HighlightKolumneVideogames

Kolumne: Kazuo Hirai geht, eine neue PlayStation-Ära bricht an

Der langjährige Sony-CEO macht Platz für einen Nachfolger

„Riiiiidge Racer!“

Was hat uns Kazuo Hirai doch für erinnerungswürdige Momente geschenkt. Als PlayStation-Manager der frühen Stunde hat er die Hoch- und Tiefpunkte der Videospielkonsole miterlebt und mitgestaltet. Im November 2006 stieg er zum President of Sony Computer Entertainment auf. Im Februar 2012 folgte der Höhepunkt seiner Karriere, Sony Corporation CEO. Nach über sechs Jahren an der Spitze dankt er nun ab. Am 1. April wird Kazuo Hirai von Kenichiro Yoshida ersetzt. Mit seinem Management hat Hirai die Videospielindustrie maßgeblich verändert und der Marke PlayStation zur Marktführerschaft verholfen. Grund genug also, um sich ein paar Highlights seiner Karriere näher anzusehen.

Rosige Zeiten mit der PS2

Heutzutage ist es unvorstellbar, wie stark die PlayStation 2 den weltweiten Heimkonsolenmarkt dominieren konnte. Mit über 155 Millionen verkauften Einheiten (die letzten offiziellen Xbox-Verkaufszahlen liegen bei über 24 Millionen) konnte Sony die Konkurrenz Microsoft, Nintendo und SEGA klar schlagen und genoss eine Machtposition, die es in der Form wohl nie wieder geben wird. Ein Grund dafür waren schon damals die starken Exklusivspiele auf der PS2. Ratchet & Clank, Gran Turismo, God of War, Eye Toy, Ico und viele andere Projekte hat Hirai unterstützt.

Quelle: Statista

Stürmische Zeiten mit der PS3

Dem gegenüber steht die PlayStation 3. Nicht mal zwei Wochen nach dem Launch der neuen Konsole wurde Hirai zum President of Sony Computer Entertainment. Er folgte Ken Kutaragi. Der “Vater der PlayStation” Kutaragi war maßgeblich für die Entwicklungen der PlayStation, PlayStation 2, PlayStation Portable und eben der PlayStation 3 verantwortlich. Für Letztere hatte Kutaragi große Visionen. Der Inbegriff dieser Visionen ist der berühmt-berüchtigte Cell Chip. Der von Sony, Toshiba und IBM produzierte Computerchip sollte Videospielentwicklung und Haushaltselektronik revolutionieren.

Sony setzte viel auf den Chip, denn die Lage damals war nicht allzu rosig für das japanische Unternehmen. Die glorreichen Jahre der Marktführung mit Innovationen wie dem Walkman oder der Dominanz der PS2 schienen vorüber. Kutaragi sollte es richten, scheiterte aber. Die PS3 war zu teuer, die Entwicklung zu kompliziert. Keine zwei Wochen nach dem Launch der PS3 wurde Kutaragi von Hirai ersetzt. Der Inbegriff dieser schweren Zeit ist die unvergessliche E3-Pressekonferenz 2006.

Der Hack

Schätzungsweise 77 Millionen Accounts wurden 2011 im PlayStation Network-Hack gestohlen. Sony reagierte zu langsam und offenbarte der Gesellschaft damit eine unbequeme Wahrheit: Niemand ist wirklich vorbereitet auf Hackerangriffe des 21. Jahrhunderts. Über Nacht wurde vielen Konsumenten deutlich, welche Gefahren sich hinter dem Internet und dem Teilen von Daten verbergen. Im Nachhinein scheint der Vorfall, trotz all der Diskussion im Mainstream, wenig verändert zu haben.

Wir teilen unsere Daten immer noch zu leichtfertig, Unternehmen sammeln immer noch eine schier endlose Menge an Daten, Hackern gelingt es immer noch, die Schutzvorrichtungen unserer Daten zu durchbrechen. Der Hack konnte den digitalen Wandel nicht aufhalten, doch dient er heute immer noch als Warnung vor den Gefahren der modernen Datengesellschaft.

Sony-Manager (Kazuo Hirai in der Mitte) entschuldigen sich für den Hack des PlayStation Networks.

Neuanfang mit der PS4

Nach dem Ende der PS2-Dominanz und der strauchelnden PS3 diente der Launch der PS4 als Neuanfang. Unter der Führung Hirais gelang dieser und so steht Sony wieder als Marktführer im Heimkonsolenmarkt. Natürlich half der strauchelnde Konkurrent Microsoft mit der fehlgeleiteten originalen Vision der Xbox One und den massigen PR-Fehlern mancher Manager. Aber selbst mit diesen Fehlern ist der Erfolg der PS4 kein Selbstläufer gewesen. Auch heute noch ist Hirais Strategie der starken Exklusivspiele im Lineup zu erkennen.

