Die Werbeeinlagen sind peinlich und die Neuankündigungen sind offensichtliche Köder, um Zuschauer anzulocken. Aber was bleibt ihnen auch viel anderes übrig? Die Game Awards dürften ein massives und teures Unterfangen sein, das es ohne Geoff Keighleys Verbindungen auf allen Ebenen dieser Industrie unmöglich wäre. Die Show muss hohe Zuschauerzahlen erreichen, da reichen ein paar Awards halt nicht aus. Bei den Oscars ist das Drumherum auch Murks. Der ganze Zirkus auf dem roten Teppich ist im Grunde nur eine Werbeplattform für die wandelnden Marken namens Schauspieler. Das zumindest bleibt uns erspart, dafür müssen wir halt einen Rasierklingenrobtoter namens Hydrobot aushalten. (kf)

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