Gesundschrumpfung

Als Sony-CEO hatte Hirai aber auch andere Unternehmensfelder, die er auf Vordermann bringen musste. Nach Jahren in den roten Zahlen wollte Hirai das Unternehmen wieder zurück zur Profitabilität bringen. Seine Strategie: Gesundschrumpfung. Hierbei werden die Geschäftsfelder eines Unternehmens limitiert. Es sollen hauptsächlich die gewinnbringenden Felder bleiben und im Endeffekt zu schwarzen Zahlen führen. VAIO, eine Marke für PC und Laptops, wurde verkauft. Das Handygeschäft wurde auf weniger Modelle limitiert. TV-Geschäft und Video-und-Audio-Geschäft wurden in ein jeweils eigenes Tochterunternehmen abgespaltet (damit können die Sparten dynamischer auf den Markt reagieren). 2013 und 2014 wurden Firmengebäude für knapp 1 Milliarde Euro verkauft. 2015 gab es zum ersten Mal auch keine Dividende für die Aktionäre. Und natürlich wurden viele Mitarbeiter entlassen.

Das Ergebnis dieser jahrelangen Sanierung wird jetzt deutlich. Sony schreibt wieder schwarze Zahlen. Mit Halbleitern, Videospielen (hier sei besonders der stetige Anstieg der digitalen Erlöse aus dem PlayStation Network erwähnt), Finanzservices wie Versicherungen, Musik, Film, Home Entertainment & Sound, Imaging Products & Solutions, Mobile Communications und anderen. Für das laufende Geschäftsjahr (endet März) rechnet Sony mit dem höchsten Gewinn der Firmengeschichte.

Der Neue

Hirai hat seine Aufgabe also erfüllt. Sony konzentriert sich wieder auf seine Kernkompetenzen und die gewinnbringenden Geschäftsfelder. Was kommt jetzt? Ab dem 1. April heißt der neue CEO Kenichiro Yoshida. Yoshida ist kein Unbekannter. Als CFO (Chief Financial Officer) galt er als rechte Hand Hirais bei der Sanierung Sonys. Seit über 30 Jahren arbeitet er im Unternehmen und kennt die Geschäftsfelder. Er dürfte nicht den gleichen Bezug zu Videospielen haben wie Hirai, jedoch wird er sich der Wichtigkeit der Marke PlayStation sicherlich bewusst sein.

Aber was genau heißt das nun für Videospieler? Ist der Prozess der Sanierung abgeschlossen, folgt der Prozess der Innovation. Die PlayStation 4 konnte mit PlayStation VR innovieren und gleichzeitig wachsen. Doch das Videospielgeschäft hat sich seit den frühen Hirai-Jahren mal wieder stark verändert. Nintendo ist mit der Switch wieder zurück und könnte gerade in Japan, wo die PS4 hinter den Erwartungen zurückliegen dürfte, Druck auf Sony aufbauen. Microsoft ist zwar immer noch deutlich abgeschlagen auf Platz 2 des Konsolenrennens, doch zeigt das Redmonder Unternehmen mit Game Pass und einem hardwareagnostischen Streaming-Dienst einen Willen zur disruptiven Innovation, den sich Sony wohl schlicht nicht leisten könnte.

Und was macht nun Kazuo Hirai? Dieser wird ab dem 1. April der neue Vorstandschef sein. Eine mächtige Position innerhalb des Unternehmens, von der die Außenwelt aber wenig mitbekommt. Alle Scheinwerfer werden auf Yoshida gerichtet sein. Auch bei Sony Interactive Entertainment gibt es seit Kurzem einen neuen Namen. Andrew House war der CEO und hat das Unternehmen nach 27 Jahren verlassen. Der neue CEO heißt John Kodera, der 1992 seine Karriere in der Walkman- und Discman-Abteilung Sonys begann.

Eine neue Ära bricht mit diesen beiden Männern an, für Sony und für PlayStation.

Ähnliche Artikel

Notable Replies

  1. Kazuo hatte zwar seine fremdschämigen Momente, aber auch vieles richtig gemacht.
    Ich bin gespannt wie es weitergeht und was der Neue an der Spitze für Visionen hat.

  2. Gute Kolumne! :+1:
    Wenn Kenichiro Yoshida bewusst ist wie wichtig PlayStation für Sony ist, dann wird es auch richtig mega geniale Innovationen geben. Bin echt auf die Zukunft gespannt.

Deine Meinung in der SHOCK2-Community community.shock2.at

Participants

Avatar for Mantarus Avatar for Neo_SUC Avatar for SHOCK2Magazin

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"